Entscheidungsstichwort (Thema)

Bereitstellung eines Integrationshelfers für die Begleitung eines behinderten Schülers für den Schulbesuch durch den Sozialhilfeträger. Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung. Aufgabenbereich der Schule. Kernbereich der pädagogischen Arbeit des Lehrers. Sonderpädagogische Förderung. Nachranggrundsatz. Schuldbeitritt. Einstweilige Anordnung. Folgenabwägung

 

Orientierungssatz

1. Zu den Leistungen der Eingliederungshilfe gehören nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB 12 Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht. Von diesen Leistungen sind nur Maßnahmen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen sind, nicht umfasst.

2. Die Unterstützung eines behinderten Schülers durch einen Integrationshelfer berührt den pädagogischen Kernbereich grundsätzlich selbst dann nicht, wenn der Integrationshelfer auch pädagogische Maßnahmen übernimmt, wie z. B. die Anleitung zur Konzentration auf den Unterricht. Entscheidend ist allein, ob die Vorgabe der Lerninhalte in der Hand des Lehrers bleibt.

3. Eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Arbeit der Schule ist regelmäßig zu bejahen, solange die Schule eine entsprechende Hilfe nicht gewährt. Ob sie dazu verpflichtet ist, ist unerheblich.

4. Ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ohne weitere Ermittlungen nicht zu klären, ob die Bereitstellung eines Integrationshelfers vom Sozialhilfeträger zu erbringen ist, so ist aufgrund einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei treten hinter die schwerwiegenden Nachteile für den behinderten Schüler die fiskalischen Interessen des Sozialhilfeträgers, vorläufige Leistungen zu vermeiden, die im Falle eines Obsiegens in der Hauptsache sehr wahrscheinlich nicht mehr zurückverlangt werden können, deutlich zurück.

 

Normenkette

SGB XII § 53 Abs. 1, 3, § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1; SGB IX § 13 Abs. 3 S. 3; EingHV § 12 Nr. 1; SGG § 86b Abs. 2

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 04.09.2013 wird zurückgewiesen. Der Tenor des Beschlusses wird wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, ab dem 04.09.2013 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens, längstens jedoch bis zum Ende des 1. Schulhalbjahres 2013/2014, vorläufig die Kosten für einen durch den Beigeladenen gestellten Integrationshelfer für die Zeit der Begleitung des Schulbesuches der Antragstellerin in der Q-Schule in N in einem zeitlichen Umfang bis zu 26 Stunden wöchentlich - nach Maßgabe des Stundenplans mit Ausnahme der 2 mal wöchentlich für 30 Minuten während der Schulzeit stattfindenden Einzeltherapien (Physiotherapie und Ergotherapie) - bis zu einem Betrag i.H.v. 700,00 EUR pro Monat zu übernehmen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Der Antragsgegner trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsgegner wendet sich im Rahmen seiner Beschwerde gegen seine ihm im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auferlegte Verpflichtung, die Kosten für den Einsatz eines Integrationshelfers für den Besuch einer Förderschule bei der am 00.00.2003 geborenen Antragstellerin zu übernehmen. Die Antragstellerin ist schwer geistig und körperlich mehrfachbehindert. Dies äußert sich bei ihr u.a. in fehlender Sprachfähigkeit mit massiv eingeschränktem Kommunikationsverhalten, kaum vorhandener Konzentrationsfähigkeit, fehlendem Regelverständnis und einer unkontrollierten Neigung zur Selbst- und Fremdgefährdung, vor allem bei fehlender kontinuierlicher Begleitung. Sie besucht die Q-Schule in N, eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung". Der Antragsgegner ist insbesondere der Auffassung, dass der Hilfebedarf der Antragstellerin bei einer Förderschule mit einem speziell auf die dort unterrichteten behinderten Schülerinnen und Schüler zugeschnittenen Betreuungskonzept und einem im Vergleich zu Regelschulen deutlich erhöhten Personalschlüssel primär zu den Maßnahmen im Sinne des Bildungsauftrages und damit in den Verantwortungsbereich der Schule gehört. Damit stelle der Einsatz eines Integrationshelfers in einer Förderschule keine durch den Sozialhilfeträger zu erbringende Leistung der Eingliederungshilfe zur Ermöglichung oder Erleichterung des Schulbesuches dar.

II.

Die am 27.09.2013 eingegangene Beschwerde des Antragsgegners gegen den ihm am 18.09.2013 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 04.09.2013, mit der er sich gegen die im Wege der einstweiligen Anordnung auferlegte Verpflichtung wendet, vorläufig die Kosten eines einfachen Integrationshelfers für die Antragstellerin während des Besuchs der Q-Schule in N mit Ausnahme der zweimal wöchentlich für 30 Minuten während der Schulzeit stattfindenden Therapien ab dem 04.09.2013 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens, lä...

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