Rz. 51

Leistungen zur Deckung des Bedarfs für eine mehrtägige Klassenfahrt sind in Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 vorgesehen. Dabei handelt es sich wie schon bisher um eine originäre kommunale Leistung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2. Die Bedarfsberücksichtigung ist Schülern i. S. d. Abs. 1 Satz 2 nicht allein vorbehalten. Auch Tageseinrichtungen und Kinder, für die Kindertagespflege geleistet wird, werden von mehrtägigen Fahrten erfasst. Mehrtägige Ausflüge können unter Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 fallen. Eine mehrtägige Fahrt setzt zumindest eine Übernachtung außerhalb der Wohnung des Schülers voraus (BSG, Urteil v. 23.3.2010, B 14 AS 1/09 R). Es soll eine Freistellung von sämtlichen Kosten erfolgen, die mit der Teilnahme an der Klassenfahrt einhergehen. Der Begriff der Klassenfahrt wird in den Schulgesetzen der Länder präzisiert. Der Begriff der Klasse ist nicht identisch mit einem Klassenverband (BSG, Urteil v. 22.11.2011, B 4 AS 204/10 R). Auch die freiwillige Teilnahme an einem jahrgangsübergreifenden Austausch unterfällt der Klassenfahrt bei Üblichkeit nach den schulrechtlichen Vorschriften. Das zeigt sich typischerweise in Kursen der gymnasialen Oberstufe. Nach neuer Rechtslage ist nicht mehr relevant, ob bei vorausgehenden Tagesfahrten ein Sachzusammenhang zur Klassenfahrt besteht. Ein Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes umfasste früher auch Leistungen für Klassenfahrten (BSG, Urteil v. 23.3.2010, B 14 AS 6/09 R), das galt gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 a. F. seit 1.1.2011 bis zum 31.7.2019 nicht mehr, auch nach der seit dem 1.8.2019 geltenden Rechtslage ist ein gesonderter Antrag nicht erforderlich, § 37 Abs. 1 nimmt allein auf die Leistungen nach Abs. 5 Bezug. Es soll jedoch mit dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar sein, dass ein alleinlebender Gymnasiast von den Leistungen für die Klassenfahrt ausgeschlossen ist, wenn er dem Grunde nach einen Anspruch auf Ausbildungsförderung hat (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 13.5.2013, L 31 AS 100/13 B PKH). Eine Klassenfahrt gehört zu den ausbildungsbedingten oder ausbildungsgeprägten Bedarfen eines Auszubildenden oder Studenten und wird vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 erfasst; auch soweit § 7 Abs. 6 Ausnahmen vom grundsätzlichen Leistungsausschluss normiert, soll davon ein spezifisch ausbildungsbedingter Bedarf nicht umfasst sein (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 13.7.2012, L 7 AS 76/12 B).

 

Rz. 52

Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 gewährleistet, dass Schulkinder nicht in eine Situation geraten, in der ihnen ihre Eltern bzw. alleinerziehenden Elternteile aus wirtschaftlichen Gründen die Teilnahme an einer Klassenfahrt nicht ermöglichen können. Leistungsfähig sind nur mehrtägige Klassenfahrten, die nach schulrechtlichen Bestimmungen der Bundesländer vorgesehen oder erlaubt sind. Bei Vorlage einer Genehmigung durch die Schulaufsichtsbehörde entfallen insoweit weitere Prüfungen durch das Jobcenter. Kosten für Ausflüge, Wandertage und andere eintägige Aktivitäten der Schulklassen werden von Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 erfasst. Dem schulrechtlichen Landesgesetzgeber steht es frei, im Hinblick auf Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 beschränkende Regelungen zu treffen. Ein Einzelschüleraustausch ist keine Klassenfahrt, eine solche ist jedoch der Gruppenaustausch von ganzen Klassen. Die für eine Ausübung des Leistungssports erforderlichen Wettkampf- und Trainingsfahrten sind jedenfalls nach den schulrechtlichen Bestimmungen des Freistaates Sachsen nicht als Klassenfahrt zu bewerten (SG Dresden, Urteil v. 12.6.2015, S 14 BK 32/13). Ein mehrwöchiger Schüleraustausch mit einer australischen Schule ist jedenfalls in Sachsen-Anhalt einer mehrtägigen Klassenfahrt gleichgestellt. Das entsprechende Schulrecht differenziert nicht zwischen Klassenfahrten und sonstigen Veranstaltungen (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 7.12.2016, L 5 AS 461/14). Eine Studienreise von Schülern eines Gymnasiums der Jahrgangsstufen 10 bis 12 nach London im Rahmen einer schulischen Projektwoche, die nicht im Klassenverband einer Schulklasse oder Kursstufe durchgeführt wurde und bei der die Teilnahme auf freiwilliger Basis beruht, hat die Rechtsprechung als Klassenfahrt nach Abs. 2 Nr. 2 verneint (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 20.11.2019, L 2 AS 154/19).

 

Rz. 52a

Unter Berücksichtigung des Teilhabeziels, Schüler nicht durch Ausschluss von der Teilnahme aus finanziellen Gründen auszugrenzen, bezieht die gesetzliche Regelung auch Schüleraustausche ein, wenn nicht die gesamte Klasse oder Jahrgangsstufe die Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat. Die Ausgrenzung würde ansonsten innerhalb der Gruppe der zur Teilnahme ausgewählten Schüler stattfinden (BSG, Urteil v. 22.11.2011, B 4 AS 204/10 R). Ein Einzelschüleraustausch ist jedoch keine Klassenfahrt. Das LSG Baden-Württemberg wollte eine schulische Veranstaltung nicht als Klassenfahrt anerkennen, wenn sie sich von vornherein nur an einen begrenzten Teilnehmerkreis wendet, der nach bestimmten Kriterien aus den Schülern ausgewählt wird (LSG Baden-Württember...

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