Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Sonderbedarf. Erstausstattung einer Wohnung nach Trennung. Waschmaschine. Erstausstattung für die Wohnung. Erhaltungs- und Ergänzungsbedarf

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Begriff “Erstausstattung” in § 23 Abs. 3 SGB II ist nicht zeitlich (den erstmaligen Einzug in eine Wohnung betreffend) zu verstehen, sondern bedarfsbezogen.

2. Eine “Erstausstattung” i.S.v. § 23 Abs. 3 SGB II kommt auch in Betracht, wenn der Hilfebedürftige keine “Vollausstattung” der Wohnung beansprucht, sondern nur einzelne Teile oder Geräte.

 

Orientierungssatz

1. Im Rahmen der Erstausstattung einer Wohnung gem § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB 2 besteht regelmäßig auch Anspruch auf die Ausstattung mit einer Waschmaschine.

2. Das Tatbestandsmerkmal "Erstausstattung der Wohnung" in § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB 2 ist nicht zeitlich, sondern bedarfsbezogen zu verstehen.

3. Ein Anspruch auf Erstausstattung iS des § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB 2 kommt insbesondere auch dann in Betracht, wenn ein Haushaltsgegenstand (hier: Waschmaschine) nach erfolgter Trennung im Haushalt des nunmehr getrennt lebenden Partners verbleibt und infolge der Trennung die neue Wohnung des anderen Partners ausgestattet werden muss.

4. Der Begriff der "Erstausstattung" in § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB 2 umfasst auch die Teilausstattung einer Wohnung; sie ist nicht auf eine Vollausstattung beschränkt.

 

Normenkette

SGB II § 2 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 23 Abs. 3

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 19.09.2008; Aktenzeichen B 14 AS 64/07 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 19.10.2006 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen für die Anschaffung einer Waschmaschine unter dem Gesichtspunkt der Erstausstattung der Wohnung hat.

Der 1947 geborene Kläger bezieht seit dem 01.01.2005 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Zunächst lebte er in einer Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau, seiner 1988 geborenen Tochter N und dem 1989 geborenen Sohn H. Zum 01.05.2005 mietete er mit seiner Tochter N laut Mietvertrag vom 18.04.2005 eine Zweizimmerwohnung in E an. Die Beklagte bewilligte in der Folge Kosten der Unterkunft und Heizung sowie Regelleistungen. Außerdem erhielt der einkommens- und vermögenslose Kläger einen Mehrbedarfszuschlag für Alleinerziehende. Mit Schreiben vom 10.05.2005 und 23.08.2005 beantragte der Kläger Leistungen der Erstausstattung für eine Waschmaschine. Mit Bescheid vom 06.09.2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes umfasse insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Könne im Einzelfall ein von der Regelleistung umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, könne dem Hilfebedürftigen nach § 23 Abs. 1 SGB II bei entsprechendem Nachweis der Bedarf als Sach- oder Geldleistung in Form eines Darlehens gewährt werden. Der Kläger sei aber in der Lage, die beantragte Sonderleistung aus eigenen Kräften und Mitteln in vollem Umfang zu decken. Es bestehe auch kein unabweisbarer Bedarf; es sei dem Kläger vielmehr zuzumuten, für eine Waschmaschine Ansparungen zu treffen und vorübergehend die Wäsche in einem Waschsalon zu waschen.

Zur Begründung seines hiergegen gerichteten Widerspruchs vom 21.09.2005 trug der Kläger vor, er könne keine Rücklagen bilden, wenn er mindestens viermal in der Woche in einen Waschsalon gehen müsse.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.09.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte nunmehr ergänzend aus, ein Anspruch auf Erstausstattung setze die erstmalige Gründung eines Hausstandes voraus wie etwa bei erstmaliger Anmietung einer Wohnung nach Verlassen des Elternhauses, nach Haftentlassung, nach der Aufgabe des Wohnsitzes im Ausland und beim Auszug aus einem Übergangswohnheim. Anspruchsberechtigt seien nicht automatisch getrennt lebende Leistungsberechtigte, die die eheliche Wohnung ohne Mitnahme von Hausrat verlassen hätten. Diese hätten nach § 6 der Hausratsverordnung einen Anspruch auf Zuteilung von gemeinsam gehörendem Hausrat. Anstelle der Erstausstattungsbeihilfe würden dann Transportkosten nach § 22 SGB II übernommen. Erst wenn (zivilgerichtlich) ein Anspruch auf Zuteilung versagt werde, könne eine Erstausstattungsbeihilfe gewährt werden. Ein Anspruch auf Ersatzbeschaffung bestehe nicht. Unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse sei der Kläger in der Lage, die beantragte Leistung in vollem Umfang zu decken.

Zur Begründung seiner hiergegen am 21.10.2005 beim Sozialgericht Dortmund erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, seine Frau habe die Waschmaschine mitgenommen, weil sie ihr gehöre. Ansparungen seien nicht...

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