Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenversicherung. Befreiung von der Versicherungspflicht. Mitgliedschaft von Ärzten, Tierärzten oder Apothekern in berufsständischer Versorgungseinrichtung. Beschäftigungen als Pharmaberater oder Gebietsleiter sind keine berufsgruppenspezifischen Tätigkeiten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Beschäftigung iS des § 6 Abs 5 S 1 SGB 6 ist jede berufsgruppenspezifische Tätigkeit, für die die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs 1 SGB 6 vorliegen.

2. Ärzte, Tierärzte und Apotheker, die bei Pharmaunternehmen beschäftigt sind, üben unabhängig davon, ob sie als Pharmaberater iS des § 75 AMG oder als Gebietsleiter eingesetzt werden keine berufsgruppenspezifische Tätigkeit aus.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 31.10.2012; Aktenzeichen B 12 R 3/11 R)

 

Tenor

Die Klagen der Klägerin und der Beigeladenen gegen den Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2009 werden abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beigeladenen in ihrer Tätigkeit bei der Klägerin von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI; bis 31. Dezember 1991 § 7 des Angestelltenversicherungsgesetzes [AVG]) befreit sind oder die Beklagte von der Klägerin für die Beigeladenen zu Recht Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von (zuletzt noch) 217.668,75 € nachfordert.

Die Klägerin ist ein Unternehmen der pharmazeutischen Industrie. Die Beigeladenen sind bei der Klägerin als Gebietsleiter bzw Pharmaberater abhängig beschäftigt.

Der frühere Beigeladene zu 1) ist approbierter Arzt. Mit Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) vom 9. September 1992 gewährte ihm diese die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 1. Januar 1992 auf Grund einer Pflichtmitgliedschaft in der Ärzteversorgung Thüringen.

Der 1972 geborene Beigeladene zu 2) ist ebenfalls approbierter Arzt und wurde mit Bescheid der Beklagten vom 8. März 2001 mit Wirkung ab dem 1. Februar 2001 auf Grund einer Pflichtmitgliedschaft in der Nordrheinischen Ärzteversorgung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Der Befreiungsbescheid enthielt folgenden Hinweis:

“Die Befreiung gilt für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu zahlen wären. Die Wirkung der Befreiung ist grundsätzlich auf die jeweilige berufsständische Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt.

Die Befreiung erstreckt sich, sofern die Pflichtmitgliedschaft in der Berufskammer weiterhin besteht, auch auf andere nicht berufsständische versicherungspflichtige Beschäftigungen oder Tätigkeiten, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt sind und Sie insoweit satzungsgemäß verpflichtet sind, einkommensbezogene Beiträge zur Versorgungeinrichtung zu zahlen.„

Im Befreiungsantrag wurde als Arbeitgeber das Evangelische Krankenhaus M. genannt, wo der Beigeladene zu 2) ab dem 1. Februar 2001 beschäftigt war. Am 1.Oktober 2002 trat er in die Dienste der Klägerin ein. Dort führte er Patientenschulungen, insbesondere zur Anwendung von Medikamenten, sowie Seminare für medizinisches Fachpersonal durch. Ferner hielt er Vorträge zu besonderen Krankheitsbildern wie zB Krebserkrankungen. Die Anstellung bei der Klägerin erfolgte unbefristet. Seit dem 1. Januar 2008 ist er nicht mehr für die Klägerin tätig.

Der 1963 geborene Beigeladene zu 3) ist approbierter Apotheker. Am 13. Juli 1988 beantragte er bei der Beklagten (Eingang des Antrags beim Versorgungswerk) die Befreiung von der Angestellten-Versicherungspflicht für eine ab 11. April 1988 in einer Apotheke in E. ausgeübte Beschäftigung. Mit Bescheid der Beklagten vom 21. September 1988 befreite sie ihn auf Grund einer Mitgliedschaft in der Landesapothekerkammer Hessen von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 7 Abs 2 AVG ab 1. August 1988. Der Befreiungsbescheid enthielt folgenden Hinweis:

“Die Befreiung gilt für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu entrichten wären.

Werden mehrere Beschäftigungen ausgeübt, so gilt die Befreiung nur für die Beschäftigung, auf der die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung beruht und nach deren Arbeitsentgelt die Versorgungsabgaben zu berechnen sind.„

Ab 1. Juli 1997 war der Beigeladene zu 3) als Außendienstmitarbeiter bei der Klägerin beschäftigt. In der Vergangenheit betreute er in dieser Funktion das Medik...

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