Leitsatz (amtlich)

1. Spesen, die einem Fernfahrer von seinem Arbeitgeber steuerfrei ausgezahlt werden, könne zweckbestimmte Einnahmen i.S. des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II sein.

2. Zum vorläufigen Rechtsschutz bei einer vorläufigen Entscheidung i.S. des § 40 Abs. 2 SGB II i.V.m. § 328 SGB III.

3. Der Senat sieht die Rechtslage jedenfalls als offen an. Bei dieser Sach- und Rechtslage überwiegen im Rahmen einer einstweiligen Anordnung die Interessen der Antragsteller, da es sich bei den Leistungen nach dem SGB II um Existenzsichernde Leistungen handelt.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Stralsund vom 28. November 2006 aufgehoben.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern ab dem 10. November 2006 bis zum 31. Dezember 2006 über die bewilligten Leistungen nach dem SGB II hinaus weitere Leistungen zu gewähren, die in der Weise zu berechnen sind, dass die dem Antragsteller zu 2. in den Monaten November und Dezember 2006 zugeflossenen Spesen nicht als Einkommen zu bewerten sind.

Die Antragsgegnerin hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller für das gesamte einstweilige Rechtsschutzverfahren zu erstatten.

Den Antragstellern wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung für das gesamte einstweilige Rechtsschutzverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt Pe, Stralsund, gewährt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren über die Gewährung von Regelleistungen nach dem SGB II. Kern des Rechtsstreites ist die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob die dem Antragsteller zu 2. im hier maßgeblichen Zeitraum zugeflossenen Spesen als Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II zu bewerten sind oder ob diese vom Einkommen abzusetzen sind als Werbungskosten nach § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II bzw. nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II als zweckbestimmte Einnahmen.

Die Antragsteller bilden eine Bedarfsgemeinschaft, die seit November 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II bezieht.

Am 06. Juni 2006 nahm der Antragsteller zu 2. eine Arbeit als Fernfahrer auf. Seinem Arbeitsvertrag zufolge erhält er ein Bruttoentgelt von 1.300,00 €; zusätzlich werden ihm verschiedene Spesen in unterschiedlicher Höhe gewährt. Diese sind in den Gehaltsbescheinigungen jeweils mit dem Buchstaben "F" ausgewiesen und werden dem Antragsteller zu 2. von seinem Arbeitgeber steuerfrei ausgezahlt.

Durch Bescheid vom 18. August 2006 bewilligte die Antragsgegnerin den Antragstellern ab dem 01. September 2006 laufende Leistungen nach dem SGB II von monatlich 883,00 €. Der Bescheid enthält ausdrücklich den Hinweis, dass er vorläufig ergehe; dieser Hinweis ist allerdings auf den bei Gericht eingereichten Kopien des Bescheides nur schwer lesbar. Auf dem Aktenexemplar der Behördenakte ist der Bescheid hingegen gut lesbar. Ferner ist dem Bescheid zu entnehmen, dass der Antragsgegnerin bei Bescheiderlass keine Lohnzettel des Antragstellers zu 2. vorgelegen haben und die Antragsgegnerin das Einkommen des Antragstellers zu 2. aus dem April 2006 zugrunde gelegt hat. Als Einkommen des Antragstellers zu 2. wurde ein Betrag von 1.300,00 € angesetzt.

Am 08. September 2006 reichten die Antragsteller Verdienstbescheinigungen des Antragstellers zu 2. für die Monate Mai bis Juli 2006 bei der Antragsgegnerin ein, aus denen sich der Zufluss von Spesen für die genannten Monate dokumentiert.

Am 09. Oktober 2006 hörte die Antragsgegnerin die Antragsteller im Hinblick auf eine Überzahlung von Leistungen nach dem SGB II an.

Gleichfalls unter dem 09. Oktober 2006 erließ die Antragsgegnerin einen Bescheid über Leistungen nach dem SGB II ab dem 01. November 2006, der keinen Vorläufigkeitsvermerk mehr enthielt und der monatliche Leistungen von 397,00 € festsetzte. In diesem Bescheid legte die Antragsgegnerin ein Bruttoeinkommen des Antragstellers zu 2. von 1.809,70 € zugrunde.

Die Antragsteller erhoben hiergegen Widerspruch. Zu dessen Begründen führten sie aus, der Antragsteller zu 2. erhalte ein Festgehalt von 1.300,00 €. Die Spesen erhielte er für seine Tätigkeit als Fernfahrer, und zwar für sämtliche Auslagen, die unterwegs anfielen. Die Spesen dürften nicht als Einkommen angerechnet werden.

Am 10. November 2006 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Stralsund den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.

Mit Bescheid vom 14. November 2006 hat die Antragsgegnerin die laufenden Leistungen ab 01. Dezember 2006 auf 431,00 € festgesetzt, wobei sie ein Bruttoeinkommen des Antragstellers zu 2. von 1.775,06 zugrunde gelegt hat. Zur Begründung hat die Antragsgegnerin unter anderem ausgeführt, auf Grund eintretender Änderungen seien die Leistungen nach dem SGB II neu berechnet worden. Für die Bewilligung der Leistungen ab Dezember 2006 sei der Verdienst von September zugrunde gelegt worden. Sobald aktuelle Lohnzettel vorlägen, erfolge eine endgültige Berechnung.

Die Antragsteller haben zur Begründung ihres...

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