Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Erstfeststellung der Arbeitsunfähigkeit am letzten Tag der Beschäftigung. Krankengeldanspruch. Fortbestand der Mitgliedschaft. Nahtlosigkeit von Mitgliedschaft und mitgliedschaftserhaltenden Tatbeständen

 

Orientierungssatz

Ein Anspruch auf Krankengeld ist auch in den Fällen nicht zwingend ausgeschlossen, in denen die Arbeitsunfähigkeit noch zu einem Zeitpunkt ärztlich festgestellt worden ist, in dem Versicherungsschutz bestand (hier: Erstfeststellung der Arbeitsunfähigkeit am letzten Tag der Beschäftigung). Für den Fortbestand der Mitgliedschaft gem § 192 Abs 1 Nr 2 SGB 5 wegen des Anspruchs auf Krankengeld muss demnach ausreichend sein, dass der die Mitgliedschaft erhaltende Tatbestand (Krankengeldanspruch) im unmittelbaren Anschluss an die vorherige Mitgliedschaft verwirklicht wird.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 10.05.2012; Aktenzeichen B 1 KR 19/11 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 03.12.2009 geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung der Bescheide vom 07.11.2008 und 05.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2009 verurteilt, der Klägerin Krankengeld vom 01.10.2008 bis zum 01.12.2008 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen zu 2/3.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Krankengeld für den Zeitraum 30.09.2008 bis 07.01.2009 hat.

Die 1969 geborene Klägerin war bei der Beklagten bis zum 30.09.2008 aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in der Praxisgemeinschaft Frau V und Dr. D pflichtversichert. Mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 30.09.2008 attestierte die Ärztin V der Klägerin eine Arbeitsunfähigkeit vom 30.09.2008 bis einschließlich 10.10.2008. Am 01.10.2008 meldete sich die Klägerin arbeitslos. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld wurde wegen der bestehenden Arbeitsunfähigkeit abgelehnt (Bescheid vom 08.10.2008). Im Abschluss an die Erstbescheinigung vom 30.09.2008 stellte Frau V nach Muster 1a folgende Folgebescheinigungen aus:

Folgebescheinigung vom 10.10.2008 über eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin seit dem 30.09.2008 bis voraussichtlich zum 27.10.2008

Folgebescheinigung vom 28.10.2008 über eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin vom 30.09.2008 bis voraussichtlich zum 14.11.2008

Folgebescheinigung vom 13.11.2008 über eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin vom 30.09.2008 bis voraussichtlich zum 01.12.2008

Folgebescheinigung vom 02.12.2008 über eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin vom 30.09.2008 bis voraussichtlich zum 17.12.2008

Folgebescheinigung vom 17.12.2008 über eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin vom 30.09.2008 bis voraussichtlich zum 07.01.2009

Folgebescheinigung vom 02.03.2009 über eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin vom 30.09.2008 bis voraussichtlich zum 20.03.2009.

Mit Bescheid vom 07.11.2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krankengeld mit der Begründung ab, die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter ende mit Ablauf des Tages, an dem das Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt endet, im Fall der Klägerin also am 30.09.2008. Der Anspruch auf Krankengeld entstehe jedoch erst an dem Tag, der auf die ärztliche Feststellung folgt, also am 01.10.2008. Zu diesem Zeitpunkt habe bei der Klägerin keine den Krankengeldanspruch umfassende Mitgliedschaft mehr bestanden. Einem nachgehenden Anspruch nach § 19 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V ) stehe entgegen, dass die Klägerin ab dem 01.10.2008 nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V versicherungspflichtig sei. Diese Versicherungspflicht begründe aber keinen Anspruch auf Krankengeld.

Die Klägerin legte hiergegen mit Schreiben vom 13.11.2008 Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 05.12.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der Widerspruch keinen Erfolg haben könne.

Die Klägerin hat daraufhin am 12.12.2008 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, dass maßgeblich für die Beurteilung des Anspruchs auf Krankengeld der im Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bestehende Versicherungsschutz sein müsse. Zum Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit habe sich die Klägerin jedoch unstreitig noch in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis mit Krankengeldanspruch befunden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Regelung des § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V. Da sie im Zeitpunkt 30.09.2008 einen Anspruch auf Krankengeld gehabt habe, bestehe ihre Mitgliedschaft als versicherungspflichtiges Mitglied gem. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V weiter fort. Auch die Regelung des § 19 Abs 2 Satz 1 SGB V spreche dafür, dass Ansprüche auf Krankengeld noch nach dem Ende des Versicherungspflichtverhältnisses bestehen könnten. Zu berücksichtigen sei im Übrigen, dass sie bereits am 29.09.2008 erkrankt sei. Da ihre ...

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