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Die SAPV-Richtlinie tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.[1]

[1] verkündet am 11. März 2008.

§ 1 Grundlagen und Ziele

 

(1) 1Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) gemäß § 37b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) dient dem Ziel, die Lebensqualität und die Selbstbestimmung schwerstkranker Menschen zu erhalten, zu fördern und zu verbessern und ihnen ein menschenwürdiges Leben bis zum Tod in ihrer vertrauten häuslichen oder familiären Umgebung unter Einbindung der Angehörigen und Zugehörigen zu ermöglichen. 2Im Vordergrund steht anstelle eines kurativen Ansatzes die palliativmedizinische und palliativpflegerische Zielsetzung, Symptome und Leiden einzelfallgerecht zu lindern.

 

(2) 1SAPV kann im Haushalt des schwerstkranken Menschen oder seiner Familie oder in stationären Pflegeeinrichtungen (§ 72 Absatz 1 des Elften Buches SozialgesetzbuchSGB XI) erbracht werden. 2Darüber hinaus kann SAPV auch erbracht werden

  • in Einrichtungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen im Sinne von § 55 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) und der Kinder- und Jugendhilfe im Sinne von § 34 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII),
  • an weiteren Orten, an denen

    • sich der schwerstkranke Mensch in vertrauter häuslicher oder familiärer Umgebung dauerhaft aufhält und
    • diese Versorgung zuverlässig erbracht werden kann

wenn und soweit nicht andere Leistungsträger zur Leistung verpflichtet sind.

 

(3) In stationären Hospizen besteht ein Anspruch auf die Teilleistung der erforderlichen ärztlichen Versorgung im Rahmen der SAPV, wenn die ärztliche Versorgung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung aufgrund des besonders aufwändigen Versorgungsbedarfs (siehe § 4) nicht ausreicht.

 

(4) Den besonderen Belangen von Kindern und Jugendlichen ist Rechnung zu tragen.

 

(5) 1Die individuellen Bedürfnisse und Wünsche der oder des Versicherten sowie die Belange ihrer oder seiner Angehörigen und Zugehörigen stehen im Mittelpunkt der Versorgung. 2Der Patientenwille, der auch durch Patientenverfügungen zum Ausdruck kommen kann, ist zu beachten.

 

(6) 1Die SAPV ergänzt das bestehende Versorgungsangebot, insbesondere das der Vertragsärzte, Krankenhäuser und Pflegedienste. 2Sie kann als alleinige Beratungsleistung, additiv unterstützende Teilversorgung oder vollständige Patientenbetreuung erbracht werden. 3Andere Sozialleistungsansprüche bleiben unberührt.

§ 2 Anspruchsvoraussetzungen

Versicherte haben Anspruch auf SAPV, wenn

  • sie an einer nicht heilbaren, fortschreitenden und so weit fortgeschrittenen Erkrankung leiden, dass dadurch ihre Lebenserwartung begrenzt ist (§ 3) und
  • sie unter Berücksichtigung der in § 1 genannten Ziele eine besonders aufwändige Versorgung (§ 4) benötigen, die nach den palliativmedizinischen und palliativpflegerischen Erfordernissen auch ambulant oder an den in § 1 Absatz 2 und 3 genannten Orten erbracht werden kann.

§ 3 Anforderungen an die Erkrankungen

 

(1) Eine Erkrankung ist nicht heilbar, wenn nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Behandlungsmaßnahmen nicht zur Beseitigung dieser Erkrankung führen können.

 

(2) Sie ist fortschreitend, wenn ihr Verlauf trotz medizinischer Maßnahmen nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse nicht nachhaltig aufgehalten werden kann.

 

(3) 1Eine Erkrankung ist weit fortgeschritten, wenn die Verbesserung von Symptomatik und Lebensqualität sowie die psychosoziale Begleitung im Vordergrund der Versorgung stehen und nach begründeter Einschätzung der verordnenden Ärztin oder des verordnenden Arztes die Lebenserwartung auf Tage, Wochen oder Monate gesunken ist. 2Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen sind die Voraussetzungen für die SAPV als Krisenintervention auch bei einer länger prognostizierten Lebenserwartung erfüllt.

§ 4 Besonders aufwändige Versorgung

1Bedarf nach einer besonders aufwändigen Versorgung besteht, soweit die anderweitigen ambulanten Versorgungsformen sowie ggf. die Leistungen des ambulanten Hospizdienstes nicht oder nur unter besonderer Koordination ausreichen würden, um die Ziele nach § 1 Absatz 1 zu erreichen. 2Anhaltspunkt dafür ist das Vorliegen eines komplexen Symptomgeschehens, dessen Behandlung spezifische palliativmedizinische und/oder palliativpflegerische Kenntnisse und Erfahrungen sowie ein interdisziplinär, insbesondere zwischen Ärzten und Pflegekräften in besonderem Maße abgestimmtes Konzept voraussetzt. 3Ein Symptomgeschehen ist in der Regel komplex, wenn mindestens eines der nachstehenden Kriterien erfüllt ist:

  • ausgeprägte Schmerzsymptomatik
  • ausgeprägte neurologische/psychiatrische/psychische Symptomatik
  • ausgeprägte respiratorische/kardiale Symptomatik
  • ausgeprägte gastrointestinale Symptomatik
  • ausgeprägte ulzerierende/exulzerierende Wunden oder Tumore
  • ausgeprägte urogenitale Symptomatik

§ 5 Inhalt und Umfang der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung

 

(1) 1Die SAPV umfasst je nach Bedarf alle Leistungen der ambulanten Krankenbehandlung soweit diese erforderlich sind, um die in § 1 Absatz 1 genannten Ziele zu erreichen. 2Sie umfasst zusätzlich die im Einzelfall erforderliche Koordination der diagnostischen, therapeutischen und pflegerischen Teille...

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