Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Umzugskosten. Kosten für Umstellung des Telefon- und Internetanschlusses sowie Postnachsendeauftrag

 

Orientierungssatz

Die durch einen Umzug des Leistungsberechtigten, zu dem der Grundsicherungsträger die vorherige Zusicherung gem § 22 Abs 6 SGB 2 erteilt hat, unmittelbar veranlassten Kosten für die Umstellung des Telefon- und Internetanschlusses und für einen Postnachsendeauftrag zählen zu den berücksichtigungsfähigen Umzugskosten gem § 22 Abs 6 SGB 2.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 10.08.2016; Aktenzeichen B 14 AS 58/15 R)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 31. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die notwendigen Kosten des Klägers auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für die Ummeldung seines Telefon- und Internetanschlusses sowie eines Nachsendeantrages aufgrund eines im Februar 2012 erfolgten Umzugs.

Der im Februar 1955 geborene Kläger bezog ab 2011 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II - vom Beklagten. Seit Anfang 2014 bezieht er Rente von der Deutschen Rentenversicherung und ergänzend Leistungen nach dem SGB XII.

Nach der Trennung von seiner Ehefrau (bisher beide wohnhaft F.) erteilte der Beklagte ihm unter dem 15. November 2011 die Zusicherung zum Umzug in die Wohnung G. in H. zum 01. Februar 2012.

Am 28. Dezember 2011 beantragte der Kläger die Übernahme der Kosten ua für einen Elektroherd, eine Arbeitsplatte, für Gardinen und Zubehör sowie auch der Kosten für seinen Telefon- und Internetanschluss (58,78 € zzgl 19 % MwST iHv 11,68 € = 69,95 €, Rechnung der I. vom 7. März 2012) und für einen Nachsendeantrag (15,20 €, Quittung der Deutschen Post AG vom 20. Januar 2012).

Mit Bescheid vom 16. Januar 2012 bewilligte der Beklagte die Kosten für die Durchführung des Umzugs durch ein Umzugsunternehmen iHv 1477,39 € auf der Grundlage der vorgelegten Kostenvoranschläge vor dem Hintergrund der gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers, der auf den Rollstuhl angewiesen ist.

Mit weiterem Bescheid vom 17. Januar 2012 bewilligte der Beklagte die Kosten für die Erstausstattung der Wohnung iHv 217 €. Die Übernahme der Kosten für den Telefon- und Internetanschluss sowie den Nachsendeantrag lehnte er unter Hinweis darauf, dass diese nach § 24 Abs 3 SGB II nicht erstattungsfähig seien, ab.

Den Widerspruch des Klägers vom 07. Februar 2012 gegen beide Bescheide wies der Beklagte mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 22. Februar 2012 zurück.

Er führte hinsichtlich des Widerspruches gegen den Bescheid vom 16. Januar 2012 aus, dass über die reinen Umzugskosten hinausgehende umzugsbedingte Mehraufwendungen nicht zu übernehmen seien (W 3011/12).

Hinsichtlich des Widerspruches gegen den Bescheid vom 17. Januar 2012 gab er an, dass zur Erstausstattung Einrichtungsgegenstände zählen würden, die zur Haushaltsführung erforderlich seien. Ein Telefon- und Internetanschluss sowie ein Nachsendeantrag würden schon dem Wortlaut nach nicht hierunter fallen (W 3012/12).

Gegen die Bescheide vom 16. und 17. Januar 2012/Widerspruchsbescheide vom 22. Februar 2012 hat der Kläger am 23. März 2012 jeweils Klage erhoben, die mit Beschluss des Sozialgerichts (SG) Hannover vom 26. September 2012 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden sind.

Mit Urteil vom 31. Juli 2013 hat das SG Hannover die Bescheide geändert und den Beklagten verpflichtet, dem Kläger die nachgewiesenen angemessenen Kosten für den Umzug des Telefon- und Internetanschlusses sowie für den Nachsendeantrag zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger habe einen Anspruch auf Übernahme dieser Kosten als Umzugskosten nach § 22 Abs 6 SGB II. Der Beklagte habe eine Zusicherung zum Umzug erteilt, so dass er die notwendigen Umzugskosten zu erstatten habe. Sein Ermessen sei auf die Prüfung der Erforderlichkeit der Kosten und deren Umfang beschränkt. Die Auslegung des Umfangs des Begriffs der Umzugskosten sei in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Teilweise werde die Übernahme von Zusammenhangskosten bejaht (Krauß in Hauck/Noftz, § 22 Rnr 298; Berlit in LPK, § 22 Rnr 112; SG Freiburg Urteil vom 18. Juni 2010 - S 6 AS 185/08 -); teilweise werde die Auffassung vertreten, dass die mit einem Umzug verbundenen Zusammenhangskosten aus der Regelleistung zu bestreiten seien (Luik in Eicher, § 22 Rnr 205; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16. September 2005 - L 8 AS 180/05 ER -). Nach Auffassung der Kammer seien als Umzugskosten auch die Kosten anzusehen, die anlässlich eines notwendigen Umzugs anfielen und unvermeidbar seien, wie dies bei den Kosten für den Telefon- und Internetanschluss und den Nachsendeantrag der Fall sei. Diese Kosten stünden den außerordentlich anfallenden Umzugskosten näher als die sonstigen, regelmäßigen und aus der Regelleistung zu deckenden Kosten. Es seien nur die nachgewiesenen Kosten in angemessener Höhe zu...

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