Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Schülerunfall. sachlicher Zusammenhang. Schulveranstaltung. organisatorischer Verantwortungsbereich der Schule. Teilnehmerkreis. fakultative Teilnahme. Aufenthalt vor dem Veranstaltungsraum. Rockparty der Schülervertretung. Gesamtbild der Veranstaltung. Hausrecht. Beaufsichtigende Lehrer. Private Verrichtung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für den Unfallversicherungsschutz einer in der Schule veranstalteten Rockparty ist ausreichend, dass die Veranstaltung zumindest unter organisatorischer Mitverantwortung der Schulleitung stattfindet. Dieser organisatorische Verantwortungsbereich erfordert einen unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zur Schule und ausreichende tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten der Schulleitung auf die Vorbereitung und die Durchführung der Veranstaltung. Hieran fehlt es, wenn wirksame schulische Aufsichtsmaßnahmen nicht mehr gewährleistet sind (vgl BSG vom 30.6.2009 - B 2 U 19/08 R = SozR 4-2700 § 2 Nr 13 RdNr 24ff mwN; vgl BSG vom 18.4.2000 - B 2 U 5/99 R = SozR 3-2200 § 539 Nr 49 S 214).

2. Dem Unfallversicherungsschutz steht nicht entgegen, dass der Teilnehmerkreis der Veranstaltung nicht auf Schüler der betreffenden Schule beschränkt ist, solange die Schüler und insbesondere auch deren Eltern (oder sonstigen Erziehungsberechtigten) nach dem Gesamtbild der Veranstaltung unter Berücksichtigung von Planung, Ankündigung und Durchführung zweifelsfrei davon ausgehen können, dass es sich um eine Veranstaltung der Schule handelt, bei der die teilnehmenden Schüler auch ordnungsgemäß beaufsichtigt werden.

3. Auch der Aufenthalt vor dem Veranstaltungsraum zur Führung einer Unterhaltung gehört bei einer Rockparty zu den versicherten Verrichtungen.

 

Normenkette

SGB VII § 2 Abs. 1 Nr. 8 b)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 15.2.2013 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Unfall der Klägerin vom 17.3.2006 als Schulunfall unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.

Die am 1990 geborene Klägerin war zum Unfallzeitpunkt Schülerin der Klassenstufe 10 des C -Gymnasiums in W (dessen Schulträger nach § 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SchulG der Beigeladene ist). Am Unfalltag besuchte sie die im Atrium der Schule veranstaltete "Frühlings Rockparty". Es handelt sich hierbei um ein Veranstaltungsformat, das im C -Gymnasium bereits seit Jahrzehnten einmal jährlich umgesetzt wird. Es treten eine oder mehrere Bands (ggf. auch Schülerbands als Vorgruppe) auf und es werden auch alkoholische Getränke ausgeschenkt. Das Veranstaltungsformat richtet sich - ohne dass eine Verpflichtung zur Teilnahme bestehen würde - vor allem an die Schüler der 9. und 10. Klassenstufen des C -Gymnasiums und der anderen Schulen in W ; der Zugang steht darüber hinaus aber jedermann offen. Zu den konkreten Veranstaltungen wird von der Schulleitung die Zustimmung des Elternbeirats eingeholt, nicht jedoch eine Einverständniserklärung der jeweiligen Eltern zur Teilnahme ihrer Kinder an der Party. Der Schulleiter, Herr OStD P L, hat den Sinn der Veranstaltung in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 15.2.2013 als Förderung der Schulgemeinschaft beschrieben; die Jugendlichen sollten durch Bands etwa auch für Musik begeistert werden. Entsprechende Veranstaltungen gebe es auch für jüngere Schüler, etwa die Nikolausparty. Der Erlös floss in die - unter der Aufsicht der Schulleitung stehende - Kasse der Schülervertretung; mit den vereinnahmten Geldern wurden auf Vorschlag der Schülervertretung in Abstimmung mit der Schulleitung etwa der Schulhof und eine Medienecke gestaltet, oder Tischtennisplatten und Spielgeräte angeschafft.

Im Jahr 2006 wurde die Veranstaltung - wie in den Jahren zuvor - auf Flugblättern und Plakaten beworben; Angaben zum Veranstalter erfolgten darauf nicht. Als Eintrittspreis wurde pro Person EUR 5 erhoben. In die Vorbereitung und Organisation war die Schulleitung (im Jahr 2006 Herr OStD P L ) insoweit eingebunden, als der Termin und der Ablauf der Veranstaltung mit ihr abgestimmt wurden. Die Schulleitung beantragte - um den Ausschank alkoholischer Getränke zu ermöglichen - die Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs nach § 12 Abs. 1 GastG. Im Antrag vom 9.3.2006 wurden die Veranstaltung als "Veranstaltung der Schülervertretung" und als Antragsteller sowohl der Schulleiter OStD P L, als auch ein Mitglied der Schülervertretung (E. S ) benannt; unter "Erreichbarkeit Antragsteller" wurde die Handy-Nummer des Hausmeisters der Schule angegeben. Als Zeitraum wurde 20:00 bis 2:30 Uhr am 17./18.3.2006 angegeben. Die Getränkeausgabe erfolgte durch Schüler des C -Gymnasiums. Die Aufsicht in der Veranstaltung (insbesondere über den Alkoholkonsum) erfolgte - neben dem Schulleiter - durch vier Lehrer des C -Gymnasiums, die sich hierzu in ihrer Freizeit (d....

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