Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenversicherung. Befreiung von der Versicherungspflicht. approbierter Tierarzt. Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter im veterinärmedizinischen Außendienst. berufsständische Versorgung. tiermedizinische Berufsausübung. Approbationspflichtige Tätigkeit. Qualitätssicherung von Arzneimitteln aus tierischen Zellen

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 SGB VI bei einem Tierarzt, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter im veterinärmedizinischen Außendienst tätig ist.

 

Normenkette

SGB VI § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 5 S. 1

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.12.2017; Aktenzeichen B 5 RE 10/16 R)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. März 2015 sowie der Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2014 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Kläger ab 16. Februar 2013 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) als Mitarbeiter im veterinärmedizinischen Außendienst.

Der Kläger ist approbierter Tierarzt. Mit Bescheid vom 1.6.1989 befreite ihn die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte von der Versicherungspflicht nach § 7 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) ab 1.4.1989 (Bl. 89 LSG Akte). Seither war er Mitglied der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte, ab 14.1.1991 Mitglied der Bayerischen Ärzteversorgung (Bl. 78 LSG Akte) und in der Zeit vom 1.12.2010 bis 15.2.2013 Mitglied im Versorgungswerk der Landestierärztekammer Thüringen (Bl. 79 LSG Akte) und hat aufgrund der oben genannten Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV zu den Versorgungswerken Beiträge gezahlt.

Seit 16.2.2013 ist der Kläger bei der Firma S. Dr. O. GmbH (Beigeladene zu 2.), als wissenschaftlicher Mitarbeiter im veterinärmedizinischen Außendienst mit einem Monatsgehalt von 4.750 € brutto zuzüglich Zusatzleistungen angestellt. Seither ist er laut der Formularerklärung des Versorgungswerks Pflichtmitglied der Landestierärztekammer Baden-Württemberg und (wieder) Pflichtmitglied der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte (Beigeladene zu 1.), zu der er ab Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechende einkommensbezogene Pflichtbeiträge zahlen muss (vgl. Bl. 4, 13 VA).

Die Beigeladene zu 2. vertreibt Arzneimittel, Futtermittel, Pflege und Hygieneprodukte, Zubehör für Intensivmedizin und Nahtmaterial für Tiere.

Mit Schreiben vom 8.2.2013 beantragte der Kläger die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bzw. S. 5 SGB VI. Nach Auswertung des Anstellungsvertrages vom 29.11.2012, einer Stellenausschreibung vom November 2013 für eine vergleichbare Stelle bei der Beigeladenen zu 2., wonach ein Tierarzt gesucht wurde, sowie der Stellenbeschreibung durch den Arbeitgeber vom 12.12.2013 - Hauptaufgabe: veterinärmedizinische Beratung und qualifizierte Präsentation der Tierarzneimittel bei Tierärzten und Tierkliniken - lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 16.1.2014 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass es sich um keine berufsspezifische Tätigkeit als Tierarzt handele. Allein die Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und in der berufsständischen Versorgungseinrichtung sei nicht ausreichend, sondern es müsse auch eine für einen Tierarzt typische tierärztliche Berufstätigkeit, die durch das Behandeln erkrankter oder verletzter Tiere, Vorsorgemaßnahmen zur Verhinderung von Krankheiten, Sicherstellung des Tierschutzes nach § 1 BTÄO (Bundestierärzte-Ordnung) gekennzeichnet sei, ausgeübt werden. Anders als im Beitragsrecht der Kammern sei eine berufsspezifische Tätigkeit danach nicht bereits gegeben, wenn noch Kenntnisse und Fähigkeiten einer veterinärmedizinischen Ausbildung mit verwendet würden; vielmehr müsse es sich um eine “approbationspflichtige Tätigkeit„ handeln. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI sei in dem Sinne zu verstehen, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht nicht personen-, sondern tätigkeitsbezogen sei. Der Aufgabenschwerpunkt des Klägers, Kunden vor Ort veterinärmedizinisch zu beraten sowie die Tierarzneimittel der Firma qualifiziert zu präsentieren, entspreche nicht dem in der Bundes-Tierärzteordnung (BTO) niedergelegten Berufsbild von Tierärzten. Dass bei der Ausübung der Tätigkeit ein veterinärmedizinisches Fachwissen nützlich sei, mache die Tätigkeit als solche nicht zu einer berufsspezifischen tierärztlichen Tätigkeit.

Den dagegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass das Beruf...

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