Rz. 654

Mit dem Beginn der Sperrzeit wird ihr Eintritt beschrieben. Den regelt Abs. 2 abschließend. Die Sperrzeit tritt kraft Gesetzes ein. Sie beginnt grundsätzlich am Tag nach dem Ereignis, das den Eintritt der Sperrzeit begründet (Abs. 2 Satz 1). Eine Konkurrenz zu anderen Ruhenstatbeständen besteht nicht. D.h., dass eine Sperrzeit auch zeitgleich mit anderen Ruhenstatbeständen festgestellt werden und ganz oder teilweise parallel dazu ablaufen kann. Auf den Bezug von Alg kommt es nicht an (BSG, Urteil v. 5.8.1999, B 7 AL 14/99 R). In dieser Entscheidung hat das BSG ausgeführt, dass es keinen Einfluss auf die in Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 geforderte Kausalität hat, wenn Alg erst für einen Zeitpunkt beansprucht wird, zu dem ohnedies etwa aufgrund einer einem Aufhebungsvertrag vorausgegangenen Kündigung durch den Arbeitgeber Arbeitslosigkeit bestanden hätte. Die Frage nach der Berücksichtigung hypothetischer Geschehensabläufe stellt sich nicht, schon zuvor habe das BSG ausdrücklich eine Kausalität für den Fall einer einvernehmlichen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zu dem Zeitpunkt bejaht, zu dem ohnedies gekündigt worden wäre (BSG, Urteil v. 12.4.1984, 7 RAr 28/83). Daraus ergibt sich, dass es auch nicht darauf ankommt, ob Alg überhaupt beantragt worden ist.

 

Rz. 655

Schon nach früherer Auffassung des BSG hat der Gesetzgeber im Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in Abkehr von den Regelungen im Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) von einer Bindung der Sperrzeit an Entstehung und Fortbestand des Leistungsanspruchs bewusst abgesehen, also gezielt auf die Prüfung einer konkreten Schädigung verzichtet, um eine weitgehende Vereinfachung der Bearbeitung der Leistungsfälle zu erreichen. Die Sperrzeit soll einheitlich mit dem Tag nach dem die Sperrzeit begründenden Ereignis beginnen und danach ohne Rücksicht darauf kalendermäßig ablaufen, ob, wann und wie lange der Arbeitslose Leistungen wegen Arbeitslosigkeit erhält oder erhalten kann (BSG, Urteil v. 22.7.1982, 7 RAr 93/81, und v. 5.6.1997, 7 RAr 22/96). Hierbei ist anders als nach den Regelungen des AVAVG für Beginn und Ablauf der Sperrzeit unerheblich, ob ein Leistungsanspruch überhaupt entsteht oder z. B. wegen eines Ruhens des Anspruchs aus anderen Gründen nicht geltend gemacht werden kann. Von früherer anderer Rechtsprechung hat sich das BSG abgewandt, weil sie unter Berücksichtigung von Wortlaut, historischer Entwicklung des § 119 AFG und der systematisch mit der Sperrzeit zusammenhängenden Vorschriften dem ausdrücklichen gesetzgeberischen Ziel widerspricht. Eine Sperrzeit kann nicht (rückwirkend) wegen fehlender Kausalität im Hinblick auf eine ohnehin eingetretene Arbeitslosigkeit entfallen. Den maßgeblichen Vorschriften des AFG ist eine entsprechende Regelung weder unmittelbar noch durch teleologische Reduktion zu entnehmen.

 

Rz. 656

Schon der Wortlaut des § 119 Abs. 1 AFG hat dem BSG zufolge verdeutlicht, dass eine Sperrzeit eintritt und in der Folge auch ohne Rücksicht auf weitere Umstände kalendermäßig abläuft, ohne dass es darauf ankommt, ob der Arbeitslose überhaupt einen Anspruch auf Alg oder andere Lohnersatzleistungen geltend macht, denn in § 119 Abs. 1 Satz 2 AFG ist der Beginn der Sperrzeit unabhängig vom Leistungsanspruch selbst festgelegt worden, und erst in § 119 Abs. 1 Satz 3 AFG ist die Rechtsfolge des Ruhens des Alg-Anspruchs an die Voraussetzung des Eintritts einer Sperrzeit geknüpft worden. § 119 AFG war keine Regelung zu entnehmen, dass eine einmal eingetretene Sperrzeit später wieder entfallen konnte.

 

Rz. 657

Die historische Entwicklung der §§ 119, 119a AFG belegt demzufolge, dass dies vom Gesetzgeber gewollt war. Durch das 7. Gesetz zur Änderung des AFG (AFGÄndG) v. 20.12.1985 (BGBl. I S. 2484) ist mit Wirkung zum 1.1.1986 erstmals eine Verkürzung der Regelsperrzeit eingeführt worden, falls der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis gelöst oder durch ein vertragswidriges Verhalten Anlass für die Kündigung des Arbeitgebers gegeben hat (§ 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG), das Arbeitsverhältnis jedoch (ohnedies) innerhalb von 4 Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte. Zur Begründung dieser Sperrzeitverkürzung ist auf die Rechtsprechung des BSG zur möglichen Verletzung eines Übermaßverbots verwiesen worden (BT-Drs. 10/3923 S. 24, unter Hinweis auf BSG, Urteil v. 12.12.1984, 7 RAr 49/84). Das Übermaßverbot ist aber dann nicht verletzt, wenn der Arbeitslose selbst verhindern kann, auf Alg für mehr als die Zeit verzichten zu müssen, in der die Arbeitslosigkeit auf sein Verhalten zurückzuführen ist; denn wegen fehlender Verursachung des Eintritts der Arbeitslosigkeit, für die ein Anspruch erhoben wird, tritt eine Sperrzeit dann nicht ein, wenn der Arbeitslose einen Anspruch erst für eine Zeit geltend macht, zu der er auch ohne sein Verhalten arbeitslos geworden wäre.

 

Rz. 658

Die Einfügung dieser Vorschrift – später § 144 Abs. 3, nunmehr § 159 Abs. 3 – zeigt dem BSG zufolge, dass ...

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