Entscheidungsstichwort (Thema)

Forst- und landwirtschaftliche Unfallversicherung. forstwirtschaftlicher Unternehmer. keine Bewirtschaftung des Waldgrundstückes. der Verwilderung überlassene Waldfläche

 

Leitsatz (amtlich)

Forstwirtschaftlicher Unternehmer ist auch derjenige, der seinen Wald der Verwilderung überlassen will.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09.04.2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 5.274,83 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht eine Beitragspflicht des Klägers als forstwirtschaftlicher Unternehmer zur landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft festgestellt und Beiträge festgesetzt hat.

Der Kläger ist spätestens seit Juli 1996 Eigentümer des Grundstücks Gemarkung H. (Amtsgerichtsbezirk J. ), Flur 2, Flurstück 240 mit insgesamt 5.800 m²; davon 4.327 m² Wald und 1.473 m² Grünland.

Im Rahmen des von der Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend einheitlich: Beklagte) eingeleiteten Verfahrens zur Prüfung der unfallversicherungsrechtlichen Zuständigkeit teilte der Kläger mit, dass er keinen Nutzen aus seinem Grundstück ziehe. Die Grundstücke würden nur zur “dauerhaften Verwilderung bzw. Brachland, als Anfahrgrundstück bzw. um Werterhaltung Baugrundstück„ genutzt.

Mit Bescheid vom 20.06.2012 stellte die Beklagte ihre Zuständigkeit als Berufsgenossenschaft für das vom Kläger betriebene “forstwirtschaftliche Unternehmen„ im Sinne des § 123 Abs. 1 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) als gesetzliche Unfallversicherungsträger fest und kündigte eine jährliche Beitragserhebung an. Mit Beitragsbescheid vom 20.06.2012 wurden die Beiträge für die Geschäftsjahre 2007 bis 2009 für die Unternehmensart “Forst„ mit 4.300 m² mit jährlich 40,00 €, insgesamt 120,00 € sowie mit weiteren Beitragsbescheid vom 20.06.2012 für das Geschäftsjahr 2010 mit 42,90 € und für das Geschäftsjahr 2011 mit 42,22 € festgesetzt.

Den gegen die Bescheide vom 20.06.2012 eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, ein forstwirtschaftliches Unternehmen werde von ihm nicht geführt. Die Waldfläche würde auf Grund ihrer geringen Größe eine wirtschaftliche Nutzung nicht gewährleisten. Der Wald sei von ihm deshalb zur Verwilderung bestimmt, um seinen “Ökoterrorismus vollstens auszuleben sowie Karl dem Käfer eine Heimat zu bieten„.

Mit Bescheid vom 11.02.2013 stellte die Beklagte für das Jahr 2012 einen Beitrag i. H. v. 43,55€ fest. Auch hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2013 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 20.06.2012 sowie gegen den Bescheid vom 11.02.2013 zurück. Die höchstrichterliche Rechtsprechung habe mehrfach klargestellt, dass die landwirtschaftliche Unfallversicherung für das Vorliegen eines forstwirtschaftlichen Unternehmens gerade keine Gewinnerzielungsabsicht bzw. Gewerbsmäßigkeit voraussetze. Nach Sinn und Zweck der landwirtschaftlichen Unfallversicherung sei entscheidend, dass entweder konkrete forstwirtschaftliche Arbeiten selbst oder von Dritten verrichtet werden oder aber bei im Einzelfall nicht feststellbaren Tätigkeiten auf Grund der den Waldbesitzer durch die Waldgesetze auferlegten Bewirtschaftungspflichten solche Tätigkeiten und damit die Eigenschaft als forstwirtschaftlicher Unternehmer vermutet werde.

Mit Bescheid vom 08.07.2013 forderte die Beklagte den Kläger zur Zahlung der ausstehenden Beiträge inkl. Mahngebühren i. H. v. 2,15 € und Säumniszuschläge bis 16.06.2013 i. H. v. 24,00 €, insgesamt 274,82 €, auf. Den hiergegen eingelegten Widerspruch hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2013 zurückgewiesen. Ein Widerspruch sei ausschließlich in Bezug auf Einwendungen gegen die Berechnung sowie die Höhe des Rückstandes zulässig, da der Forderungsbescheid keine neue Regelung bezüglich der berufsgenossenschaftlichen Zuständigkeit für das klägerische Unternehmen und damit einhergehenden Beitragspflichten treffe. Gegen die rechnerische Höhe selbst seien keine Einwände erhoben worden und Fehler auch nicht erkennbar.

Bereits am 29.07.2013, (einem Montag) hat der Kläger - damals in Karlsruhe wohnhafte Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 25.06.2013 und die von diesem betroffenen Bescheide erhoben. Er hat am 30.12.2013 (wiederum ein Montag) den Klageantrag auf den Bescheid vom 08.07.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2013 erweitert; die Beklagte hat dem ausdrücklich zugestimmt. Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger vorgetragen, die vom Bundessozialgericht begründete Vermutungsregelung, die sich auch auf das Nutzungsrecht beziehe, finde im Gesetz keine Stütze. Es fehle vorliegend an einer Tätigkeit als Definitionsmerkmal eines Unternehmens. Unbeachtlich sei, ob der Kläger nach dem thüringischen Waldgesetz (ThürWaldG) verpflichtet sei, Arbeiten durchzuführen, da § ...

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