Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsweg (Zivilgericht/Sozialgericht)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Vertrag zur Beauftragung Dritter mit der Arbeitsvermittlung nach § 37 SGB III ist bürgerlich-rechtlicher Rechtsnatur.

2. Zur Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren nach § 17a GVG.

 

Normenkette

GVG §§ 13, 17a; SGG § 51; SGB III §§ 35, 37; ZPO § 91

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Beschluss vom 29.04.2009; Aktenzeichen 2 O 176/08)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wird für zulässig erklärt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Gegenstandswert wird auf 10.200 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger macht in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter Honoraransprüche (Aufwandspauschalen) und Schadensersatzansprüche aus sog. Falschzuweisungen aus einem Vertrag zur Beauftragung Dritter mit der Vermittlung nach § 37 SGB III vom 20./26.1.2004 geltend. Der Kläger hat den Rechtsstreit beim LG Kiel anhängig gemacht.

Mit Beschluss vom 29.4.2009 hat das LG Kiel den Rechtsstreit nach Anhörung der Parteien von Amts wegen gem. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das Sozialgericht Düsseldorf verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein öffentlich-rechtlicher Vertrag gem. §§ 53 ff. SGB X vorliege, dessen Vertragsgegenstand im Kern dem öffentlichen Recht zuzuordnen sei. Die Arbeitsverwaltung habe sich dazu entschlossen, die ihr gem. § 35 SGB III originär obliegende Aufgabe der Vermittlung gem. § 37 Abs. 1 SGB III komplett durch den streitgegenständlichen Vertrag auf einen privaten Träger, die Insolvenzschuldnerin, zu übertragen. Diese habe ihre Ausführungskompetenz damit letztlich allein aus öffentlich-rechtlichen Normen abgeleitet und habe damit auch den typischen Bindungen der öffentlichen Hand unterlegen. Auch das Verhältnis zwischen den Parteien sei durch die öffentlich-rechtlich zugewiesene Aufgabe umfassend bestimmt gewesen bis hin zur Frage der Vergütung, die ihre Grundlage in § 91 SGB X finde. Bei einer solchen Sachlage habe der Umstand allein, dass die Parteien sich auf gleichgeordneter Ebene begegneten, außer Betracht zu bleiben, zumal die Verhandlungsautonomie durch die zahlreichen Vorgaben der Normen des SGB III und SGB X weitgehend eingeschränkt gewesen sei; denn der Vertragsgegenstand einschließlich des zur Verfügung stehenden Budgets und der Ausführungsmöglichkeiten im Rahmen der Kompetenzen ggü. dem zu vermittelnden Bürger habe aufgrund der öffentlich-rechtlichen Festlegungen nicht zur Disposition gestanden. Ergänzend hat das LG auf die Ausführungen des OLG Celle in seinem Beschl. v. 12.12.2008 - 11 W 43/08, OLGR 2009, 111, Bezug genommen.

Gegen den ihm am 4.5.2009 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 14.5.2009 sofortige Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, die Zuständigkeit der Sozialgerichte sei nicht gegeben. Das LG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 14.5.2009 nicht abgeholfen.

II. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist gemäß den §§ 17a Abs. 4 Satz 3 GVG, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 569 ZPO).

Die Beschwerde ist begründet. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist eröffnet. Maßgebend für die Frage, ob ein Rechtsstreit gem. § 13 GVG vor die ordentlichen Gerichte gehört, ist allein der Vortrag des Klägers einschließlich des unstreitigen Vorbringens. Es kommt nur darauf an, ob die tatsächlichen Behauptungen des Klägers, ihre Richtigkeit unterstellt, und der unstreitige Sachverhalt Rechtsbeziehungen oder Rechtsfolgen ergeben, für welche die Zuständigkeit der Zivilgerichte besteht. Abweichende Tatsachenbehauptungen des Beklagten sind in diesem Zusammenhang unbeachtlich (BGH NJW 1996, 3012; Zöller/Gummer, ZPO, 27. Aufl., § 13 GVG Rz. 54).

Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn - wie hier - eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Dieser Grundsatz bestimmt die Auslegung sowohl von § 13 GVG als auch von § 51 Abs. 1 SGG. Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob die Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient. Doch kann aus einem Gleichordnungsverhältnis noch nicht ohne weiteres auf eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit geschlossen werden, weil auch dem öffentlichen Recht eine gleichgeordnete Beziehung zwischen Berechtigten und Verpflichteten nicht fremd ist. So liegt es im Wesen - auch des öffentlichen-rechtlichen - Vertrages, dass sich die Vertragsparteien grundsätzlich gleichgeordnet gegenüberstehen. Für die Abgrenzung von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Vertrag kommt es daher auf dessen Gegenstand und Zweck an. Die Rechtsnatur des Vertrages bestimmt sich danach, ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzurechnen ist. Dabei ist für den öffentl...

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