Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. sachlicher Zusammenhang. Rückweg von der Nahrungsaufnahme bzw Arbeitspause. Beginn bzw Ende des versicherten Weges. Außentür. Treppensturz. auswärtige Kantine. Öffentlicher Verkehrsraum. Privatwirtschaftliche Verrichtung

 

Orientierungssatz

1. Stürzt eine Versicherte auf dem Rückweg zum Arbeitsplatz nach dem Mittagessen in einer auswärtigen Kantine noch im dortigen Treppenhaus, steht sie nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

2. Die Rechtsprechung, die Beginn und Ende des versicherten Weges an der Außentüre des Wohn- bzw Betriebsgebäudes beginnen lässt, hat das BSG auch in den Fällen zur Anwendung gebracht, in denen der versicherte Weg den Beschäftigten nicht nach Hause bzw. von dort zur Arbeit, sondern zum Mittagessen bzw von dort zurück in die Betriebsräume führt.

 

Normenkette

SGB VII § 8 Abs. 1, 2 Nr. 1

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 05.03.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin, die am 22.06.2012 auf dem Weg vom Mittagessen mit Kollegen kommend im Gebäude der Sparkasse P. eine Treppe hinabstürzte, einen Arbeitsunfall erlitt.

Die Klägerin (geboren 1973) ist seit September 2005 als angestellte Lehrerin am T.-H.-G. in P. beschäftigt. Die Schule verfügt über keine Kantine. Nach Angaben der Klägerin nehmen die Lehrer der Schule ihr Mittagessen üblicherweise in der in der Nähe der Schule gelegenen Kantine der Sparkasse P. ein.

Am 22.06.2012 ging die Klägerin nach Unterrichtsende um 12:05 Uhr mit Kollegen in die Kantine der Sparkasse P., um dort zu Mittag zu essen. Für 14:00 Uhr war in den Gebäuden der Schule eine Gesamtlehrerkonferenz angesetzt (zum Zeitablauf vgl. die Unfallanzeige, Blatt 1 = 5 der Verwaltungsakte der Beklagten). Auf dem Weg zurück zur Schule blieb die Klägerin - außerhalb der Kantine, aber noch im Gebäude der Sparkasse - um 13:45 Uhr, im Gespräch mit einem Kollegen vertieft, beim Heruntergehen einer Treppe mit der Schuhsohle an einer Stufe hängen, stürzte und verdrehte das rechte Knie (Unfallanzeige vom 25.06.2012, Blatt 1 der Verwaltungsakte der Beklagten). Dabei zog sich die Klägerin eine Ruptur des vorderen Kreuzbands mit begleitender Rissbildung im Bereich des Außenmeniskushinterhorns und Zerrung der medialen und ventromedialen Gelenkkapsel rechts unter Einbeziehung tiefer ansatznaher Innenbandanteile und des medialen Retinakulums zu (Arztbrief des Radiologen Dr. K. vom 26.06.2012, Blatt 44 der Verwaltungsakte der Beklagten; zu den Durchgangsarzt, H-Arzt- und Nachschauberichten vgl. Blatt 2, 5, 10, 15, 29 der Verwaltungsakte der Beklagten).

Mit Bescheid vom 13.07.2012 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfallereignisses als Arbeitsunfall ab (Blatt 24, 25 der Verwaltungsakte der Beklagten). Wege zur Aufnahme des Mittagessens stünden grundsätzlich unter Versicherungsschutz. Führe der Weg zur Nahrungsaufnahme aber aus dem eigenen Betrieb hinaus, beginne und ende der gesetzliche Unfallversicherungsschutz mit dem Durchschreiten der Außentür des Gebäudes, in dem sich die Kantine befinde.

Hiergegen legte die Klägerin am 24.07.2012 (Blatt 37bis 39 bzw. 41 bis 43 der Verwaltungsakte der Beklagten, zur weiteren Begründung vgl. Blatt 45, 56 der Verwaltungsakte der Beklagten) Widerspruch ein und trug im Wesentlichen unter Hinweis auf den Beschluss des Bayerischen VGH vom 10.05.1999 (Az 3 ZB 98.2893) vor, der Unfall habe sich noch innerhalb des Gebäudes der Sparkasse P. ereignet, in welchem die Kantine untergebracht sei. Unfallversicherungsschutz sei daher gegeben. Sie sei auch keinerlei Umweg gegangen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.2012 (Blatt 51 bis 54 = Blatt 59 bis 62 der Verwaltungsakte der Beklagten) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Auf Wegen zur oder von der Nahrungsaufnahme sei ein Versicherter regelmäßig im gesamten Bereich des öffentlichen Verkehrsraums geschützt. Mit dem Durchschreiten der Außentür des Sparkassengebäudes sei der öffentliche Verkehrsraum indes verlassen und im Unfallzeitpunkt noch nicht wieder erreicht gewesen, weshalb die Klägerin im Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe.

Die Klägerin hat am 26.11.2012 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben, die das SG mit Gerichtsbescheid vom 05.03.2013 abgewiesen hat. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, die Klägerin habe zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ende der Versicherungsschutz auf dem Hinweg zur Arbeit oder zur Nahrungsaufnahme und beginne auf dem Rückweg jeweils mit dem Durchschreiten der Außentür des Gebäudes, in dem z.B. die Wohnung, die Gaststätte oder - wie hier - die Kantine liege. Der Versicherungsschutz erstrecke sich damit nicht auf Unfälle auf Wegen in dem Gebäud...

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