Rz. 2

§ 20 legt als ein Herzstück im SGB II den Umfang der Leistungen für den Regelbedarf fest. Diese Leistung entspricht dem Regelsatz in der Sozialhilfe nach dem SGB XII. Die Leistung für den Regelbedarf hat soziokulturelle Existenzsicherungsfunktion. Referenzsystem ist die Sozialhilfe als ebenfalls bedarfsorientierte und bedürftigkeitsabhängige Fürsorgeleistung. Durch eine in der Vergangenheit zum 1.1.2016 vorgenommene sprachliche Anpassung des Abs. 1 und § 27 a SGB XII soll keine inhaltliche Veränderung verbunden gewesen sein. Die Leistung für den Regelbedarf bildet im Rahmen des Bürgergeldes zusammen mit weiteren Leistungen das "soziokulturelle" Existenzminimum der insoweit als Referenzsystem für alle bedarfsorientierten und bedürftigkeitsabhängigen Fürsorgeleistungen fungierenden Sozialhilfe ab.

Für die Regelbedarfe und damit für die sozialen Mindestsicherungssysteme maßgeblich ist nicht die allgemeine Inflationsrate, sondern der spezielle regelbedarfsrelevante Preisindex nach den detaillierten Ergebnissen der Preisstatistik des Statistischen Bundesamtes (vgl. BT-Drs. 20/1355).

 

Rz. 3

Der Gesetzgeber hat nach Abschluss einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) die Höhe der Regelbedarfe neu zu ermitteln. Dabei hat er die Anforderungen aus der Rechtsprechung des BVerfG (insbesondere Urteil v. 9.2.2010, 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09Beschluss v. 23.7.2014, 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13) umfassend zu beachten. Besondere Beachtung kommt dabei den Vorgaben des BVerfG für die Ermittlung der Verbrauchsausgaben für Mobilität sowie in Bezug auf die den Jugendlichen zugeordneten Verbrauchsausgaben für alkoholische Getränke und Tabakwaren zu. Für den Rechtskreis der Sozialhilfe hatte der Gesetzgeber aufgrund der Rechtsprechung des BSG (Urteile v. 23.7.2014, B 8 SO 12/13 R, 14/13 R und 31/12 R sowie v. 24.3.2015, B 8 SO 5/14 R und 9/14 R) zur Zuordnung der dem Haushalt angehörenden Personen zur Regelbedarfsstufe 1 bei der Abgrenzung der Regelbedarfsstufen für Erwachsene eine Neuregelung der Regelbedarfsstufen für die in Mehrpersonenhaushalten lebenden Erwachsenen vorzunehmen, um aus seiner Sicht ansonsten auftretende Ungleichbehandlungen in den staatlichen Fürsorgesystemen zu vermeiden. Hierzu hat der Gesetzgeber die Regelbedarfsstufen für Erwachsene im Regelbedarfsermittlungsgesetz 2017 (RBEG 2017) zum 1.1.2017 neu abgegrenzt. Diese Abgrenzung ist allerdings nicht auf das SGB II ausgedehnt worden. Kritisiert wird insbesondere, dass Ehe und Lebenspartnerschaft durch das Gesetz benachteiligt würden.

 

Rz. 3a

Bei der Abgrenzung der für die Höhe der Regelbedarfe zu berücksichtigenden Verbrauchsausgaben wurden als Erweiterung durch das RBEG 2021 bei den Kommunikationsausgaben auch die auf die Nutzung von Mobilfunk entfallenden Verbrauchsausgaben berücksichtigt. Ab 2022 unterliegen diese Ausgaben wie die übrigen Bedarfe der Anpassung durch Verordnung. Für 2024 konnten die Feststellungen aus der EVS 2023 noch nicht ausgewertet werden.

 

Rz. 4

Als Anforderungen an ein neues Regelbedarfsermittlungsgesetz haben sich für den Gesetzgeber daraus die Aufgaben einer

  • verfassungskonformen Ermittlung und Ausgestaltung der Regelbedarfe nach dem SGB XII und damit in der Folge für die Bedarfe nach dem SGB II,
  • Berücksichtigung von Bedarfen für Unterkunft und Heizung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für erwachsene Leistungsberechtigte, die im Haushalt ihrer Eltern leben, und
  • Überarbeitung der Vorschriften für die Berücksichtigung von Bedarfen für Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach dem SGB XII (vgl. BT-Drs. 18/9984)

ergeben.

 

Rz. 5

Der Regelbedarf umfasst die im Rahmen der Bedarfe pauschalierbaren Leistungen für den laufenden Bedarf, aber auch zur Deckung von Bedarfen, die nicht laufend, sondern in unregelmäßigen oder größeren Abständen anfallen. Dazu gehören der Bedarf an Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, die Bedarfe des täglichen Lebens und in vertretbarem Umfang Beziehungen zur Umwelt sowie eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft (Abs. 1). Da die Leistung für den Regelbedarf pauschaliert festgelegt worden ist, ist es auch einem Gericht nicht möglich, eine höhere Leistung für den Regelbedarf oder einen sonstigen Zuschlag, etwa wegen eines länger andauernden Leistungsbezuges, zuzusprechen (LSG Hamburg, Urteil v. 19.3.2015, L 4 AS 275/14). Dazu gehören z. B. auch Bedarfe für Skiunterwäsche und Skihandschuhe, die deshalb aus der Leistung für den Regelbedarf zu decken sind (SG Berlin, Beschluss v. 13.1.2015, S 191 AS 115/15 ER). Insgesamt zeigt sich ein System typisierender Betrachtung von Regelbedarfen, die sich in existenzsichernder Höhe aus den regelbedarfsrelevanten durchschnittlichen Verbrauchsausgaben der einbezogenen Haushalte ergeben. Dieses System hat der Gesetzgeber auch bei den Neuregelungen ab 2012 und den RBEG 2017 und 2021 beibehalten. Es bleibt abzuwarten, ob die Bundesregierung der 20. Legislaturperiode systematische Bemessungsänderungen in den Deut...

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