Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwaltsgebühr. Mittelgebühr

 

Orientierungssatz

Die Mittelgebühr ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts einen durchschnittlichen Aufwand erfordert hat. Dies ist nicht der Fall, wenn keine schriftliche Korrespondenz zwischen den Beteiligten und dem Gericht stattgefunden hat, wie sie üblicherweise in Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit erfolgt. Die Akteneinsichtnahme ist von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht umfasst, da sie vor dieser erfolgt ist.

 

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 07. März 2006 wird dahin geändert, dass die Rechtsanwalt T aus der Landeskasse zu erstattenden Gebühren auf 661,20 EUR festgesetzt werden.

 

Gründe

Zwischen den Beteiligten ist ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid streitig gewesen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat sich für diesen am Terminstage bestellt und 10 Minuten vor Beginn der Verhandlung Einsicht in die Verfahrensakten genommen. Der Rechtsstreit ist vergleichsweise beigelegt und der Prozessbevollmächtigte dem Kläger im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden. Er hat beantragt, die Verfahrens-, Termins- und Erledigungsgebühr je in Höhe der Mittelgebühr festzusetzen.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 07.03.2006 hat das Sozialgericht lediglich Gebühren in Höhe von 145,- EUR (VV 3102) bzw. 110,- EUR (VV 1006 und 3106) nebst weiteren unstreitigen Kosten festgesetzt.

Die dagegen gerichtete Beschwerde ist zulässig, aber nur teilweise begründet. Nach § 45 Abs. 1 RVG erhält der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt die gesetzliche Vergütung im Verfahren vor Gerichten eines Landes aus der Landeskasse. Bei Rahmengebühren, wie sie hier entstehen, bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG). Die Bestimmung war hier unbillig, soweit sie die Verfahrens- und Erledigungsgebühr betrifft. Die in Ansatz gebrachte Mittelgebühr ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts einen durchschnittlichen Aufwand erfordert hat. Dies war hier schon deshalb nicht der Fall, weil keine schriftliche Korrespondenz zwischen den Beteiligten und dem Gericht stattgefunden hat, wie sie üblicherweise in Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit erfolgt. Die Akteneinsichtnahme ist von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht umfasst, da sie vor dieser erfolgt ist (vgl. von Eicken/Müller-Rabe in Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, Kommentar zum RVG, 17. Aufl., § 45 Rn 22 m.w.N.). Zwar kann die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger im Hinblick auf den streitigen Erstattungsbetrag als eher überdurchschnittlich angesehen werden, dagegen sind seine Vermögensverhältnisse jedoch weit unterdurchschnittlich, so dass insgesamt eine deutlich unter der Mittelgebühr liegende Gebühr anzusetzen ist.

Entsprechendes gilt hinsichtlich der Erledigungsgebühr, da auch insoweit das Tätigwerden des beigeordneten Rechtsanwalts, das von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe umfasst ist, nicht als den durchschnittlichen Verhältnissen vergleichbar angesehen werden kann.

Hingegen ist der Ansatz der Mittelgebühr für die Terminsgebühr nicht unangemessen. Angesichts einer Verhandlungsdauer gemäß Sitzungsniederschrift von 55 Minuten kann die übliche Terminszeit eines Verfahrens vor dem Sozialgericht nicht als unterschritten angesehen werden (vgl. LSG Schleswig-Holstein Beschl. v. 12.09.2006 - S 2 SF 12/05 SK). Da sonstige Umstände, die eine Reduzierung dieser Gebühr rechtfertigen könnten, nicht ersichtlich sind, hat es daher beim Ansatz der Mittelgebühr insoweit zu verbleiben. Einschließlich der weiteren Auslagen ist die Vergütung daher mit 570,- EUR anzusetzen (110,00 EUR + 145,00 EUR + 200,00 EUR + 115,00 EUR).

Die Umsatzsteuer (VV 7008) ist trotz der zwischenzeitlichen Erhöhung lediglich mit 16% anzusetzen. Der Senat schließt sich der herrschenden Meinung an, wonach hierbei auf die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs (§ 8 RVG) bzw. die Leistungserbringung abzustellen ist (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., VV 7008 Rn 12; Madert in Gerold/von Eicken/Madert/Müller-Rabe a.a.O. VV 7008 Rn 45). Die Gesamtvergütung ist daher auf 661,20 EUR festzusetzen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1751961

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