Entscheidungsstichwort (Thema)

Erteilung einer Arbeitsgenehmigung. geduldeter Ausländer. zu vertretendes Abschiebehindernis. Auffassung der Ausländerbehörde. Bindungswirkung. Mitwirkung bei der Passbeschaffung. gesundheitliche Gründe. Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Schadensinteresse. Einlegung eines Rechtsmittels. Härtefallregelung. einstweilige Anordnung

 

Orientierungssatz

1. Die Auffassung der Ausländerbehörde zum Vertretenmüssen des Abschiebungshindernisses entfaltet für die Bundesanstalt für Arbeit (BA) keine Bindungswirkung für die Genehmigung nach § 284 Abs 5 SGB 3.

2. Die unzureichende Mitwirkung eines geduldeten Ausländers bei der Passbeschaffung stellt zwar grundsätzlich einen Versagungsgrund iS des § 5 Nr 5 ArGV iVm § 1a AsylbLG dar. Allerdings muss die unzureichende Mitwirkung bei der Passbeschaffung auch kausal dafür sein, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. So kann dem Ausländer nicht fehlende Mitwirkung bei der Passbeschaffung vorgeworfen werden, wenn zB schon aus gesundheitlichen Gründen keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen vollzogen werden können.

3. Hätte die BA die beantragte Arbeitserlaubnis unter Berücksichtigung der Härtefallregelung des § 1 Abs 2 Nr 1 ArGV erteilen können bzw müssen, so wäre ein Antrag des Arbeitnehmers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Vermeidung eines Schadens geboten gewesen. Dieses Versäumnis hat die rechtliche Konsequenz, dass ein etwaiger beabsichtigter Amtshaftungsprozess schon wegen des Regelungsgehalts des § 839 Abs 3 BGB von vornherein offensichtlich aussichtslos ist, mit der weiteren Folge, dass ein sog Schadensinteresse im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage zu verneinen ist. Die schuldhafte Nichteinlegung eines geeigneten Rechtsmittels (hierzu gehört auch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung) zur Schadensabwendung ist ein Fall des mitwirkenden Verschuldens, der ohne Abwägung nach § 254 BGB zum völligen Haftungsausschluss führt.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 12. Mai 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass der Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2004, mit dem die Beklagte seinen Antrag vom 22. Januar 2004 auf Erteilung einer Arbeitsgenehmigung abgelehnt hatte, rechtswidrig gewesen ist.

Der 1963 in T. geborene Kläger ist iranischer Staatsbürger. Im Juni 1996 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Antrag auf Gewährung politischen Asyls. Dieser Antrag wurde vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (ab 1. Januar 2005: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) mit Bescheid vom 17. Juni 1996 abgelehnt. Die dagegen erhobene Klage wurde mit Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts (VG) vom 3. September 1997 abgewiesen (Az. 9 A 1096/97). Der am 22. Dezember 1997 vom Kläger gestellte Asylfolgeantrag wurde vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 5. März 1998 ebenfalls abgelehnt. Die hiergegen erhobene Klage wurde vom Schleswig-Holsteinischen VG mit Urteil vom 18. Dezember 1998 (Az. 9 A 1018/98) abgewiesen. Einen weiteren Asylfolgeantrag lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 30. Juni 2000 ab. Auch die hiergegen erhobene Klage wies das Schleswig-Holsteinische VG mit Urteil vom 7. Februar 2001 (Az. 9 A 1043/00) ab.

Seit Mitte 2000 befindet sich der Kläger wegen chronischer Kopfschmerzen, reaktiver Depressionen und einer posttraumatischen Belastungsstörung in fachärztlicher Behandlung. Der Fachdienst Gesundheit des Kreises S. stellte mit Gutachten vom 29. August 2001 fest, dass beim Kläger im Falle einer erzwungenen Rückkehr in seine Heimat ein ernstzunehmendes Suizidrisiko bestehe. Die bis zu diesem Zeitpunkt bestehende Duldung (Aussetzung der Abschiebung) des Klägers wurde daraufhin von der Ausländerbehörde stets verlängert. Wegen der bestehenden Duldung erteilte die Beklagte dem Kläger auf dessen Anträge hin in den Jahren 2001 bis 2003 wiederholt Arbeitsgenehmigungen als Küchenhilfe (z.T. in geringfügigem Umfang) für die Zeiten vom 4. Mai 2001 bis 1. August 2001, 1. November 2001 bis 30. März 2002, 13. Mai 2002 bis 30. Juni 2002, 8. Juli 2002 bis 7. Oktober 2002, 18. Oktober 2002 bis 10. Januar 2003 sowie 1. Juli 2003 bis 10. Juli 2003.

Am 3. Dezember 2003 erschien der Kläger in der Ausländerbehörde des Kreises S., um eine Aufenthaltsbefugnis zu erlangen. Nachdem ihm dort erklärt worden war, dass die Voraussetzungen für deren Erteilung schon deswegen nicht vorlägen, weil er sich bislang weigere, seiner Verpflichtung zur Ausfertigung von Passersatzpapieren nachzukommen, schrie der Kläger die dortige Sachbearbeiterin an, schleuderte die Ablagekörbe von deren Schreibtisch quer durch das Zimmer, drü...

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