Entscheidungsstichwort (Thema)

sozialgerichtliches Verfahren. Kostenentscheidung. Verschuldenskosten. Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung. subjektives Handlungselement

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen des § 192 SGG bei mehreren, zum Teil voneinander abweichenden medizinischen Gutachten.

 

Orientierungssatz

Die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung iS von § 192 Abs 1 S 1 Nr 2 SGG ist vor allem durch ein subjektives Handlungselement geprägt. Abzustellen ist dabei auf die (objektivierte) Einsichtsfähigkeit eines vernünftigen Verfahrensbeteiligten und damit auf den "Einsichtigen" iS der ständigen Rechtsprechung des BVerfG. Es kommt nicht auf die konkrete subjektive Sicht des erstmalig und mit seinem einzelnen gelagerten Fall betroffenen Beteiligten an. Anders als beim Begriff des "Mutwillens", der bereits nach dem Wortlaut ein subjektives Element enthält, ist der neuen Fassung des § 192 SGG zufolge für den Missbrauch nicht mehr erforderlich, dass der Beteiligte subjektiv weiß, die Rechtsverfolgung sei aussichtslos und erführe nun entgegen besserer Einsicht den Prozess weiter.

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 08.07.2004 wird bezüglich Nr. 1 und Nr. 2 des dortigen Urteilstenors zurückgewiesen.

II. Die Entscheidung des Sozialgerichts Chemnitz über die Verhängung einer Missbrauchsgebühr wird aufgehoben.

III. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Verletztenrente wegen eines Arbeitsunfalls am 07.05.1998.

Die 1947 geborene Klägerin arbeitete als Küchenhilfe beim Studentenwerk C. sie am 07.05.1998 mit dem rechten Fuß am Geschirrwagen hängen blieb, stolperte und mit dem linken Fuß umknickte. Der Arbeitgeber teilte der Beklagten im August 1998 mit, ein Arbeitsunfall sei ihm zwar nicht gemeldet worden, Nachforschungen hätten jedoch ergeben, dass die Klägerin einen Arbeitsunfall erlitten habe. Die Klägerin übe weiterhin ihre Tätigkeit aus.

Am 11.05.1998 stellte sich die Klägerin bei Dr. M1., Praktischer Arzt, mit einer Rhinopharyngitis vor und gab an, sie habe sich an der 5. Zehe links gestoßen. Der Arzt bemerkte dort eine leichte hämatose Schwellung. Für eine neue Fraktur bestand klinisch kein Anhalt. Die Klägerin suchte Dipl.-Med. E1., Fachärztin für Chirurgie/D-Ärztin, am 13.07.1998 mit noch bestehenden Beschwerden im linken Mittelfuß auf. Die Ärztin stellte eine Druckschmerz am 5. Mittelfußknochen links und belastungsabhängige Beschwerden, aber keine Schwellung fest. Sie diagnostizierte eine verheilte Querfraktur des 5. Mittelfußknochens links. Die Klägerin war am 13.07.1998 wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls arbeitsunfähig (Mitteilung der AOK Sachsen vom 17.02.1999).

Da nach Einschätzung von Dipl.-Med. E1. vom 16.02.1999 die verordneten physiotherapeutischen Maßnahmen keine Besserung erbracht hätten, wurde am 06.10.1998 durch die Radiologin Dr. P1. eine Computertomographie (CT) der Fußwurzel sowie des Mittel- und Vorfußbereichs links erstellt, die keinen pathologischen Befund im Bereich der Metatarsale V links und der distalen Fußwurzelknochen zeigte. Es fand sich aber eine alte Fraktur der Basis der Mittelphalanx der 5. Zehe links mit partieller Durchbauung. Am 17.12.1998 und am 22.02.1999 stellte sich die Klägerin bei Dipl.-Med. Z1., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vor, der trotz bestehender Schmerzen und Parästhesien einen unauffälligen neurologischen Befund erhob. Die EMG- und ENG-Untersuchungen zeigten keinen Hinweis auf eine motorische oder sensible Erregungsleitungsstörung des Nervus peronaeus, tibialis und suralis links.

Die am 22.02.1999 bei Dr. H1., Facharzt für Orthopädie, durchgeführte Untersuchung ergab, nachdem die Klägerin ihm mitgeteilt hatte, ihr linkes Sprunggelenk sei am 07.05.1998 verdreht und stark nach außen überdehnt worden, folgenden Befund: “linkes Sprunggelenk: Schwellung Malleolus lat., Druckschmerz Ligamentum fibulo-talare anterior, Druckschmerz Basis MT 5". Die vom linken Sprunggelenk gefertigte Röntgenaufnahme zeigte eine vermehrte Aufklappbarkeit und einen Verdacht auf einen kleinen freien Gelenkkörper. Dr. H1. stellte die Diagnose einer fibulo-talaren Bänderläsion links. In der am 08.03.1999 durchgeführten Operation nähte Dr. H1. die angefrischten Rissränder und entfernte ein intrakapsuläres Lipom sowie ein organisiertes Hämatom. Dipl.-Med. E1. teilte der Beklagten mit, die Diagnose des Orthopäden sei ihr unerklärlich, da während des gesamten Behandlungszeitraums Beschwerden im Bereich des lateralen Mittelfußes aufgetreten seien und über Sprunggelenksbeschwerden gar nicht oder nur in der letzten Zeit im Sinne einer Ausstrahlung vom Fuß her geklagt worden sei.

In ihrer Unfallschilderung gab die Klägerin an, sie habe mit der am 07.05.1998 verletzten kleinen Zehe weiter gearbeitet und den Fuß am 09.05.1998 ihrem Hausarzt, Dr. M1., gezeigt. Der Arzt habe eine starke Prellung der Zehe und...

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