Rz. 2

Die Vorschrift regelt die Bedarfsfälle, bei denen ein Mehrbedarf beim Lebensunterhalt anerkannt wird, weil die Leistung für den Regelbedarf im Wesentlichen nur Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat und Bedarfe des täglichen Lebens und im durchschnittlichen Umfang abdeckt. Es handelt sich um typisierte Bedarfe, die den Zugang zu Leistungen für Mehrbedarf eröffnen. Bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen besteht (abgesehen von Abs. 4 Satz 2) ein Rechtsanspruch auf den Mehrbedarf, ein Ermessen hierüber steht den Jobcentern nicht zu. Die Bedarfe resultieren aus besonderen Lebenslagen wie z. B. Schwangerschaft, Alleinerziehung usw., sie können durchaus schon teilweise, aber eben nicht ausreichend in den Leistungen für den Regelbedarf enthalten sein. Die Vorschrift wurde durch die Bürgergeld-Gesetzgebung zum 1.1.2023 und 1.7.2023 nicht verändert. Ein Mehrbedarf kann nicht isoliert geltend gemacht werden, sondern ist im Zusammenhang mit der laufenden Leistungsbewilligung zu prüfen. Das gilt auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Bay. LSG, Beschluss v. 10.3.2014, L 16 AS 157/14 B ER). Mehrbedarfe werden jedenfalls insoweit bei pauschaler Betrachtungsweise nicht vom Regelbedarf nach § 20 abgedeckt (Abs. 2 bis 5), sie sind der Höhe nach meist an den Regelbedarfen ausgerichtet. Diese sind nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen (BVerfG, Beschluss v. 13.7.2014, 1 BvL 10/12 u. a., zuvor schon BSG, Urteil v. 28.3.2013, B 4 AS 12/12 R). Der Gesetzgeber darf die Existenz insbesondere auch durch Leistungen außerhalb derjenigen für den Regelbedarf decken. Die Leistungen für Mehrbedarfe können auch dann gewährt werden, wenn kein Anspruch auf die Leistung für den Regelbedarf besteht. Sonderbedarfe werden außerdem in § 24 Abs. 3 geregelt (Erstausstattungen, orthopädische Schuhe, therapeutische Geräte und Ausrüstung), vgl. auch § 28 zu Leistungen für Bildung und Teilhabe. Darüber hinaus sieht § 24 auch Darlehen vor, die in speziellen Situationen zur Sicherung des Lebensunterhaltes oder Beseitigung spezifischer, existenzieller Notlagen gewährt werden können. Hierbei muss im Zweifel darauf abgestellt werden, worauf die Gewährung von Darlehen konkret ausgerichtet ist. Sie kommen z. B. nicht für laufende Bedarfe in Betracht, wenn sie einmalige Bedarfsspitzen decken sollen (vgl. § 24 Abs. 1). Spezielle Leistungen an Auszubildende, die ohne Vorliegen der Rückausnahme nach § 7 Abs. 6 nach § 7 Abs. 5 vom Leistungsbezug ausgeschlossen sind, enthält § 27, insoweit besteht kein Anspruch auf Leistungen für Mehrbedarfe nach § 21 (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 8.4.2021, L 7 AS 260/21 B). Zu Mehrbedarfsleistungen vgl. § 27 Abs. 2 und 3. Danach sind auch Zuschussleistungen möglich. An sich von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossene Auszubildende können die Mehrbedarfsleistungen nach den Abs. 2 bis 3 sowie 5 bis 6 erhalten. Im Prinzip sind durch dieses Vorschriftensystem jedenfalls nach Einfügung von Härtefallklauseln alle denkbaren laufenden und seit dem 1.1.2021 auch einmaligen Bedarfe außerhalb des Regelbedarfs sowie des Bedarfs für Unterkunft und Heizung erfasst. Die Mehrbedarfe sind teilweise prozentual am Regelbedarf und damit pauschal festgelegt, die Anteile sind gegenüber denjenigen nach dem früheren BSHG niedriger. Die Vorschrift stimmt im Ergebnis mit den Leistungsgrundsätzen des § 3 überein, insbesondere verletzt sie nicht § 3 Abs. 3, denn die Mehrbedarfe sind in den dort aufgeführten Leistungen enthalten. Anspruchsberechtigt bei Vorliegen der Voraussetzungen sind alle Leistungsberechtigten nach dem SGB II, also sowohl erwerbsfähige wie nicht erwerbsfähige Personen. Anspruchsgrundlage ist § 19 Abs. 1 Satz 2.

 

Rz. 2a

Fehlt es aufgrund der Berechnung des Regelbedarfs an einer Deckung existenzsichernder Bedarfe, so sind die Regelungen über die gesondert neben dem Regelbedarf zu erbringenden Leistungen verfassungskonform auszulegen (BSG, Urteil v. 8.5.2019, B 14 AS 6/18 R). So steht einem Mehrbedarf nicht entgegen, dass ein Bedarf bei der Ermittlung des Regelbedarfs der Art nach Berücksichtigung gefunden hat (im entschiedenen Verfahren für Schulbücher), wenn dieser Bedarf im Regelbedarf der Höhe nach strukturell unzutreffend erfasst ist, und sei es auch nur für einen Teil der betroffenen leistungsberechtigten Personen (im entschiedenen Verfahren für Schüler, die mangels Lernmittelfreiheit in ihrem Bundesland ihre Schulbücher selbst kaufen müssen). Es muss Sondersituationen Rechnung getragen werden, in denen ein seiner Art oder Höhe nach auftretender Bedarf von der Statistik nicht aussagekräftig erfasst wird und sich der Regelbedarf als unzureichend erweist.

 

Rz. 3

Abs. 1 stellt klar, dass die Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt in den Abs. 2 bis 6 eine abschließende Aufzählung jedenfalls innerhalb des § 21 darstellen. Leistungen nach Abs. 7 bestehen bei dezentraler Warmwassererzeugung neben Leistungen nach § 22. Außerdem verdeutlicht der Gesetzgeber, dass nicht der gesamte Bedarf, der sic...

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