Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulassung der Berufung wegen Divergenz bzw. grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Aufwendungen für eine mehrtägige Klassenfahrt. Auslegung schulrechtlicher Regelungen des Landes. Nichzulassungsbeschwerde. Klärungsbedürftige Rechtsfrage. Verfahrensmangel

 

Orientierungssatz

1. Der Zulassungsgrund der Divergenz nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt nur dann vor, wenn das Urteil des Sozialgerichts entscheidungstragend auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der von dem zur gleichen Rechtsfrage aufgestellten Rechtssatz in einer Entscheidung eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht. Dabei ist erforderlich, dass das Sozialgericht bewusst von einer solchen höhergerichtlichen Entscheidung abgewichen ist und nicht etwa nur fehlerhaft das Recht angewendet hat.

2. Zur Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG ist u. a. die abstrakte Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage erforderlich. Dazu ist die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und die Klärungsfähigkeit notwendig; d. h. es muss die Rechtserheblichkeit der Rechtsfrage hinzutreten.

3. Ob ein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für eine mehrtägige Klassenfahrt gegenüber dem Grundsicherungsträger nach § 28 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB 2 besteht, ist durch das im jeweiligen Bundesland geltende Schulrecht geklärt. Damit liegt insoweit eine noch klärungsbedürftige Rechtsfrage nicht vor.

4. Bei der Frage, ob es sich bei einem Schüleraustausch mit einer Schule im Ausland um eine verbindliche Veranstaltung der Schule handelt, so ist dies durch eine Subsumtion des konkreten Sachverhalts unter die einschlägigen Regelungen im SGB 2 und die jeweils maßgeblichen schulrechtlichen Vorschriften zu beantworten.

 

Normenkette

SGB II § 28 Abs. 2 S. 1 Nr. 2; SGG § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 145 Abs. 1

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Beschwerdeverfahren zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Beklagte begehrt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23. Mai 2013.

Die 1995 geborene Klägerin, die zusammen mit ihren Eltern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) bezog, besuchte im Schuljahr 2012/2013 eine staatlich anerkannte Ersatzschule. In dem vom Schulgemeinderat beschlossenen Fahrtenkonzept sind zum einen für die Grundschule, die Mittelschule und das Gymnasium bestimmte Veranstaltungen, gegliedert nach Jahrgangsstufen, vorgesehen. Zum anderen enthält das Konzept "zusätzliche Angebote" wie zum Beispiel Hortfahrt (Jahrgangsstufen 1 bis 4), Bläserfreizeit (Jahrgangsstufen 5 bis 12) oder Schüleraustausche mit Frankreich, England, Israel, Russland und Schweden.

Am 23. Juli 2012 stellte die Klägerin einen Antrag auf Übernahme der Kosten für einen Schüleraustausch mit einer Schule in Israel. Der Schüleraustausch dauerte vom 4. bis zum 14. September 2012. An ihm nahmen aus der Schule der Klägerin 10 Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 11 teil, die durch Los bestimmt wurden. Die Kosten betrugen je Teilnehmer insgesamt 500,00 EUR. Für die Klägerin wurden sie von ihren Eltern vorfinanziert.

Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 20. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2012 ab.

Auf die Klage der Klägerin hat das Sozialgericht den Beklagten mit Urteil vom 23. Mai 2013 verurteilt, der Klägerin die 500,00 EUR für den Schüleraustausch zu zahlen. Es hat sich auf das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 22. November 2011 (Az. B 4 AS 204/10 R) bezogen und die Auffassung vertreten, dass sich der Schüleraustausch im Rahmen der schulrechtlichen Regelungen des Freistaates Sachsen gehalten und den bundesrechtlichen Rahmen nicht überschritten habe. Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen.

Der Beklagte hat gegen das ihm am 29. Mai 2013 zugestellte Urteil am 27. Juni 2013 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt, jedoch keinen bestimmten Antrag gestellt. Er vertritt die Auffassung, dass das Sozialgericht von dem bereits zitierten Urteil des Bundessozialgerichtes vom 22. November 2011 abgewichen sei. Denn die Verbindlichkeit einer Schulfahrt sei Voraussetzung dafür, dass eine schulisch veranstaltete Fahrt als Schulfahrt im schulrechtlichen Sinne zu bestimmen sei und deren Kosten erstattungsfähig seien. Zudem weiche der vorliegende Fall von dem ab, über den das Bundessozialgericht entscheiden habe.

Die Klägerin hat im Beschwerdeverfahren keine Stellungnahme abgegeben.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde gemäß § 145 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil ...

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