0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift trat aufgrund des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) zum 1.1.2018 in Kraft. Eine Vorgängervorschrift gab es nicht.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Durch die Zuständigkeitsklärung gemäß der §§ 14 und 15 regelt der Gesetzgeber umfassend, welcher Rehabilitationsträger (§ 6) für Teilhabeleistungen (§ 5) im Verhältnis zum Antragsteller bzw. Rehabilitanden zuständig ist. Nach Auffassung des Gesetzgebers kann es damit im Bereich der Teilhabeleistungen keine Fallgestaltung mehr geben, in denen ein Träger wegen Zuständigkeitsstreitigkeiten nach § 43 SGB I in Vorleistung treten muss, damit der Betroffene seine ihm zustehenden Leistungen rechtzeitig erhält. Deshalb regelt § 24 Satz 3, dass ab 1.1.2018 § 43 SGB I im Zusammenhang mit Teilhabeleistungen für Menschen mit Behinderung oder drohender Behinderung (§ 2) nicht mehr anzuwenden ist. Er begründet das mit § 7. Danach sind die Regelungen zur Zuständigkeitsklärung und Kostenerstattung zwischen Rehabilitationsträgern nach den §§ 14 ff. vorrangig vor § 43 SGB I anzuwenden (vgl. BT-Drs. 18/9522 S. 243).

2 Rechtspraxis

2.1 Überblick

 

Rz. 3

Die aufgrund § 7 Abs. 2 immer vorrangig zu beachtenden Zuständigkeitsregelungen der §§ 14 und 15 regeln nach Auffassung des Gesetzgebers umfassend die Zuständigkeiten der Rehabilitationsträger im Hinblick auf die zu bearbeitenden Anträge auf alle Teilhabeleistungen. Das schließt jedoch nicht aus, dass eilbedürftige Leistungen nicht rechtzeitig gewährt werden können, weil z. B.

  • bei sehr eilbedürftigen Teilhabeleistungen trotz Klarheit über das Bestehen eines Leistungsanspruchs Gutachten oder ergänzende Berichte abgewartet werden müssen, die Aufschluss über die Zuständigkeit bzw. über das Vorliegen einer Teilhabeleistung geben,
  • einer der beteiligten Rehabilitationsträger anzweifelt, dass es sich bei dem Leistungsantrag um einen Antrag auf Teilhabeleistungen handelt (z. B. bei einem an Diabetes erkrankten Kind, welches in der Schule für einen gewissen Zeitraum Häusliche Krankenpflege nach § 37 benötigt und in der übrigen Zeit Schulassistenz),
  • sich die Rehabilitationsträger darüber streiten, ob der Antrag auf Teilhabeleistungen rechtzeitig i. S. d. § 14 weitergeleitet wurde und der vermeintlich zweitangegangene Rehabilitationsträger nicht leisten will,
  • der zweitangegangene Rehabilitationsträger den weitergeleiteten Antrag angeblich nicht erhalten hat und zunächst nicht leistungsbereit ist.

Grundsätzlich hat der erstangegangene Rehabilitationsträger wegen § 16 Abs. 4 Satz 1 keine Möglichkeit, von sich aus die Leistung zu bewilligen und dann einen Erstattungsanspruch zu stellen. Um dem Leistungsberechtigten trotzdem schnell Gewissheit bezüglich seines Leistungsanspruchs zu geben, bietet sich

  1. die vorläufige Leistung nach anderen Vorschriften als nach § 43 SGB I (Rz. 4) oder
  2. eine Vereinbarung zwischen den sich "streitenden" Rehabilitationsträgern (Rz. 6)

an.

2.2 Möglichkeit vorläufiger Leistungen (Satz 1)

 

Rz. 4

Nach § 24 Satz 1 bleiben vorläufige Leistungen, die aufgrund von anderen Vorschriften als § 43 SGB I (vgl. Rz. 2) erbracht werden, möglich. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs., a. a. O.) zählen hierzu z. B.

Nach Auffassung des Autors ist die Möglichkeit zur schnellen Leistungserbringung

auch gegeben, wenn dadurch unter Umständen eine Teilhabeleistung i. S. d. § 5 "ersetzt" wird.

Aufgrund des § 24 Satz 2 ist bei Teilhabeleistungen eine vorläufige Leistung nach § 43 SGB I nicht möglich. Wie hier vom erstangegangenen Rehabilitationsträger als Ersatz für den nicht anwendungsfähigen § 43 SGB I trotzdem eine Teilhabeleistung vorläufig mit der Möglichkeit eines späteren Erstattungsanspruchs erbracht werden kann, erwähnt der Autor unter Rz. 6.

2.3 Rehabilitationsbedarf (Satz 2)

 

Rz. 5

Nach § 24 Satz 2 binden die in Rz. 4 aufgeführten vorläufig erbrachten Leistungen die Rehabilitationsträger nicht bei der Feststellung des Rehabilitationsbedarfs

  • im Rahmen der Koordinierung der Leistungen und
  • auch nicht bei der Durchführung des Teilhabeplanverfahrens.

Somit sollen die Rehabilitationsträger z. B. bei der Feststellung des Rehabilitations- und sonstigen Teilhabebedarfs prüfen, ob dieser durch die vorläufig erbrachte Leistung bereits vollständig gedeckt wird. Wenn dieses nicht der Fall ist, sind weitere Leistungen zu planen und zu koordinieren. Das gilt auch dann, wenn die vorläufige Leistung bezüglich ihres Umfangs und ihrer Höhe nur zum Teil bereitgestellt wird.

2.4 Keine Anwendung des § 43 SGB I (Satz 3)

 

Rz. 6

Besteht ein Anspruch auf Sozialleistungen und ist zwischen mehreren Leistungsträgern streitig, wer zur Leistung verpflichtet ist, kann der unter ihnen zuerst angegangene...

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