1 Präambel

Infolge von Artikel 2 des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes (GVWG)[1] können Pflegefachkräfte gemäß § 40 Absatz 6 SGB XI im Rahmen ihrer Leistungserbringung bei häuslicher Pflege nach § 36 SGB XI, bei häuslicher Krankenpflege nach § 37 SGB V, bei außerklinischer Intensivpflege nach § 37c SGB V sowie bei den Beratungseinsätzen nach § 37 Absatz 3 SGB XI konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Ziel der Neuregelung ist, dass Pflegebedürftige zügig für sie geeignete Pflegehilfsmittel oder Hilfsmittel erhalten, da die Pflegefachkräfte die häusliche Pflegesituation gut kennen. Ausweislich der Gesetzesbegründung zum GVWG beziehen sich solche Empfehlungen ausschließlich auf Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel, die den Zielen nach § 40 Absatz 1 Satz 1 SGB XI dienen. Im Fall einer solchen Empfehlung wird die Erforderlichkeit bzw. Notwendigkeit der Versorgung mit dem empfohlenen Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel vermutet, wenn die Pflegefachkraft über eine für diese Entscheidung gebotene Eignung verfügt.

Die Vermutung ersetzt nicht die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Versorgung. Eine weitergehende fachliche Überprüfung der Erforderlichkeit bzw. Notwendigkeit durch die Kranken- bzw. Pflegekasse wird demgegenüber nicht mehr durchgeführt, es sei denn, diese stellt die offensichtliche Unrichtigkeit der Empfehlung durch die Pflegefachkraft fest.

Vor diesem Hintergrund legt der GKV-Spitzenverband gemäß § 40 Absatz 6 Satz 6 und 7 SGB XI in den nachfolgenden Richtlinien fest, in welchen Fällen welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel durch Pflegefachkräfte empfohlen werden können und somit die Erforderlichkeit bzw. Notwendigkeit der Versorgung vermutet wird; dabei ist auch festzulegen, welche Eignungsvoraussetzungen die empfehlende Pflegefachkraft erfüllen muss und welches Verfahren bei der Antragstellung durch die bzw. den Pflegebedürftigen einzuhalten ist. Die Bundespflegekammer und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene wurden gemäß § 40 Absatz 6 Satz 8 SGB XI an den Richtlinien beteiligt.

Der GKV-Spitzenverband hat dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 1. Januar 2025 einen Evaluationsbericht über die in den Richtlinien enthaltenen Festlegungen und zu den Verfahren aus fachlicher wie wirtschaftlicher Sicht vorzulegen.

[1] Siehe Gesetz vom 11.07.2021 (BGBl. I S. 2754); Geltung ab 20.07.2021.

2 Empfehlungsbefugnis für Pflegefachkräfte

Der GKV-Spitzenverband hat in den zugrundeliegenden Richtlinien festzulegen, welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel in welchen Fällen von Pflegefachkräften[1] im Rahmen ihrer Leistungserbringung zur Versorgung der Pflegebedürftigen empfohlen werden können. Einer ärztlichen Verordnung gemäß § 33 Absatz 5a SGB V bedarf es bei Vorliegen einer Empfehlung der Pflegefachkraft nicht (vgl. § 40 Absatz 6 Satz 4 und 6 SGB XI).

[1] Personen mit einer Berufserlaubnis nach § 1 PflBG (im Folgenden als Pflegefachkraft bezeichnet)

2.1 Sachlicher Geltungsbereich – Leistungsbereiche und Leistungsorte

Gemäß § 40 Absatz 6 Satz 1 SGB XI können Pflegefachkräfte im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach § 36 SGB XI und nach den §§ 37 und 37c SGB V sowie bei Beratungseinsätzen nach § 37 Absatz 3 SGB XI konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- bzw. Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Die Regelungen zur Empfehlung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln durch Pflegefachkräfte und die Vermutung der Erforderlichkeit bzw. Notwendigkeit der Versorgung können ausschließlich im Zusammenhang mit der Erbringung der folgenden Leistungen angewendet werden:

§ 36 SGB XI Pflegesachleistung (häusliche Pflegehilfe)
§ 37 Absatz 3 SGB XI Beratung von Pflegebedürftigen in der eigenen Häuslichkeit
§ 37 SGB V Häusliche Krankenpflege
§ 37c SGB V Außerklinische Intensivpflege.

Nach der Gesetzessystematik gilt dies allein für die häusliche Pflege und nicht für stationäre Leistungen.

2.1.1 Pflegesachleistung (häusliche Pflegehilfe)

Häusliche Pflegehilfe wird in der Regel im eigenen Haushalt der oder des jeweiligen Pflegebedürftigen erbracht oder, wenn Pflegebedürftige nicht im eigenen Haushalt gepflegt werden, in dem privaten Lebensbereich eines anderen Haushalts. Häusliche Pflegehilfe kommt nicht in Betracht, wenn Pflegebedürftige in einer stationären Pflegeeinrichtung oder in einer Einrichtung oder in Räumlichkeiten i. S. d. § 71 Absatz 4 SGB XI gepflegt werden (vgl. § 36 Absatz 4 SGB XI).

Häusliche Pflegehilfe wird durch geeignete Pflegekräfte erbracht, die entweder von der Pflegekasse oder bei ambulanten Pflegeeinrichtungen, mit denen die Pflegekasse einen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat, angestellt sind. Auch durch Einzelpersonen, mit denen die Pflegekasse einen Vertrag nach § 77 Absatz 1 SGB XI abgeschlossen hat, kann häusliche Pflegehilfe als Sachleistung erbracht werden (vgl. § 36 Absatz 4 Satz 2 und 3 SGB XI).

2.1.2 Beratung von Pflegebedürftigen in der eigenen Häuslichkeit

Pflegebedürftige, die Pflegegeld beziehen, haben gemäß § 37 Absatz 3 Satz 1 SGB XI eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit abzurufen. Darüber hinaus haben Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 Anspruch, halbjährlich einmal einen Beratungsbesuch abzurufen. Beziehen Pflegebedürftige von einem ambulanten Pflegedienst Pfleges...

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