Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung des Elterngeldes

 

Orientierungssatz

1. Nach der Regelung des § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG soll der Elterngeldberechtigte für seine Einkommenseinbußen durch die Elternzeit dasjenige an Einkommen erhalten, was er voraussichtlich während der Elternzeit sicher hat erwarten können.

2. Nach dem Gesetz ist eine komplette Angleichung der lohnsteuerrechtlichen an die elterngeldrechtliche Behandlung vorzunehmen.

3. Abgestellt wird ausschließlich auf das tatsächlich im Bemessungszeitraum bezogene Einkommen aus abhängiger Beschäftigung oder selbständiger Tätigkeit.

4. Der von § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG angeordnete Ausschluss der sonstigen Bezüge nicht selbständig Erwerbstätiger aus der Bemessung des Elterngeldes verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die verbleibende belastende Ungleichbehandlung ist durch die im Bereich der Massenverwaltung gebotene wesentliche Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt (BSG Urteil vom 14. 12. 2017, B 10 EG 7/17 R).

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. Juni 2017 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit ist ein Anspruch auf höheres Elterngeld unter Berücksichtigung einer im Lohnsteuerabzugsverfahren als "sonstiger Bezug" behandelten Gehaltsnachzahlung bei der Bemessung.

Der 1979 geborene Kläger beantragte unter dem 7. Mai 2016 Basiselterngeld ohne Teilzeittätigkeit für den 1. bis 12. Lebensmonat seiner am … 2016 geborenen, von ihm seither selbst betreuten und erzogenen Tochter N ... Er lebt mit ihr, der Kindsmutter und einem weiteren, am … 2013 geborenen gemeinsamen Kind in einem Haushalt an seinem Wohnsitz in H ... Die Kindsmutter stellte keinen Antrag auf Elterngeld. Das zu versteuernde Einkommen des Klägers und der Kindsmutter lag im Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes unter 500.000,00 Euro.

Der vor der Geburt seiner Tochter bei der H1 AG als Trainer mit einem monatlichen Bruttogehalt von 2.800,00 Euro beschäftigte Kläger befand sich vom 19. April 2016 bis 18. April 2017 in Elternzeit und war in diesem Zeitraum nicht erwerbstätig. Im Mai 2015 hatte der Kläger ausschließlich Krankengeld bezogen, im Juni 2015 neben Krankengeld ein Gehalt von 2.613,33 Euro, im April 2016 ein solches von 1.680,00 Euro. Das Gehalt von monatlich jeweils 2.800,00 Euro für die Monate Juli bis Dezember 2015 (insgesamt 16.800,00 Euro) war dem Kläger in der Folge eines von ihm erfolgreich geführten Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht Hamburg über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung (Urteil vom 25. November 2015 - 4 Ca 103/15) erst aufgrund von Abrechnungen vom 27. Januar 2016 nachgezahlt worden. Dabei erfolgte eine Verrechnung mit den Bezügen für Januar sowie mit dem auf die Agentur für Arbeit übergegangenen Anspruch (§ 115 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) wegen der Gleichwohlgewährung von Arbeitslosengeld (§ 157 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch) im Nachberechnungszeitraum. Im Lohnsteuerabzugsverfahren wurden die Nachzahlungsbeträge entsprechend der bestandskräftig gewordenen Lohnsteueranmeldung nach R 39b.2 Abs. 2 Nr. 8 der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) 2015 des Bundesministeriums der Finanzen nicht als laufender Arbeitslohn, sondern als "sonstige Bezüge" (§ 38a Abs. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG)) behandelt, weil sie dem Kläger später als drei Wochen nach Ablauf des Kalenderjahres 2015 zuflossen, in dem die Lohnzahlungszeiträume lagen, für die der Arbeitslohn gezahlt wurde.

Mit Bescheid vom 22. Juni 2016 bewilligte die Beklagte dem Kläger Elterngeld in Höhe von monatlich jeweils 706,95 Euro für den 1. bis 6. Lebensmonat des Kindes (19. April 2016 bis 18. Oktober 2016, noch unter Berücksichtigung eines Geschwisterbonus nach § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG)) und jeweils 631,95 Euro für den 7. bis 12. Lebensmonat (19. Oktober 2016 bis 18. April 2017). Der Berechnung lagen die im Bemessungszeitraum von April 2015 bis März 2016 (§ 2b Abs. 1 BEEG) ausweislich der vorgelegten Gehaltsbescheinigungen der Arbeitgeberin des Klägers (§ 2c Abs. 2 BEEG) erzielten, als laufender Arbeitslohn behandelten Bruttoeinkünfte von insgesamt 13.813,33 Euro zu Grunde (jeweils 2.800,00 Euro für die Monate April 2015, Januar 2016, Februar 2016 und März 2016 sowie 2.613,33 Euro für Juni 2015). Hiervon wurden jeweils der anteilige Arbeitnehmerpauschbetrag und elterngeldrechtliche Abzüge für Steuern und Sozialabgaben abgesetzt (§ 2c Abs. 1 i.V.m. §§ 2e und 2f BEEG), sodass sich ein Elterngeld-Netto von monatlich 848,25 Euro und unter Berücksichtigung des sich nach § 2 BEEG zugrunde zu legenden Prozentsatzes von 74,5 % ein monatliches Elterngeld von 631,95 ergab, das in den ersten sechs Lebensmonaten um den Geschwisterbonus von jeweils 75,00 Euro erhöht wurde. Bei der Berechnung berücksichtigte die Beklagte nicht die Ende Januar 2016 nachberechneten...

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