Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Fortgeltung von Krankenversicherungskarten. elektronische Gesundheitskarte. freiwillige Anwendung. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Sowohl der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) als auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) gehen davon aus, dass Versicherte jedenfalls bis Ende September 2014 eine vertragsärztliche Behandlung bei Vorlage einer (gültigen) Krankenversichertenkarte oder eines anderen Versicherungsnachweises in Anspruch nehmen können.

2. Die in § 291a Abs 3 S 1 SGB 5 genannten sog freiwilligen Anwendungen führen nicht zu Grundrechtsverstößen. Wie sich dem eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut des § 291a Abs 5 S 1 SGB 5 entnehmen lässt, ist das Erheben, Verarbeiten und Nutzen von Daten mittels der elektronischen Gesundheitskarte in den Fällen des Abs 3 S 1 nur mit dem Einverständnis der Versicherten zulässig.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.10.2013 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht (SG) hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem die Antragstellerin beantragt hat, der Antragsgegnerin aufzugeben, ihr bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens S 9 KR 1178/13 die weitere Nutzung der bisherigen Krankenversichertenkarte zu ermöglichen, sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zutreffend abgelehnt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat deshalb gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses und sieht von einer weiteren Begründung ab.

Soweit die Antragstellerin mit der Beschwerde geltend macht, dass sich der angefochtene Beschluss nicht nur gegen ihr persönliches, sondern auch gegen das Interesse der Allgemeinheit wende, ist dem entgegenzuhalten, dass einzelne im sozialgerichtlichen Verfahren - von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - nur die Verletzung eigener Rechte, nicht jedoch die Verletzung von Rechten Dritter geltend machen können; eine sog. Popularklage ist grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. hierzu Jung in: Jansen, SGG, 4. Aufl. 2012, § 54, Rn. 22; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 54, Rn. 13, jeweils m.w.N.).

Wie bereits der 16. Senat des LSG NRW (Beschluss v. 04.11.2013 - L 16 KR 679/13 B ER) ausgeführt hat, liegt ein Anordnungsgrund auch deshalb nicht vor, weil der Antragstellerin aktuell keine erheblichen Nachteile im Hinblick auf die Versorgung mit Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) drohen. Das ergibt sich bereits unter dem Gesichtspunkt, dass sie ihre noch bis zum 31.12.2013 gültige Krankenversichertenkarte (§ 291 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V) bis zum Ablauf des Jahres 2013 ohne Einschränkungen nutzen kann. Demnach hat die Antragstellerin aktuell keine schlechterdings unzumutbaren Nachteile zu befürchten.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass sowohl der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) als auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) davon ausgehen, dass Versicherte jedenfalls bis Ende September 2014 eine vertragsärztliche Behandlung bei Vorlage einer (gültigen) Krankenversichertenkarte oder - dies kommt für die Antragstellerin in Betracht - eines anderen Versicherungsnachweises in Anspruch nehmen können (vgl. http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/elektronische-gesundheitskarte-wird-ab-2014-pflicht-a-925638.html). Dies korrespondiert im Wesentlichen mit den Vorgaben des Anhangs 1, Ziff. 2.1 der Anlage 4a zum Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä - Vereinbarung zum Inhalt und zur Anwendung der elektronischen Gesundheitskarte zwischen dem GKV Spitzenverband und der KBV vom 11.09.2013). Danach kann zwar ein Vertragsarzt in einem Behandlungsfall u.a. bei Nichtvorlage der elektronischen Gesundheitskarte nach Ablauf von zehn Tagen eine Privatvergütung für die Behandlung verlangen. Diese ist jedoch zurückzuzahlen, wenn dem Arzt eine zum Zeitpunkt der Behandlung gültige elektronischen Gesundheitskarte bis zum Ende des Quartals vorgelegt wird oder wenn dem Arzt bis zum Ende des Quartals ein zum Zeitpunkt der Behandlung bestehender Leistungsanspruch des Versicherten von der Krankenkasse nachgewiesen wird (vgl. hierzu auch die Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit Ulrike Flach vom 04.10.2013, BT-Drs. 17/14813 S. 43).

Lediglich ergänzend merkt der Senat an, dass auch erhebliche Zweifel an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs bestehen, zumal die elektronische Gesundheitskarte gegenwärtig über keine weitergehenden Funktionen verfügt als die Krankenversichertenkarte nach § 291 SGB V (vgl. Hessisches LSG, Urteil v. 26.09.2013 - L 1 KR 50/13; LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 30.11.2012 - L 11 KR 4746/12; SG Berlin, Beschluss v. 07.11.2013 - S 81 KR 2176/13 ER). Insbesondere ka...

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