Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung. kathetergeführte Aortenklappenimplantation (TAVI) zur Behandlung einer hochgradigen Aortenklappenstenose bei koronarer Gefäßerkrankung. neue Behandlungsmethode. Auswahl zwischen gleichwertigen Behandlungsmethoden. Erbringung der kostengünstigeren Methode. Wahl des unwirtschaftlichen Behandlungsweges durch Krankenhaus

 

Orientierungssatz

1. Das Krankenhaus hat bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse des Versicherten nur für eine erforderliche Krankenhausbehandlung. Die Behandlung muss ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie darf das Maß des Notwendigen nicht übersteigen.

2. Bei der kathetergeführten Aortenklappenimplantation (TAVI) zur Behandlung einer hochgradigen Aortenklappenstenose bei koronarer Gefäßerkrankung handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode, die, mangels Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss, noch keinen Eingang in den Regelleistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gefunden hat.

3. Die TAVI stellt eine von Kardiologen entwickelte Behandlungsmethode für Patienten mit hochgradiger, symptomatischer Aortenklappenstenose dar. Randomisierte Studienergebnisse belegen einen signifikanten Überlebensvorteil der TAVI gegenüber dem konservativen Vorgehen. Weitere Studien zu operationsfähigen Hochrisikopatienten zeigen, dass die minimal-invasive TAVI dem konventionellen Aortenklappenersatz (AKE) bei dieser Patientengruppe mindestens ebenbürtig ist.

4. Stehen zur Behandlung zwei zumindest gleichwertige Methoden zur Verfügung, so ist die kostengünstigere Leistung von der Krankenkasse dem Versicherten zu erbringen. Dies ist anhand eines statistischen Vergleichs die TAVI.

5. Wählt das Krankenhaus einen unwirtschaftlichen Behandlungsweg, so kann es allenfalls die Vergütung beanspruchen, die bei fiktivem wirtschaftlichem Alternativverhalten angefallen wäre (Anschluss an BSG vom 1.7.2014 - B 1 KR 62/12 R = SozR 4-2500 § 12 Nr 4).

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 19.016,18 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.01.2012 zu zahlen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Der Streitwert wird auf 19.016,18 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung vom 12. bis 13.11.2009 sowie vom 25.11. bis 04.12.2009 zwecks einer kathetergeführten Aortenklappenimplantation (TAVI) in Höhe von 19.016,18 EUR.

Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus (Hochschulklinik). Dort wurde die bei der Beklagten versicherte X. N., geb. 00.00.00 (im Folgenden: Versicherte), im Jahre 2009 mehrfach behandelt, und zwar  in der medizinischen Klinik I (Klinik für Kardiologie, Pneumologie, Angiologie und internistische Intensivmedizin) vom 14. bis 16.10., vom 18. bis 20.10. und vom 29.10. bis 02.11. 2009 stationär, am 11.11.2009 ambulant und vom 12.11. bis 13.11.2009 stationär,  in der Klinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie vom 25.11. bis 04.12.2009 stationär. Sie litt an einer hochgradigen Aortenklappenstenose, einer koronaren Gefäßerkrankung, einem Zustand nach zweifacher Stentimplantation, Pulmonalstenose sowie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung, Zustand nach Magenresektion, Asthma bronchiale und Osteoporose. In einer interdisziplinären Fallkonferenz der Klinik für Kardiologie und der Klinik für Herzchirurgie stellten die teilnehmenden Ärzte nach Aufklärung der Versicherten und deren Einwilligung in das Verfahren die Indikation für eine kathetergeführte Aortenklappenimplantation (TAVI/Transcatheder Aortic Valve Implantation). Am 26.11.2009 wurde die TAVI transapikal (über die Herzspitze) durchgeführt.

Am 16.12.2009 stellte die Klägerin der Beklagten für die Behandlung der Versicherten vom 12. bis 13.11. und vom 25.11. bis 04.12.2009 einen Gesamtbetrag von 19.016,18 EUR in Rechnung. Grundlage der Forderungen waren u.a. die Fallpauschalen-Ziffer (DRG) F09B (andere kardiothorakale Eingriffe ohne Herz-Lungen-Maschine, ohne komplizierende Konstellation, Alter  2 Jahre und ( 10 Jahre oder äußerst schwere CC) und die Ziffer NUB09-16 (transapikaler Herzklappenersatz). Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst und leitete dann eine Überprüfung der Abrechnung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. Dieser kam am 26.01.2012 zum Ergebnis, dass zwar ein "interventioneller/transapikaler Aortenklappenersatz" erbracht worden sei, jedoch eine Kostenübernahme nicht empfohlen werden könne, da folgende "Prüfkriterien" nicht erfüllt gewesen seien;  eine Inoperabilität oder aber ein massiv erhöhtes Risiko für die offen-chirurgische Standard-OP sei nicht belegt;  eine verpflichtende Teilnahme an einer klinischen Studie, zumindest aber am deutschen Aortenklappenregister sei nicht nachgewiesen.

Gestützt hierauf teilte die Beklagte der Klägerin am 27.01.2012 mit, die "stationäre Behandlung" vom 12....

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