Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufsichtsrecht. Krankenversicherung. GKV-Spitzenverband. Haushaltsplan. Beitrag nach § 20a Abs 3 S 4 SGB 5 an die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Sperrvermerk nach Entscheidung des Verwaltungsrats. Weigerung der Geschäftsführung. Verfassungsmäßigkeit der Zahlungsverpflichtung nach § 20a Abs 3 S 4 SGB 5

 

Orientierungssatz

1. Die Entscheidung des Verwaltungsrats des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen, den im Haushaltsplan vorgesehenen Beitrag nach § 20a Abs 3 S 4 SGB 5 an die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit einem Sperrvermerk zu versehen, stellt eine Weigerung der Geschäftsführung im Sinne von § 37 SGB 4 dar.

2. Die in § 20a Abs 3 S 4 SGB 5 geregelte Verpflichtung des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus dem Betrag, den die Krankenkassen für Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten aufzuwenden haben, eine pauschale Vergütung für Unterstützungsleistungen zu zahlen, ist mit der Verfassung vereinbar.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 18.05.2021; Aktenzeichen B 1 A 2/20 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Aufsichtsklage über die Rechtmäßigkeit eines Ersatzvornahmebescheides. Im Streit ist insbesondere die Verpflichtung des Klägers, Leistungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zu vergüten.

Mit Präventionsgesetz vom 17. Juli 2015 (BGBl I S. 1368, ber. S. 1781) wurden u. a. § 20a Abs. 3 und Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) wie folgt neu gefasst:

(3) Zur Unterstützung der Krankenkassen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten für in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte, insbesondere in Kindertageseinrichtungen, in sonstigen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, in Schulen sowie in den Lebenswelten älterer Menschen und zur Sicherung und Weiterentwicklung der Leistungen beauftragt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ab dem Jahr 2016, insbesondere mit der Art und der Qualität krankenkassenübergreifenden Leistungen, deren Implementierung und deren wissenschaftlicher Evaluation. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt dem Auftrag den nach § 20 Abs. 2 Satz 1 festgelegten Handlungsfelder und Kriterien sowie die in den Rahmenvereinbarungen nach § 20f jeweils getroffenen Festlegungen zugrunde. Im Rahmen des Auftrags nach Satz 1 soll die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung geeignete Kooperationspartner heranziehen. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erhält für die Ausführung des Auftrags nach Satz 1 vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen eine pauschale Vergütung in Höhe von mindestens 0,45 € aus dem Betrag, den die Krankenkassen nach § 20 Abs. 6 Satz 2 für Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten aufzuwenden haben. …

(4) Das Nähere über die Beauftragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung nach Absatz 3, insbesondere zum Inhalt und Umfang, zur Qualität und zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit sowie zu den für die Durchführung notwendigen Kosten, vereinbaren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erstmals bis zum 30. November 2015…

Bereits während des Gesetzgebungsverfahrens zu diesem Gesetz wurden von dem Kläger hierzu verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Diese Bedenken mündeten in dem Beschluss des Verwaltungsrates des Klägers vom 2. Dezember 2015 (TOP 6 Haushalt 2016 Ziffer 4):

„Der im Haushaltsplan vorgesehene Beitrag zur BZgA (Haushaltsposition 7325 „Beiträge zu Organisationen“) wird gemäß § 10 Absatz 2 Satz 1 SVHV (1. Alternative) in Höhe des Betrages von 0,45 € je Versicherten gesperrt.“

Mit Schreiben vom 10. Dezember 2015 lud die Beklagte daraufhin den Kläger zu einem aufsichtsrechtlichen Beratungsgespräch am 15. Dezember 2015 ein. Die Beklagte wies darauf hin, dass die Anbringung des Sperrvermerkes durch den Beschluss des Verwaltungsrates des Klägers vom 2. Dezember 2015 rechtswidrig sei. Er hindere den Kläger an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Vergütung des gesetzlichen Auftrags an die BZgA nach § 20a Absatz 3 Satz 4 SGB V. Um zu gewährleisten, dass die gesetzlichen Vorgaben spätestens zum 1. Januar 2016 umgesetzt werden, bedürfe es der Aufhebung des Sperrvermerkes, erforderlichenfalls im Wege aufsichtsrechtlicher Maßnahmen (§§ 217b SGB V in Verbindung mit § 37 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]).

Das Beratungsgespräch am 15. Dezember 2015 blieb aus Sicht der Beklagten erfolglos. Sie forderte daraufhin den Kläger mit Schreiben vom 17. Dezember 2015 nochmals auf, durch einen Beschluss den Sperrvermerk spätestens bis zum 30. Dezember 2015 aufzuheben. Die Beklagte kündigte für den Fall an, dass sich der Kläger sich weigere, den Beschluss aufzuheben, d...

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