Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. vermögenswertes Recht. Mitgliedschaft in einem Verband. Anspruch auf kostenlosen Rechtsschutz. Eigenbeteiligung

 

Leitsatz (amtlich)

Ist ein Beteiligter Mitglied eines Verbandes, so ist er gehalten, seine satzungsmäßigen Rechte auf kostenlose Prozessvertretung, die als vermögenswerte Rechte anzusehen sind, auszuschöpfen. Obgleich der Verband Rechtsschutz im Berufungsverfahren lediglich gegen Zahlung einer Eigenbeteiligung gewährt, steht diese kostengünstige Rechtsschutzmöglichkeit der Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Beauftragung eines Rechtsanwaltes vorliegend entgegen. Auf eine vermögenswerte Position kann nicht nach Belieben verzichtet werden, um einen vermeintlich besseren Rechtsschutz zu erreichen, wenn Rechtsschutz bereits besteht.

 

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist im Hauptsacheverfahren ein Anspruch des Klägers auf Bewilligung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) streitig.

Nach Anhörung der Beteiligten und dem Einverständnis des sich im Klageverfahren selbst vertretenden Klägers hat das Sozialgericht Magdeburg mit Gerichtsbescheid vom 17. Oktober 2012 die Klage abgewiesen.

Gegen den ihm am 24. Oktober 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger über seinen damaligen Prozessbevollmächtigten, den Sozialverband Deutschland (SoVD), am 14. November 2012 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt unter Beifügung einer unter dem 13. November 2012 unterschriebenen Vollmacht eingelegt. Nach Einsichtnahme in die Verwaltungs- und Gerichtsakten hat der SoVD mit Schreiben vom 1. Juli 2013 die Berufung begründet und am 2. August 2013 den vom Kläger ausgefüllten Fragebogen, die von diesem unterschriebene Schweigepflichtentbindungserklärung sowie weitere medizinische Unterlagen zu den Akten gereicht.

Mit Schreiben des Senats vom 9. Oktober 2013 sind die von ihm eingeholten acht Befundberichte dem SoVD zunächst zur Kenntnisnahme und der Beklagten zur Stellungnahme übersandt worden. Der SoVD hat unter 8. November 2013 ein Schreiben des Klägers vom 28. Oktober 2013 vorgelegt, in welchem dieser seinen Gesundheitszustand unter Beifügung diverser medizinischer Unterlagen beschreibt.

Am 5. Dezember 2013 hat der jetzige Prozessbevollmächtigte, Rechtsanwalt V., die anwaltliche Vertretung des Klägers unter Vorlage einer von diesem unter dem 4. Dezember 2013 unterschriebenen Vollmacht angezeigt. Noch am 5. Dezember 2013 hat der SoVD nach Kenntnis dieses ihm per Telefax durch den Senat übersandten Schreibens mitgeteilt, nach telefonischer Rücksprache mit dem Kläger und unter Berücksichtigung der Vertretungsanzeige durch Rechtsanwalt V. die Vertretung im Berufungsverfahren niederzulegen.

Der Kläger hat am 20. Dezember 2013 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren unter Beifügung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beantragt. Der Wechsel zu einem Anwalt sei begründet gewesen, weil der SoVD trotz wiederholter Bitten ein persönliches Gespräch abgelehnt habe; das Berufungsverfahren sei nach dessen Ansicht ausschließlich aufgrund der Aktenlage zu führen. Als er die Absicht geäußert habe, eine zweite Meinung einzuholen, habe nicht er, sondern der SoVD das Mandat niedergelegt. Ferner sei er vom SoVD nicht darüber aufgeklärt worden, dass er auf der Grundlage von Prozesskostenhilfe eine kostenlose Prozessvertretung ohne Mitgliedschaft beim SoVD und damit ohne finanzielle Verpflichtung im Hinblick auf den monatlichen Mitgliedsbeitrag in Höhe von 5,00 EUR sowie den einmaligen Unkostenbeitrag für ein Berufungsverfahren in Höhe von 120,00 EUR hätte erreichen können. Eine Art der ungesetzlichen Mitgliederwerbung sei praktiziert worden. Der SoVD hat mit Schreiben vom 1. April 2014 bestritten, eine Besprechung mit dem Kläger abgelehnt zu haben. Es entspreche weder den Gepflogenheiten noch ihren Vorstellungen einer ordentlichen Prozessvertretung, Berufungsverfahren ausschließlich aufgrund der Aktenlage zu führen. Der persönliche Kontakt komme jedoch nur zustande, wenn der Kläger von der Möglichkeit der Verabredung eines entsprechenden Termins Gebrauch mache. Die Niederlegung des Mandats sei nach Kenntnis von der Doppelvertretung des Klägers, welche nach den Verbandsstatuten unzulässig sei, erfolgt. Eine Kündigung der Mitgliedschaft durch den Kläger sei bislang nicht erfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, welche sämtlich Gegenstand der Entscheidung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.

II.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die beantragte Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit den §§ 11...

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