Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungsrecht: Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen bei Feststellung der fehlenden Tariffähigkeit einer Gewerkschaft. Zulässiger Zeitraum der Nacherhebung

 

Orientierungssatz

Hat das Bundesarbeitsgericht die fehlende Tariffähigkeit einer Gewerkschaft festgestellt, so ist der Sozialversicherungsträger regelmäßig auch zur Nachberechnung von Versicherungsbeiträgen auf Arbeitsentgelte, die auf den von dieser Gewerkschaft abgeschlossenen Tarifverträgen beruhen, für solche Zeiträume berechtigt, die vor dem Zeitraum liegen, für den das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich die fehlende Tariffähigkeit festgestellt hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Feststellung der fehlenden Tariffähigkeit auf grundsätzlichen Erwägungen beruht, die auch für den früheren Zeitraum gegeben sind.

 

Tenor

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 30.05.2012 wird abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin, die Firma Z GmbH aus M begehrt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 30.05.2012. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30.05.2012, mit dem die Antragsgegnerin Sozialversicherungsbeiträge nachforderte. Die Nachforderung betrafen u.a. den Zeitraum ab dem 01.12.2005. Als Unternehmen der Zeitarbeitsbranche schloss die Antragstellerin Tarifverträge mit der Tarifgemeinschaft " Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalagenturen (CGZP) " Die Antragstellerin wurde hierbei durch den Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) beim Tarifvertragsabschluss vertreten.

Mit Gerichtsbeschluss vom 14.12.2010( Az.: 1 ABA19/10) stellte das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Tarifunfähigkeit der CGZP fest. Ausweislich des Gerichtsbeschlusses stellte das BAG die Tarifunfähigkeit der CGZP mit Wirkung ab 14.12.2010 fest, da dieses entsprechend von den Prozessbeteiligten zum Streitgegenstand gemacht worden war. Die Antragsgegnerin führte nach der BAG - Entscheidung vom 14.12.2010 eine Betriebsprüfung bei der Antragstellerin durch. Hierbei wurde der Zeitraum ab dem 01.12.2005 Gegenstand der Betriebsprüfung gemacht. Mit dem mit Widerspruch angefochtenen Bescheid vom 30.05.2012 stellte die Antragsgegnerin einen Sozialversicherungsbeitrag von insgesamt 273.000,- EUR zuzüglich Forderungen der gesetzlichen Unfallversicherung, gegen die Antragstellerin fest. Den die Antragstellerin gegen den Bescheid Widerspruch am 14.06.2012 eingelegt hatte und zugleich die Aussetzung der Vollziehung beantragt hatte, wies die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 11.07.2012 die Möglichkeit einer Aussetzung der Vollziehung im Rahmen einer Stundung hin. Eine Aussetzung der Vollziehung könne nicht stattfinden. Am 10.07.2012 hat die Antragstellerin Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim erkennenden Sozialgericht gestellt. Zur Begründung verweist sie darauf, sie bereits in ihrem umfangreichen Widerspruchsschreiben vom 14.06.2012 dargelegt habe, warum eine Aussetzung der Vollziehung geboten sei. Sei u.a.die Rechtswidrigkeit der angewandten Tarifverträge für die Antragstellerin nicht von vornherein erkennbar gewesen, insoweit habe Vertrauensschutz auf Seiten der Antragstellerin bestanden. Dürfe insoweit nicht unberücksichtigt bleiben, dass staatliche Verwaltungsstellen auf der Anwendung von Tarifverträgen bestanden hätten und nicht selten die Anwendung der hier in Frage stehenden Tarifverträge der CGZP empfohlen hätten. Letztendlich hätte kein durchschnittlicher Zeitarbeitsunternehmer Zweifel an der Wirksamkeit der von ihnen angewendeten Tarifverträge haben müssen. Daneben sei auch zu berücksichtigen, dass das BAG der CGZP erst ab dem 14.12.2010 die Tariffähigkeit abgesprochen habe. Insoweit sei zumindest für den Zeitraum davor von einer Rechtmäßigkeit der angewandten Tarifverträge auszugehen.

Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den angefochtenen Bescheid der Antragsgegnerin vom 30.05.2012 anzuordnen, soweit die Antragsgegnerin Nachforderungen für den Zeitraum vom 01.12.2005 bis zum 31.12.2006 geltend mache.

Die Antragsgegnerin stellt keinen Antrag.

In den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf Inhalt der Antragsschrift und die dieser beigefügten Anlagen verwiesen.

II.

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

Gem. § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr.2 SGG kann das Gericht in den Fällen, in denen Widerspruch- und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gem. § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG. Bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beiträgs- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen oder sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich Nebenkosten. Die Entscheidung, ob die au...

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