Rz. 4

Abs. 2 benennt in den Nr. 1 bis 8 in einer abschließenden Aufzählung, welche Anforderungen an Werkstätten für behinderte Menschen für andere Anbieter nicht oder mit Maßgaben gelten.

Dazu gehören die förmliche Anerkennung, eine Mindestplatzzahl von 120 Plätzen (§ 7 Abs. 1 Werkstättenverordnung) sowie die Anforderungen an die räumliche und sächliche Ausstattung (§ 8 Werkstättenverordnung). Damit sollen auch kleinere Leistungsanbieter sowie solche, die Maßnahmen der beruflichen Bildung oder eine Beschäftigung nicht in eigenen Räumlichkeiten anbieten, sondern solche Maßnahmen auf Plätzen in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes in der Form von "ausgelagerten Bildungs- und Arbeitsplätzen" (für Werkstätten für behinderte Menschen eine Aufgabe nach § 219 Abs. 1 Satz 5 und zugleich fachliche Anforderung nach § 5 Abs. 4 Werkstättenverordnung) durchführen, als andere Leistungsanbieter nicht ausgeschlossen sein.

Dem Anliegen des Bundesrates, für kleinere Leistungsanbieter, konkret solche mit bis zu 20 Menschen mit Behinderungen, weitere Ausnahmen von den fachlichen Anforderungen an Werkstätten für behinderte Menschen, wie die Anforderungen an die personelle Ausstattung und die Anforderungen an die Qualifikation des Fachpersonals nach § 9 Werkstättenverordnung, zuzulasssen (BR-Drs. 428/16), ist die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung nicht gefolgt (BT-Drs. 18/9954). Auch unter Berücksichtigung der Zielsetzung, kleinere Leistungsanbieter nicht zu überfrachten, könne dieses Ergebnis nicht befürwortet werden.

 

Rz. 5

Ein anderer Leistungsanbieter muss, anders als eine Werkstatt für behinderte Menschen, nicht Maßnahmen der beruflichen Bildung und Leistungen zur Beschäftigung anbieten, er kann seine Angebote auch auf die berufliche Bildung oder auf eine Beschäftigung beschränken (Nr. 3).

Will er Leistungen der beruflichen Bildung anbieten, benötigt er, wenn die Bundesagentur für Arbeit für die Leistung der zuständige Rehabilitationsträger ist, eine Träger- und Maßnahmezulassung nach den Vorschriften des SGB III (§§ 176 ff. SGB III).

Ist ein Träger der Eingliederungshilfe zuständiger Leistungsträger, ist der andere Leistungsanbieter Leistungserbringer i. S. v. Kapitel 8 des Teils 2. Er hat mit dem Leistungsträger eine schriftliche Vereinbarung abzuschließen, bei der der Leistungsträger prüft, ob der Leistungserbringer geeignet ist (§ 124) und die an ihn in § 60 gerichteten Qualitätsanforderungen erfüllt.

 

Rz. 6

Ein anderer Leistungsanbieter hat anders als eine Werkstatt für behinderte Menschen keine Verpflichtung zur Aufnahme von Menschen mit Behinderungen, wenn sie die Leistungsvoraussetzungen erfüllen (Nr. 4). Eine Werkstatt für behinderte Menschen hat eine solche Verpflichtung (§ 220 Abs. 1). Diese Regelung ist von Verbänden kritisiert worden mit dem Vorbringen, dies könne dazu führen, dass sich ein anderer Leistungsanbieter anders als eine Werkstatt für behinderte Menschen aussuchen könne, ob er auch leistungsschwächere Menschen aufnehmen wolle. Er werde die Auswahl auf leistungsstärkere Menschen mit Behinderungen beschränken. Dies führe zu einem Wettbewerbsnachteil der Werkstätten für behinderte Menschen. Die Bundesregierung ist diesen Bedenken nicht gefolgt.

 

Rz. 7

Auch andere Leistungsanbieter haben den bei ihnen beschäftigten Menschen mit Behinderungen Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte zu ermöglichen (Nr. 5). Dies gilt aber erst bei anderen Leistungsanbietern ab einer Mindestzahl von 5 beschäftigten Menschen mit Behinderungen. Vorbild für diese Mindestgröße ist das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Für Betriebe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sieht das BetrVG die Bildung einer betrieblichen Interessenvertretung ab einer Zahl von 5 wahlberechtigten Arbeitnehmern vor, wobei der Betriebsrat in Betrieben mit in der Regel 5 bis 20 Arbeitnehmern aus einer Person besteht (§ 9 BetrVG). Die Vorschrift, dass bei 5 bis 20 Wahlberechtigten die Interessenvertretung aus einem Mitglied besteht, ist folglich an § 9 BetrVG angelehnt. Ab einer Zahl von 21 Wahlberechtigten besteht die Interessenvertretung entsprechend der Mindestzahl von Mitgliedern des Werkstattrats in einer Werkstatt für behinderte Menschen aus 3 Mitgliedern und im weiteren – entsprechend der Staffelung nach der Größe der Werkstatt für behinderte Menschen in § 3 Abs. 1 der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung – aus der entsprechenden, dort aufgeführten Zahl von Mitgliedern.

 

Rz. 8

Nr. 6 trifft vor demselben Hintergrund eine entsprechende Regelung für die Wahl von Frauenbeauftragten, die zum 1.1.2017 mit Art. 2 des Bundesteilhabegesetzes in Werkstätten für behinderte Menschen eingeführt worden sind.

Die Regelungen in den Nr. 5 und 6 sind im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens durch Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen in den Gesetzentwurf eingebracht worden (BT-Drs. 18/10523, Beschlussempfehlung und Bericht des AuS-Ausschusses).

Die durch das Gesetz zur Änderung des Neunten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Rechtsvorschriften v. 30.11.2019 (BGBl....

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