Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragshaftung des Bauunternehmers bei Arbeitnehmerüberlassung

 

Orientierungssatz

1. Nach § 28e Abs. 3a S. 1 SGB 4 haftet ein Unternehmer des Baugewerbes, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen i. S. des § 101 Abs. 2 SGB 3 beauftragt, für die Erfüllung der Zahlungspflicht dieses Unternehmers oder eines von diesem beauftragten Verleihers wie ein selbstschuldnerischer Bürge.

2. Die Haftung des Bauunternehmers entfällt nach § 28e Abs. 3b SGB 4, wenn der Unternehmer nachweist, dass er ohne eigenes Verschulden davon ausgehen konnte, dass der Nachunternehmer oder ein von ihm beauftragter Verleiher seine Zahlungspflicht erfüllt.

3. Den Unternehmer trifft sowohl ein Auswahl- als auch ein Überwachungsverschulden.

4. Zur Sorgfaltspflicht des Bauunternehmers gehört es, seine Nachunternehmer nachweisbar zu verpflichten, ihrerseits die Erfüllung der Zahlungspflicht der weiteren Nachunternehmer zu prüfen und sich entsprechende Nachweise stichprobenartig und regelmäßig vorlegen zu lassen.

5. Hierzu ist u. a. nach § 28e Abs. 3f S. 2 SGB 4 i. V. m. § 150 Abs. 3 S. 2 SGB 7 eine qualifizierte Unbedenklichkeitsbescheinigung erforderlich, die u. a. Angaben über die eingetragenen Unternehmensteile und die zugehörigen Lohnsummen enthält.

 

Tenor

I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 15. Dezember 2016 gegen den Bescheid vom 15. November 2016 wird abgelehnt.

II. Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

III. Der Streitwert wird endgültig auf 7.354,47 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gegen Beitragshaftungsbescheide.

Die Antragstellerin schloss mit der A.GmbH, M.Str., …… B. (nachfolgend: A.GmbH) am 4. Juni 2012 einen Bauvertrag für ein Bauvorhaben “G.str.„, B. und am 27. November 2012 für das Bauvorhaben “T……„, B., die Gesamtwert der für beider Bauvorhaben in Auftrag gegebenen Bauleistungen überstieg jeweils 275.000,- €.

Das erste Bauvorhaben begann am 11. Juni 2012 und endete am 31. Januar 2013, auf die Schlussrechnung in Höhe von 369.618,49 € zahlte die Antragstellerin nach Abzug von Gegenforderungen, Umlagen und Abschlägen 322.505,35 €; das zweite Bauvorhaben begann am 3. Dezember 2012 und endete am 22. März 2013, die Schlussrechnung lautete auf 82.125,00 €. Nach Auffassung der Antragstellerin sei lediglich ein Betrag von 78.800,88 € rechtmäßig; unter Berücksichtigung von Umlagen, Gegenforderungen und bereits erbrachten Abschlägen ergebe sich eine Überzahlung der A.GmbH in Höhe von 8.485,75 €.

Die A.GmbH entrichtete die fälligen Unfallversicherungsbeiträge auch nach Mahnung und Ablauf der vorgesehenen Mahnfrist nicht, durch Beschluss des zuständigen Insolvenzgerichts aus Oktober 2013 ist über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

In der Folge hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zur beabsichtigten Festsetzung von Haftungsbeiträgen an. Eine Prüfung des zuständigen Hauptzollamtes habe ergeben, dass die A.GmbH für 2008-2013 Arbeitnehmer nicht zur gesetzlichen Sozialversicherung angemeldet habe; der zuständige Rentenversicherungsträger habe für 2012 habe eine Jahreslohnsumme von 2.899.913,- € und für 2013 von 353.403,- € festgestellt.

Daraufhin legte die Antragstellerin Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Antragsgegnerin betreffend die A.GmbH vom 28. März 2012, vom 31. Mai 2012, vom 21. November 2012 und vom 23. Januar 2013 sowie eine Freistellungsbescheinigung des zuständigen Finanzamts, Unbedenklichkeitsbescheinigungen von Krankenkassen sowie eine Bescheinigung der Handwerkskammer und eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister vor.

Mit Bescheiden vom 15. November 2016 setzte die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin für das Jahr 2012 einen Gesamtbeitrag von 11.016,08 € und für 2013 von 3.692,85 € fest; hiergegen erhob die Antragstellerin am 15. Dezember 2016 Widerspruch, über den noch nicht entscheiden worden ist.

Ein Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung bei der Antragsgegnerin blieb erfolglos.

Am 9. Januar 2017 hat die Antragstellerin das vorliegende Verfahren beim Sozialgericht Berlin anhängig gemacht. Sie könne sich wirksam exkulpieren. Ein Bauunternehmer genüge nach ständiger Rechtsprechung den gesetzlichen Sorgfaltsanforderungen, wenn er sich bei Auswahl des Nachunternehmers über die Zuverlässigkeit des Nachunternehmers vergewissere, diese Rechtslage habe sich durch die im Oktober 2009 vorgenommene Änderung des § 28e SGB IV nicht geändert. Die Sorgfaltspflichten dürften nicht überspannt werden. Insbesondere bestehe keine Überwachungsobliegenheit nach Auftragserteilung. Im Übrigen seien die Auftragssummen zu hoch angesetzt, für das erste Bauvorhaben seien höchstens 322.505,35 € statt 335.943,07 €, für das zweite statt 78.800,88 € höchstens 70.615,13 € anzusetzen.

Die Antragstellerin beantragt,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 15. Dezember 2016 gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom...

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