Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf. kein unabweisbarer laufender besonderer Bedarf für Wahrnehmung des Umgangsrechts mit getrennt lebenden Kindern. Bedarfsgemeinschaft. Auslegung des Begriffs des nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten. Getrenntleben ohne Trennungswillen

 

Orientierungssatz

1. Bei der Auslegung des Begriffs des "nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten" iS von § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB 2 ist der familienrechtliche Begriff des Getrenntlebens zugrunde zu legen. Neben der räumlichen Trennung setzt dies den Trennungswillen voraus (Anschluss an BSG vom 18.2.2010 - B 4 AS 49/09 R = BSGE 105, 291 = SozR 4-4200 § 7 Nr 16).

2. Haben die Ehegatten einvernehmlich ein Lebensmodell ohne häusliche Gemeinschaft gewählt, so kann der Wille, diese auf absehbare Zeit nicht herzustellen, eben kein Getrenntleben nach familienrechtlichen Grundsätzen begründen.

3. In einem solchen Fall besteht bis zum Zeitpunkt des tatsächlichen Trennungswillens tatbestandlich kein unabweisbarer Bedarf im Zusammenhang mit der Ausübung des Umgangsrechts mit den getrennt lebenden Kindern.

 

Tenor

Die Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 23.03.2010 werden zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der 1951 geborene Antragsteller (Ast.) bezieht seit 2005 von der Antragsgegnerin (Ag) Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Seit März 2009 ist er in dritter Ehe mit der 1970 geborenen Frau U I verheiratet, die am 25.03.2009 die gemeinsame Tochter F I zur Welt brachte. Frau I lebt zusammen mit der Tochter in O bei ihrer Mutter in deren Wohnung. Der Ast. hatte zum November 2009 eine andere Wohnung in Bielefeld bezogen, in der auch die aus erster Ehe stammende, 1985 geborene Tochter T lebt. Ab Januar 2010 beantragte er diverse Leistungen bei der Antragsgegnerin, neben der Kostenübernahme für Handwerkerleistungen und für die Anschaffung eines Kühlschranks insbesondere die Übernahme von Fahrt- und Übernachtungskosten für Besuchskontakte mit seiner Familie in O an drei Wochenenden pro Monat, während der Oster- und Weihnachtsferien, der Hälfte der Sommerferien sowie anläßlich des Geburtstages der Tochter F im März 2010. Es sei keine dauerhafte Trennung von seiner dritten Frau beabsichtigt. Diese lebe nach dem "erzwungenen" Umzug in C ab August 2009 nur umständehalber bei ihrer Mutter in O. Man hoffe aber weiter auf ein gemeinsames Zuhause.

In dem am 22.02.2010 beim Sozialgericht Düsseldorf eingeleiteten Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat der Ast. zuletzt sinngemäß beantragt, die Ag. zu verpflichten,

1) ihm die laufend entstehenden Kosten für Fahrt und Übernachtung im Zusammenhang mit der Ausübung seines Umgangsrechtes mit seiner Tochter F I zukünftig an mindestens 3 Wochenenden im Monat sowie während der Oster-, Weihnachts- und der Hälfte der Sommerferien zu übernehmen,

2) die Kosten für Fahrt und Übernachtung einmalig zum Geburtstag seiner Tochter für die Zeit vom 25.03. bis zum 05.04.2010 zu übernehmen,

3) ihm die Geldmittel zur Verfügung zu stellen, um durch Handwerker die Befestigung von Möbeln und den ordnungsgemäßen Anschluss der Waschmaschine vornehmen zu lassen,

4) ihm Geldmittel für die Ersatzbeschaffung eines neuen Kühlschranks bereitzustellen,

5) ihm Geldmittel für die Anschaffung eines Kinderbettes, eines Wickeltisches mit Kommode für Babysachen und eines Tisches mit Kinderstuhl bereitzustellen.

Auf Anfrage hat Frau I dem SG im März 2010 mitgeteilt, sie sei nicht von ihrem Mann getrennt. Sie wolle aber auch nicht mit der Tochter F nach C zurückziehen, da wegen der engen räumlichen Verhältnisse in der Dreizimmerwohnung des Ast., in der dieser mit der älteren Tochter T zusammenlebt, dort kein Raum für sie und ihre Tochter sei.

Durch Beschluss vom 23.03.2010 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) abgelehnt mit der Begründung, es liege kein Anordnungsanspruch vor. Die Kosten der Ausübung des Umgangsrechts seien im Wesentlichen deshalb nicht von der Ag zu übernehmen, weil die Eheleute nicht im familienrechtlichen Sinne getrennt lebten. Auf die Gründe im Einzelnen wird verwiesen.

Gegen den ihm am 24.03.2010 zugestellten Beschluss hat der Ast. am 20.04.2010 Beschwerde eingelegt. Er hat zur Begründung zunächst sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Am 14.05.2010 hat er mitgeteilt, dass Frau I ab 01.05.2010 von ihm getrennt lebe und beabsichtige, sich scheiden zu lassen. Die Ag. hat sich daraufhin bereit erklärt, angesichts dieser geänderten tatsächlichen Verhältnisse nach neuerlichem Antrag des Ast. die angemessenen Kosten zur Ausübung des Umgangsrechts mit der Tochter F in Zukunft zu tragen. Die hier streitigen Kosten für Besuchsfahrten bzw. Aufenthalte in Nürnberg bis Ende April 2010 könne sie allerdings weiterhin nicht übernehmen.

Der Ast. ist vom Berichterstatter auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18.02.2010 - B 4 AS 49/...

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