Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. im Alleineigentum stehendes selbst genutztes Hausgrundstück. unangemessene Größe. Verwertbarkeit

 

Orientierungssatz

1. Leistungen der Grundsicherung sind mangels bestehender Hilfebedürftigkeit ua dann nicht zu gewähren, wenn der Antragsteller mit dem in seinem Eigentum stehenden Hausgrundstück über verwertbares Vermögen verfügt, das den ihm zustehenden Freibetrag übersteigt.

2. Übersteigt die Gesamtwohnfläche des selbstgenutzten Hauses die für zwei Personen maßgebliche maximale Fläche von 90 qm, so ist das im Alleineigentum des Antragstellers stehende Hausgrundstück unangemessen iS von § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB 2.

3. Das Hausgrundstück ist bei bestehender Marktgängigkeit verwertbar iS von § 12 Abs 1 SGB 2. Die Verwertung kann durch Vermietung oder durch Beleihung erfolgen.

4. Übersteigt das mit dem Hausgrundstück zur Verfügung stehende Vermögen den dem Hilfebedürftigen nach § 65 Abs 5 SGB 2 zustehenden Freibetrag, so ist mangels bestehender Hilfebedürftigkeit des Antragstellers ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung ausgeschlossen (vgl BSG vom 12.7.2012 - B 14 AS 158/11 R = SozR 4-4200 § 12 Nr 20).

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 06.10.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 30.07.2007 bis 28.02.2012.

Der am 00.00.1947 geborene Kläger beantragte am 30.07.2007 nach Bezug von Arbeitslosengeld erstmals Leistungen nach dem SGB II. Bei Antragstellung gab er zu seinen Vermögensverhältnissen folgendes an:

- Alleineigentum eines Zweifamilienhauses, das er im Jahr 1986 zu einem Kaufpreis von 265.000 DM erworben habe. Die Erdgeschosswohnung von 68 qm bewohne er selbst. Die Dachgeschosswohnung von 74 qm werde von seinem Sohn U und dessen Lebensgefährtin mietfrei bewohnt. Auf dem Haus seien keine Belastungen eingetragen.

- Sparbücher: 2.916,00 Euro und 5.307 Euro

- Sparvertrag: 5.397 Euro

- Tagesgeldkonto: 10.099 Euro

- zwei Pensionsversicherungen: 1.526 Euro

Auf Nachfrage gab der Kläger an, dass eine schriftliche Vereinbarung bezüglich des Erbes seiner verstorbenen Ehefrau im Jahr 1980 nicht vorliege, sein Sohn U mietfrei in dem Haus wohne, da sich dieser die Wohnung sonst nicht leisten könne. 1977 habe der Kläger mit seiner Ehefrau einen Bausparvertrag geschlossen, dieser sei im Jahr 1982 auf ihn umgeschrieben worden. Es habe ein Guthaben von 37.875,94 DM bestanden.

Mit Bescheid vom 05.11.2007 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Leistungen nach dem SGB II ab. Es liege keine Hilfebedürftigkeit vor, da der Kläger über Vermögen in Höhe von 95.000 Euro verfüge. Dies übersteige den Grundfreibetrag von 31.200 Euro. Zur Erläuterung führte der Beklagte aus, dass das Haus abbezahlt sei und mit einer Gesamtwohnfläche von 142 qm für eine Einzelperson unangemessen groß sei. Eine Verwertung könne durch eigentumsrechtliche Abtrennung der eigenständigen Wohneinheit vorrangig durch Verkauf oder Beleihung erfolgen. Alternativ könne eine angemessene Miete verlangt werden. Eine besondere Härte ergebe sich aus den besonderen Lebensumständen als auch aus der Herkunft des Vermögens nicht.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 01.12.2007 Widerspruch ein. Seine aktuelle wirtschaftliche Situation sei durch fehlendes Einkommen und durch einen absehbar niedrigen Rentenbezug geprägt. Die Aufnahme eines Darlehens würde den Weg in die Schuldenfalle eröffnen. Zudem habe der Beklagte allein schematisch nach der Wohnfläche geprüft, ob geschütztes Eigentum zu verwerten sei. Dies widerspreche der Entscheidung des BSG vom 07.11.2006, B 7b AS 2/05 R, wonach die Angemessenheit nicht allein auf die Wohnungsgröße beschränkt werden könne. Zudem habe das Sozialgericht Koblenz mit Urteil vom 03.05.2007, S 11 AS 187/06, für die Angemessenheit darauf abgestellt, wie die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende seien. Diese Rechtsprechung sei auf seinen Fall übertragbar. So liege der Verkehrswert seines Hauses mit 95.000 Euro deutlich unter der vom Sozialgericht Koblenz genannten Grenze von 250.000 Euro. Zudem sei ein Holzanbau von 19 qm bei der Gesamtwohnfläche nicht zu berücksichtigen. Sein Sohn wohne nicht wegen seines geringen Einkommens mietfrei in der Wohnung, sondern weil er sich finanziell an der Finanzierung des Hauses beteiligt habe. Mit seinem Erbteil sei er an der Anfangsfinanzierung beteiligt gewesen und habe sein Erspartes zur Tilgung der Darlehen eingesetzt. Seine Söhne hätten sich bis 2005 mit ihren Waisen-Renten bis zur Hälfte an der Tilgung beteiligt. Er sehe keine Grundlage von seinem Sohn Miete verlangen zu können. Es widerspreche dem Willen des Gesetzgebers, sich kurz vor Bezug der Altersr...

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