Entscheidungsstichwort (Thema)

Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs. Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung. versicherungswidriges Verhalten. Verhinderung der Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses bzw des Zustandekommens eines Vorstellungsgesprächs. Nichtbewerbung. Unwirksamkeit der Rechtfolgenbelehrung im Vermittlungsvorschlag. fehlende Angabe zum Sperrzeitbeginn

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine wirksame Rechtsfolgenbelehrung bei einer Sperrzeit bei Arbeitsablehnung (§ 159 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB III) erfordert - ebenso wie eine Rechtsfolgenbelehrung bei einer Sanktion nach § 31 Abs 1 S 1 SGB II (vgl hierzu: BSG vom 18.2.2010 - B 14 AS 53/08 R = BSGE 105, 297 = SozR 4-4200 § 31 Nr 5) - eine Belehrung auch über den Beginn der angedrohten Sperrzeit (so auch bereits: LSG Celle-Bremen vom 8.5.2018 - L 11 AL 67/16 NZB).

2. Ein diesbezüglicher pauschaler Hinweis auf das "Merkblatt 1 für Arbeitslose - Ihre Rechte - Ihre Pflichten" reicht nicht aus (Anschluss an BSG vom 10.12.1981 - 7 RAr 24/81 = BSGE 53, 13 = SozR 4100 § 119 Nr 18), insbesondere wenn das dem Arbeitslosen überreichte Merkblatt überhaupt keine Angaben zum Beginn einer Sperrzeit bei Arbeitsablehnung enthält.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte erstattet dem Kläger auch die notwendigen

außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den Eintritt einer dreiwöchigen Sperrzeit bei Arbeitsablehnung in der Zeit vom 29. Juni bis 19. Juli 2017 sowie die von der Beklagten insoweit erhobene Erstattungsforderung von 1.395,03 Euro.

Der 1979 geborene Kläger studierte von September 2002 bis August 2008 an der I. mit dem Abschluss „Wirtschaftsingenieur Maschinenbau“. Anschließend arbeitete er bis Oktober 2016 in abhängigen Beschäftigungen als Projektleiter bzw Logistikplaner. Mit Bescheid vom 13. Dezember 2016 bewilligte die Beklagte ihm für die Zeit vom 1. November 2016 bis 31. Oktober 2017 Arbeitslosengeld (Alg) für eine Anspruchsdauer von 360 Kalendertagen bei einem täglichen Leistungsbetrag von 66,43 Euro.

In einem Verbis-Vermerk vom 27. Juni 2017 hielt die Beklagte fest, dass der Kläger an diesem Tag in einem Beratungsgespräch über „Verfügbarkeit und Zumutbarkeit bei Arbeitslosigkeit“ belehrt worden sei. Ihm seien unter Hinweis auf das Merkblatt 1 für Arbeitslose seine Rechte und Pflichten erläutert und „mögliche Konsequenzen bei Nichteinhaltung aufgezeigt“ worden. Am selben Tag schlossen die Beteiligten eine neue Eingliederungsvereinbarung, in der als Ziel die Aufnahme einer Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt als Wirtschaftsingenieur/Logistiker in einem Umkreis von 200 km vom Wohnort vereinbart wurde. Zusätzlich überreichte die Beklagte dem Kläger an diesem Tag einen Vermittlungsvorschlag für eine Beschäftigung als Projektleiter bei der J. GmbH. In diesem Schreiben wurde der Kläger aufgefordert, sich dort unverzüglich zu bewerben. Ob der Kläger an diesem Tag gegenüber der Beklagten zusagte, sich auf diese Stelle zu bewerben, ist zwischen den Beteiligten streitig. Das in den Verwaltungsunterlagen enthaltene Exemplar des Vermittlungsvorschlags enthält auf Seite 2 (Rückseite) eine Rechtsfolgenbelehrung. Dort heißt es ua wörtlich: „Wenn Sie ohne wichtigen Grund (…) das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses durch ihr Verhalten verhindern (zB indem Sie sich nicht vorstellen), tritt eine Sperrzeit ein (…). Während der Sperrzeit ruht ihr Anspruch auf Leistungen (….). Hinweise dazu, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Alg erworben wird und wann eine Sperrzeit eintritt, enthält das „Merkblatt für Arbeitslose, Ihre Rechte - Ihre Pflichten“. (…)“ (vgl Ausdruck von Bl 2 der von der Beklagten elektronisch geführten Verwaltungsakte).

Mit Schreiben vom 19. Juli 2017 (Eingang bei der Beklagten: 25. Juli 2017) teilte der Kläger der Beklagten mit, sich auf das Stellenangebot nicht beworben zu haben, weil er keine beruflichen/fachlichen Erfahrungen im Sanitärbereich aufweise.

Die Beklagte stellte daraufhin den Eintritt einer dreiwöchigen Sperrzeit bei Arbeitsablehnung für die Zeit vom 29. Juni bis 19. Juli 2017 sowie eine Minderung der Anspruchsdauer um 21 Tage fest. Die zuvor erfolgte Leistungsbewilligung wurde für die Tage der Sperrzeit aufgehoben und der Kläger zur Erstattung von 1.395,03 Euro aufgefordert (Sperrzeit-, Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 2. August 2017; Änderungsbescheid vom 2. August 2017 mit Festsetzung des Alg-Leistungsanspruchs für die Zeit vom 29. Juni bis 19. Juli 2017 auf 0,00 Euro).

Mit Widerspruch vom 14. August 2017 machte der Kläger geltend, dass sich das Stellenangebot auf eine Projektleitung im Bereich Energie und Wasserzähler beziehe. Er habe jedoch ausschließlich Berufserfahrung „in der automotiven Logistik mit den Schwerpunkten in der Materialfluss- und Verpackungsplanung“. Zuletzt sei er als Projektleiter in der Logistik tätig gewesen; zu seinen Aufgaben habe die „Definition und die Terminierung der Arbeitspakete sowie die fachliche...

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