Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Vertrag über ambulante Operationen und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus (AOP-Vertrag 2006). Festlegung einer Vergütungsregelung durch Schiedsspruch. Regelungskompetenz des Bundesschiedsamtes. Mischverwaltung. Krankenversicherung. ambulantes Operieren im Krankenhaus. Sicherstellung der Einheitlichkeit der Vergütung. Zulässigkeit der Bestimmung der Höhe der Punktwerte auf Landesebene durch Subdelegation. Vergütungsregelung für ambulant durchführbare Operationen und stationsersetzende Eingriffe nach einem festen Punktwert außerhalb der budgetierten und pauschalierten Gesamtvergütung ohne Mengenbegrenzung im AOP-Vertrag 2006 rechtswidrig

 

Orientierungssatz

1. § 115b Abs 1 S 1 Nr 2 SGB 5 ermächtigt die Vertragspartner auf Bundesebene und damit auch das Bundesschiedsamt für die vertragsärztliche Versorgung, eine einheitliche Vergütung für Krankenhäuser und Vertragsärzte zu vereinbaren. Die Vertragspartner sind nicht darauf beschränkt, nur die Einheitlichkeit der Vergütung sicherzustellen, die auf Landesebene regional bestimmt werden müsste.

2. Bei der Regelung der Vergütung nach § 115b Abs 1 S 1 Nr 2 SGB 5 handelt es sich um die Ermächtigung zur Normsetzung in der Form eines dreiseitigen Vertrages. Im Rahmen dieser Befugnis ist es dem Bundesschiedsamt - ebenso wie den Vertragspartnern - gestattet, im Wege der Subdelegation die Bestimmung der Höhe der Punktwerte den Gesamtvertragspartnern auf Landesebene zu überlassen. Hierin ist keine unzulässige "Mischverwaltung" zu erblicken.

3. Die Vergütungsregelung in § 7 Abs 1 des durch Schiedsspruch des erweiterten Bundesschiedsamtes festgesetzten AOP-Vertrages 2006, der eine Vergütung ambulant durchführbarer Operationen und stationsersetzender Eingriffe nach einem festen Punktwert außerhalb der budgetierten und pauschalierten Gesamtvergütung ohne Mengenbegrenzung erlaubt, verstößt gegen § 85 Abs 2 S 7 SGB 5 und ist deshalb rechtswidrig, ohne dass geklärt zu werden braucht, ob die Regelung auch gegen den Grundsatz der Beitragssatzstabilität verstößt.

 

Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung von § 7 Abs. 1 seines Beschlusses vom 15. September 2006 verpflichtet, insoweit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu 3) bis 8). Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Umstritten ist die Rechtsmäßigkeit eines Schiedsspruchs.

Nach Einführung des § 115 b Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) vereinbarten die Vertragspartner erstmals zum 1. April 1993 einen Vertrag über ambulantes Operieren im Krankenhaus (AOP-Vertrag 1993), der im November 2002 angepasst und von der Beigeladenen zu 2) zum 31. Dezember 2003 gekündigt wurde. Danach kam es mit Wirkung zum 1. April 2004 zu einer neuen Vereinbarung, die ebenfalls gekündigt wurde. Da eine Einigung über eine Folgevereinbarung nicht erzielt werden konnte, setzte der Beklagte einen neuen Vertrag fest (DÄBl 2005, S. 976ff), gegen den die Beigeladene zu 2) Klage unter dem Aktenzeichen S 79 KA 167/05 erhoben hatte. Das Verfahren befindet sich derzeit in der Berufung beim LSG Berlin-Brandenburg (L 7 KA 87/10). Nachdem dieser (angefochtene) Vertrag zum 30. Juni 2006 gekündigt worden war und die Beteiligten sich in der Folgezeit auf eine neue Vereinbarung nicht einigen konnten, beantragten die Beigeladenen zu 1) und 2) beim Beklagten einen neugefassten Grundvertrag, den Katalog ambulant durchführbarer Operationen und stationsersetzender Eingriffe sowie die Qualitätssicherungsvereinbarung festzusetzen. Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. August 2006 setzte der Beklagte den hier streitbefangenen AOP-Vertrag 2006 durch Beschluss vom 15. September 2006 fest (DÄBl 2006, A-2578 f), der u. a. folgende Regelung enthielt:

§ 7 Vergütung

1. Die im Katalog nach § 3 aufgeführten ambulant durchführbaren Operationen und stationsersetzenden Eingriffe und die nach den §§ 4, 5 und 6 erbrachten Leistungen des Krankenhauses und der Vertragsärzte werden auf der Grundlage des EBM, seiner Abrechnungsbestimmungen und ggf. des BMÄ und E-GO nach einem festen Punktwert außerhalb der budgetierten und pauschalierten Gesamtvergütungen vergütet. Den Punktwert legen die Gesamtvertragspartner fest. Bei der Punktwertfestlegung ist neben der Morbiditätsentwicklung die Anzahl der stationären und ambulanten Operationen im jeweiligen Bereich zu berücksichtigen. Die Gesamtvertragspartner bestimmen die Bereinigung der Gesamtvergütungen auf der Grundlage des Jahres 2005.

2……

In der Begründung der Entscheidung heißt es, § 115 b SGB V oder jedenfalls § 115 b SGB V iVm § 73 c Abs. 1 Satz 3 SGB V räume den Gesamtvertragspartnern auf Bundesebene und somit auch dem Beklagten eine umfassende Kompetenz zur Regelung der Vergütung nach einem festen Punktwert außerhalb der budgetierten und pauschalierten Gesamtvergütung ein. Eine Bindung an die für die Vertragsärzte geltenden gesetzlichen Vergütungsreg...

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