Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Einkommensberechnung bei selbstständiger Arbeit. Gewinnermittlung. Notwendigkeit und Unvermeidbarkeit von Betriebsausgaben. Ausgaben für eine Auslandsfortbildung eines Yoga- und Ayurvedalehrers

 

Orientierungssatz

1. Bei Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB 2 hat ein selbstständig Tätiger sein unternehmerisches Handeln daran auszurichten, dass der Betrieb ausreichend Erträge erwirtschaftet, die dem Selbstständigen neben der Deckung der betrieblichen Ausgaben auch die Deckung des Lebensunterhalts erlaubt (vgl LSG Chemnitz vom 14.6.2010 - L 7 AS 163/10 B PKH).

2. Tatsächliche Ausgaben für eine Auslandsfortbildung (hier Ayurvedapraktikum) sind nicht notwendig und unvermeidbar iS von § 3 Abs 2, Abs 3 AlgIIV 2008, wenn Reisekosten in Höhe von 20 % des Umsatzes im Bewilligungszeitraum geltend gemacht werden (ohne die sich der Betriebsgewinn verdoppelt hätte), durch den Auslandsaufenthalt ein erheblicher Umsatzausfall eingetreten ist und durch die Teilnahme an der Fortbildung positive Effekte auf den Betrieb allenfalls indirekt und langfristig zu erwarten sind.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen Festsetzungs- und Erstattungsbescheid es Beklagten im Rahmen der von ihr bezogenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeiträume vom 1.4.2008 bis zum 31.7.2008 und vom 1.9.2008 bis zum 30.9.2008.

Sie steht im laufenden Leistungsbezug beim Beklagten und ist selbstständig als Yogalehrerin und als Ayurvedaberaterin bzw. als Ayurvedacoach tätig. Die daraus erzielten Einkünfte waren nicht bedarfsdeckend.

Mit vorläufigen Bewilligungsbescheiden vom 13.3.2008 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den streitigen Zeitraum. Diese Bewilligung änderte er mit Bescheiden vom 22.8.2008 und vom 2.2.2009 ab. Wegen der Einzelheiten der Bedarfsberechnung wird auf die genannten Bescheide verwiesen

Am 22.3.2009 reichte die Klägerin für den vorgenannten Bewilligungszeitraum eine abschließende Erklärung über ihre Einnahmen und Ausgaben ein ("abschließende EKS").

Daraus errechneten sich für die Zeit 4/08 bis 9/08 Einnahmen in Höhe von insgesamt 4.030,22 EUR und Ausgaben in Höhe von 3225,35 EUR. Aus diesen Angaben errechnete der Beklagte einen monatlichen Gewinn in Höhe von 276,48 EUR, wobei er eine Ausgabenposition der Klägerin in Höhe von 854,00 EUR nicht anerkannte. Es handelt sich dabei um Reisekosten für einen Hin- und Rückflug nach Sri Lanka, die am 16.6.2008 abgerechnet wurden.

Mit angefochtenen Festsetzungs- und Erstattungsbescheiden vom 30.1.2012 setzte der Beklagte die Leistungen auf Basis der Angaben der Klägerin, mit Ausnahme der streitigen Reisekosten, endgültig fest und forderte die Klägerin zur Erstattung von insgesamt 627,00 EUR auf.

Den ohne Begründung eingelegten Widerspruch der Klägerin vom 1.3.2012 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.5.2012 zurück.

Die Klägerin trägt vor, dass die ca. siebenwöchige Reise einem Praktikum in einem Ayurveda-Kur-Ressort diente und daher betrieblich veranlasst war. Sie habe in dem Ressort in authentischer Umgebung die Anwendungen und Praktiken einheimischer Ayurvedaärzte kennenlernen können. Sie habe dort freie Kost- und Logis gehabt, so dass diese Fortbildung mit den reinen Reisekosten sehr günstig gewesen sei. Sie legt auch eine Praktikumsbescheinigung vor, wonach sie in den betrieblichen Abläufen entsprechend integriert war. Sie ist der Auffassung, dass die Reise notwendig und angemessen war um die Qualität der eigenen Dienstleistungen zu verbessern. Dies sei nur in einem authentischen Umfeld möglich und sinnvoll. Der Beklagte habe der Ortsabwesenheit zudem zugestimmt. Wegen der Einzelheiten des Vortrages wird insbesondere auf die Schriftsätze der Klägerin und das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Sie beantragt,

die Feststellungs- und Erstattungsbescheide vom 30.1.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.5.2012 werden aufgehoben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die Bescheide für rechtmäßig. Insbesondere sei eine Fortbildungsreise nach Sri Lanka nicht den Lebensumständen eines Leistungsempfängers angemessen.

Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, Aktenzeichen BG 0010815, verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.

Die Bescheide beruhen auf § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 a SGB II i.V.m. § 328 Abs. 3 SGB III.

Danach sind auf Grund einer vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerka...

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