Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. tatsächliche Aufwendungen. Kosten einer Räumungsklage. Entstehung der Mietrückstände aufgrund einer rechtswidrigen Leistungsversagung. fehlende Mitwirkung des Leistungsberechtigten. Nichtausfüllen von Rentenantragsformularen. Erforderlichkeit für die Feststellung der Erwerbsfähigkeit nach § 44a SGB 2

 

Leitsatz (amtlich)

Das Jobcenter trägt die Kosten einer Räumungsklage, wenn es dem Leistungsberechtigten zu Unrecht Leistungen versagt, dadurch Mietrückstände entstehen und der Vermieter in der Folge Räumungsklage erhebt. Die dann anfallenden Gerichtskosten sind als (einmalig anfallende) Bedarfe der Unterkunft im SGB II zu berücksichtigen.

 

Orientierungssatz

Es erschließt sich nicht, warum das Ausfüllen und die Vorlage von auf die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente gerichteten Antragsformularen für die Feststellung der Erwerbsfähigkeit im Verfahren nach § 44a SGB 2 erforderlich sein soll.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 22.11.2017; Aktenzeichen B 14 AS 25/17 R)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19. März 2014 sowie der Bescheid vom 7. November 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2013 aufgehoben, der Bescheid vom 24. September 2013 abgeändert und die Beklagte verurteilt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für Oktober 2013 in Höhe von weiteren 857,68 € zu gewähren.

Der Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme der Kosten einer Räumungsklage streitig.

Der 1953 geborene, alleinstehende Kläger bezog ab dem 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Seit Dezember 2014 werden ihm Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) vom zuständigen Sozialhilfeträger gewährt, nachdem ihm von der Deutschen Rentenversicherung Bund nach Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens und ausgehend von einem Versicherungsfall am 25.11.2011 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.12.2011 bewilligt worden war. Diese Erwerbsminderungsrente ist nicht von der jeweiligen Arbeitsmarktlage abhängig und besteht auf Dauer, weil unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann (so die Stellungnahme der Deutschen Rentenversicherung Bund, beruhend auf der Stellungnahme des beratenden Arztes Dr. B. vom 27.10.2014 [Bl. 979 ff. der Akten] und Bescheid vom 11.11.2014 mit monatlichem Rentenanspruch ab 01.01.2015 i. H. v. 193,22 €/Zahlbetrag: 172,36 €).

Hinsichtlich der Verpflichtung des Klägers, die Erwerbsfähigkeit mittels Gutachten abklären zu lassen, waren seit 2009 mehrere Verfahren vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) anhängig (vgl. insoweit die Ausführungen im Tatbestand des SG).

Am 29.12.2011 teilte der Beklagte dem Kläger - erneut - mit, dass er dessen Leistungsfähigkeit für die Dauer von mindestens sechs Monaten für so weit gemindert halte, dass dieser nur noch Beschäftigungen in einem Umfang von weniger als 15 Stunden wöchentlich (kurzzeitige Beschäftigung) ausüben könne oder mehr als kurzzeitige, weniger als 30 Wochenstunden umfassende Beschäftigungen nicht mehr unter Bedingungen ausüben könne, die auf dem für den Kläger in Betracht kommenden Arbeitsmarkt üblich seien. Damit gehöre der Kläger nicht mehr zum Personenkreis der Berechtigten, die Leistungen nach dem SGB II erhalten könnten. Gleichwohl habe der Kläger grundsätzlich bis zur Entscheidung über das Vorliegen der Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Diese Leistungen würden jedoch ab sofort vorläufig erbracht. Die Feststellung, ob eine Erwerbsminderung vorliege, treffe der zuständige Rentenversicherungsträger. Lägen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vor, entscheide das Jobcenter anhand des vorliegenden Gutachtens. Der Kläger wurde aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Schreibens Rente wegen Erwerbsminderung zu beantragen und die geforderten ergänzenden Angaben zu machen. Das Schreiben enthielt einen Hinweis darauf, dass für den Fall, dass der Kläger keinen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung innerhalb der Frist stelle, die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. m. § 9 Abs. 1 und § 2 SGB II wegen fehlender Hilfebedürftigkeit aufzuheben sei. Ferner wurde der Kläger aufgefordert, innerhalb der Frist einen Nachweis über diese Antragstellung vorzulegen. Für den Fall, dass ein solcher Nachweis innerhalb der Frist nicht eingegangen sei, würden die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) unmittelbar nach Fristablauf in vollem Umfange eing...

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