0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Der Vorläufer der Vorschrift war § 56 AFG. Der geltende Abs. 1 war ursprünglich in § 56 Abs. 1 Satz 1 AFG und der geltende Abs. 2 in § 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 AFG geregelt. Die Vorschrift wurde mit dem Gesetz zur Reform der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Reformgesetz – AFRG) v. 24.3.1997 (BGBI. I S. 594) weitestgehend inhaltsgleich in die Erstfassung des SGB III, in Kraft ab 1.1.1998, in § 97 SGB III a. F. übernommen.

Das Sozialgesetzbuch – Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) wurde mit Gesetz v. 19.6.2001 (BGBl. I S. 1046) zum 1.7.2001 eingeführt. Der Gesetzgeber hat damit die Grundsätze und Leitgedanken zur Eingliederung behinderter Personen definiert. Dabei wurde die Begrifflichkeit des SGB III mit der des SGB IX harmonisiert. Anstatt der "beruflichen Eingliederung" wird nun der Begriff der "Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben" verwendet. Aus der Einführung des SGB IX folgt auch, dass bei der Auslegung der speziellen Vorschriften des SGB III die grundsätzlichen Regelungen des SGB IX zu würdigen und zu beachten sind, auch wenn im SGB III die Anwendung des SGB IX nicht ausdrücklich erwähnt wird.

Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt v. 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854) wurde mit Wirkung zum 1.4.2012 das Dritte Kapitel neu strukturiert und nummeriert. Im Siebten Abschnitt (§§ 112 bis 129) wurden alle spezifischen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsmarkt des SGB III zusammengeführt und sprachlich überarbeitet (vormals §§ 97 bis 115 a. F. sowie §§ 160 bis 162 a. F.). Dabei wurden die Sätze in Abs. 1 umgestellt; Abs. 2 Satz 2 erfuhr eine redaktionelle Überarbeitung. Auch die Gleichbehandlung von Frauen und Männern wurde im Gesetzestext umgesetzt. Eine inhaltliche Änderung hat der Gesetzgeber nicht vorgenommen (vgl. BT-Drs. 17/6277 S. 103).

Obwohl mit dem Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234), verkündet am 29.12.2016, das SGB IX reformiert und grundlegend neu gefasst wurde, ergaben sich keine Folgeänderung in § 112. Es bestehen aber grundlegend Bezüge zum SGB IX. Im Wesentlichen verfolgt der Gesetzgeber mit der Änderung das Ziel, dass Menschen unabhängig von ihrer Behinderung ein gleichberechtigtes Leben in Gesellschaft und Beruf ermöglicht wird. Die vielzähligen weiteren Ziele sind der BT-Drs. 18/9522 S. 2, 3 zu entnehmen. Die maßgebliche Änderung des SGB IX, in Kraft ab 1.1.2018, hat jedoch weiterhin grundlegende Bedeutung für die im Dritten Kapitel, Siebter Abschnitt des SGB III geregelten Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit als Rehabilitationsträger nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 5 Nr. 2, 3 SGB IX.

Eine sprachliche Anpassung der Vorschrift ist mit dem Gesetz zur Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sowie zur landesrechtlichen Bestimmung der Träger von Leistungen für Bildung und Teilhabe in der Sozialhilfe (Teilhabestärkungsgesetz) v. 2.6.2021 (BGBl. I S. 1387) erfolgt. Mit Wirkung zum 1.1.2022 wird eine neue wertschätzende Begrifflichkeit des begünstigten Personenkreises im gesamten Recht der Teilhabe am Arbeitsleben eingeführt. Die Begrifflichkeit "behinderte Menschen" wird durch die Wörter "Menschen mit Behinderungen" in Abs. 1 ersetzt. Eine Änderung oder Erweiterung des begünstigenden Personenkreises verfolgt der Gesetzgeber dadurch nicht.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die sozialpolitischen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit im Kontext der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben ergeben sich sowohl aus Vorschriften des SGB I, III als auch nach dem SGB IX. Bereits in § 10 SGB I wird die umfassende Aufgabe der Rehabilitation im Kontext aller Sozialgesetzbücher beschrieben, der u. a. den Menschen mit Behinderungen ein Recht zur Teilhabe am Arbeitsleben – abhängig von individueller Eignung und Neigung – zusichert. Die gesetzlichen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit im Kontext der beruflichen Rehabilitation sind in § 19 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. f SGB I verankert.

Dem mit Wirkung zum 1.1.2022 sprachlich überarbeiteten Gesetzestextes im Kontext des berechtigten Personenkreises (Menschen mit Behinderungen) lag ein umfassender politischer und gesellschaftlicher Diskurs zugrunde, mit dem Ergebnis, dass ein neuer Begriff in der Rechtssprache Einzug hält. Bereits mit dem Bundesteilhabegesetz wurde u. a. der Begriff der Behinderung in § 2 des SGB IX neu gefasst. Damit wurde der Behindertenbegriff nach dem Verständnis der UN-BRK ausgestaltet. Mit der Änderung der Bezeichnung behinderte Menschen zu Menschen mit Behinderungen wird der moderne Sprachgebrauch in allen relevanten Normen nachvollzogen. Zudem werden die Bezeichnungen "behindertengerecht" und "behindertenspezifisch" jeweils durch die Wörter "behinderungsgerecht" und "behinderungsspezifisch" ersetzt. Eine Erweiterung oder Verringerung des Personenkreises der Menschen mit Behinderungen i. S. d. § 19 SGB III ist damit nicht verbunden. Mit der Änderung der Begrifflichkeit...

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