Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs durch Beschluss. Anwendbarkeit der Regelungen über die Wiederaufnahme eines beendeten Verfahrens. abschließende Aufzählung der Ausschlussgründe in § 41 ZPO. keine erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung von § 41 Nr 7 ZPO auf das dem Entschädigungsverfahren zugrunde liegende Gerichtsverfahren. Auslegung eines Rechtsschutzbegehrens. Nichtigkeitsklage. Vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts. Ablehnungsgesuch. Ausschluss von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes. Gegenvorstellung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Regelungen über die Wiederaufnahme eines beendeten Verfahrens in § 179 Abs 1 SGG iVm §§ 579, 580 ZPO sowie in § 179 Abs 2 SGG sind auch auf durch Beschluss beendete Verfahren anzuwenden (vgl Anschluss an BSG vom 23.3.1965 - 11 RA 304/64 = BSGE 23, 30 = SozR Nr 1 zu § 579 ZPO).

2. § 41 Nr 7 ZPO bezieht sich nur auf Entschädigungsverfahren nach §§ 198 bis 201 GVG, nicht aber auf das dem Entschädigungsverfahren zugrunde liegende Gerichtsverfahren.

3. Die Gründe für die Ausschließung vom Richteramt sind in § 41 ZPO abschließend aufgezählt und einer analogen Anwendung auf ähnlich liegende Fälle nicht zugänglich (Anschluss an BSG vom 22.5.1962 - 9 RV 1430/59 = BSGE 17, 66 = SozR Nr 1 zu § 26 SGG = SozR Nr 7 zu § 41 ZPO; BFH vom 12.9.2007 - X B 18/03 = BFH/NV 2008, 102; BVerwG vom 5.1.2010 - 5 B 58/09 = Buchholz 310 § 54 VwGO Nr 72 und BGH vom 18.12.2014 - IX ZB 65/13 = NJW-RR 2015, 444).

 

Normenkette

SGG § 179 Abs. 1, § 60 Abs. 1; ZPO § 579 Abs. 1, § 41 Nr. 7, § 42 Abs. 2

 

Tenor

I. Die Klage der Kläger gegen den Beschluss des Sächsischen Landessozialgerichts vom 27. Februar 2012 (Az. L 3 SF 53/11 AB) wird verworfen.

II. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger wenden sich mit ihrer "Klage" gegen den Beschluss des Sächsischen Landessozialgerichtes vom 27. Februar 2012.

Im Antragsverfahren Az. S 20 AS 5703/10 ER stritten die Beteiligten um die vorläufige Gewährung höherer als bereits bewilligter Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Mit Beschluss vom 8. Oktober 2010 gab das Sozialgericht Dresden dem Begehren der Antragsteller teilweise - geringfügig - statt und lehnte den Antrag im Übrigen - ganz überwiegend - ab. Die von den Antragstellern dagegen am 8. November 2010 (Antragstellerin zu 1) und 17. Januar 2011 (Antragsteller zu 2 und Antragstellerin zu 1) eingelegte Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 16. Februar 2011 (Az. L 3 AS 729/10 B ER) zurück. Die von den Antragstellern gegen die vorgenannten Entscheidungen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofs des Freistaates Sachsen vom 25. August 2011 (Az. Vf.21-IV-11 [HS], Vf.22 IV-11 [e.A.]) verworfen. Auf eine als "Klage" bezeichnete Eingabe vom 30. Mai 2012 wird ein weiteres Verfahren unter dem Az. L 3 AS 267/13 B ER geführt.

Zuvor hatten die Antragsteller mit dem am 21. März 2011 beim Sozialgericht Dresden eingegangenem Schriftsatz beantragt, die Kammervorsitzende "wegen des Verdachtes der Befangenheit" vom Verfahren auszuschließen. In dem dem Sächsischen Landessozialgericht zuständigkeitshalber vorgelegten Verfahren (Az. L 3 SF 53/11 AB) haben die Antragsteller mit Schreiben vom 20. Mai 2011 Ablehnungsgesuche gegen den Richter am Landessozialgericht H., die Richterin am Landessozialgericht A. und den (damaligen) Richter am Landessozialgericht Dr. W. angebracht. Die Gesuche sind mit Beschluss vom 15. Juni 2011 für unbegründet erklärt worden. Die weiteren Ablehnungsgesuche im Schreiben vom 7. Juli 2011 unter anderem gegen den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Dr. Sch., die Richterin am Landessozialgericht A., die Richter am Landessozialgericht H., W. und L. sowie den (damaligen) Richter am Landessozialgericht Dr. W. sind mit Beschluss vom 14. September 2011 verworfen worden. Das Ablehnungsgesuch gegen die Kammervorsitzende ist sodann mit Beschluss vom 27. Februar 2012 verworfen worden.

Gegen den zuletzt genannten Senatsbeschluss haben die vormaligen Antragsteller und jetzigen Kläger mit Schreiben vom 11. Juni 2013, eingegangen am 17. Juni 2013, "Klage" erhoben. Der Senat sei nicht vorschriftsgemäß besetzt gewesen. Der Richter am Landessozialgericht H. und die Richterin am Landessozialgericht A. seien kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen gewesen. Das Ablehnungsgesuch gegen die Kammervorsitzende sei zulässig und begründet gewesen. Die Richter des erkennenden Senates hätten das Recht gebeugt.

Die Kläger haben, soweit es die Zuständigkeit des erkennenden Senates betrifft, folgenden Hauptantrag gestellt:

"Der Beschluss des Landessozialgerichtes Chemnitz vom 27. Februar 2012 wird aufgehoben und die Sache an einen anderen Spruchkörper des Gerichtes übertragen."

Der Antragsgegner aus den Verfahren Az. S 20 AS 5703/...

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