Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. stationäre Pflege. Vermögenseinsatz. Einsatzgemeinschaft. nicht getrennt lebender Ehegatte. stationäre Unterbringung in einem Pflegeheim. Schenkungsrückforderungsanspruch des anderen Ehegatten

 

Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung nach § 19 Abs 3 SGB XII zählt bei nicht getrennt lebenden Ehegatten auch zum Vermögen ein Rückforderungsanspruch der Ehepartnerin eines Hilfebedürftigen nach § 528 BGB gegen einen Dritten.

 

Orientierungssatz

Die Unterbringung eines Ehegatten in einem Pflegeheim führt nicht zum Getrenntleben der Ehegatten im Sinne des Familienrechts, wenn keiner der Ehegatten den hierfür erforderlichen objektiv hervortretenden Trennungswillen nach außen dokumentiert hat (vgl BSG vom 18.2.2010 - B 4 AS 49/09 R = BSGE 105, 291 = SozR 4-4200 § 7 Nr 16).

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. Januar 2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) (noch) für die Zeit von Juni 2017 bis Januar 2018.

Der 1950 geborene Kläger ist seit Februar 2015 im L des Hospitals in R untergebracht.

Am 22. Mai 2017 beantragte er die Übernahme der ungedeckten Heimkosten. Dem Antrag legte er einen Ausdruck des Sparbuchs mit der Nr. 3* und einem Saldo von 2.501,72 €, des Sparbuchs Nr. 3* mit einem Saldo von 2.506,63 €, des Girokontos Nr. 2* mit einem Saldo von 4.931,46 € sowie Kontoauszüge der Kapitalversicherung des Klägers mit einem Betrag von 4.534,46 € und seiner Ehefrau mit einem Betrag von 4.526,32 € bei. Daneben wurden Kontoauszüge des Kontos Nr. 1* mit einem Saldo von 5.276,52 € sowie des Kontos mit der Nr. 1* mit einem Saldo von 5.698,16 € vorgelegt. Ferner wurde mitgeteilt, dass aus der Lebensversicherung der Universal 12.000,00 € für die Ehefrau des Klägers abgehoben worden seien. Das Geld sei für Umzugskosten und eventuell benötigte Möbel gedacht.

Mit Bescheid vom 31. Juli 2017 lehnte der Beklagte den Antrag ab und führte zur Begründung aus, der Kläger verfüge gemeinsam mit seiner Ehefrau über übersteigendes Vermögen in Höhe von 36.941,75 €.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, die nicht im Leistungsbezug stehende Ehefrau des Klägers habe am 9. August 2017 ihrer Tochter 10.000,00 € verschenkt. Nach Abzug des Schonvermögens in Höhe von 10.000,00 € belaufe sich das verwertbare Vermögen noch auf rund 11.000,00 €, was bedeute, dass allenfalls für sieben Monate noch ausreichendes Vermögen vorhanden sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2017 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, das Schonvermögen im Falle des Klägers betrage nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1b 10.000,00 €. Der Kläger und seine Ehefrau hätten zum 30. Mai 2017 ausweislich der jeweiligen Salden auf ihren Girokonten und Sparguthaben zuzüglich des Barguthabens in Höhe von 12.000,00 € den oben genannten Schonbetrag um 20.641,00 € überschritten. Im Falle des Klägers seien auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Notlage ersichtlich und auch nicht geltend gemacht worden, die eine Erhöhung des maßgeblichen Freibetrages nach § 2 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung von § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII rechtfertigen könnten.

Sozialhilfe dürfe im Übrigen auch dann nicht vom Einsatz des den Schonbetrag übersteigenden Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dessen Einsatz eine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII für den Leistungsempfänger darstellen würde. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liege eine Härte dann vor, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles, wie z.B. die Art, Schwere und Dauer der Hilfe, das Alter oder die sonstigen Belastungen des Vermögensinhabers und seiner Angehörigen eine typische Vermögenslage deshalb zu einer besonderen Situation werden lasse, weil die soziale Stellung des Hilfenachfragenden insbesondere wegen einer Behinderung, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit nachhaltig beeinträchtigt sei.

Die Inanspruchnahme des die Vermögensfreigrenze übersteigenden Vermögens habe vorliegend keinen Einfluss auf die soziale Stellung des Klägers. Eine außergewöhnliche Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII könne daher nicht angenommen werden, die Forderung des Einsatzes des die Schongrenze übersteigenden Vermögens durch den Beklagten sei rechtmäßig.

Die mit Schreiben vom 17. August 2017 geltend gemachte Berücksichtigung einer Vermögensminderung aufgrund einer Schenkung über 10.000,00 € der Ehefrau des Klägers an die Tochter führe im Übrigen zu keiner anderen Beurteilung der Rechtslage. Die Schenkung begründe einen Schenkungsrückforderungsanspruch nach § 528 BGB. Hiernach könne der Schenker vom Beschenkten die Herausgabe des Geschenks forder...

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