Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Entschädigung Dritter. sonstige Aufwendungen. Heranziehung zur Vorlage von Röntgenbildern zur Vorbereitung eines Gutachtens. Übernahme der Kosten der Digitalisierung

 

Leitsatz (amtlich)

Fordert das Gericht von einem Dritten Röntgenbilder an zur Vorbereitung eines Gutachtens, sind die Kosten für die Digitalisierung der konventionell vorliegenden Röntgenbilder zu übernehmen, soweit sie angemessen sind, wenn dem Dritten die ersatzlose Herausgabe der Originalbilder nicht zugemutet werden kann.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 9. August 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Entschädigung für vorgelegte Röntgenaufnahmen.

Im Verfahren S 6 U 2434/09 forderte das Sozialgericht Konstanz (SG) den Antragsteller zur Vorlage seiner Röntgenunterlagen auf zur Vorbereitung einer Begutachtung. Der Antragsteller legte eine CD-ROM mit Röntgenunterlagen vor und machte hierfür Kosten in Höhe von 18,00 € geltend. Das SG erstattete am 4. Mai 2010 hierfür eine Betrag in Höhe von 2,50 €.

Am 3. August 2010 hat der Antragsteller richterliche Kostenfestsetzung beantragt. Die vom SG angeforderten Röntgenbilder lägen noch “klassisch„ auf Film vor, die digitale Aufnahmetechnik werde in der Klinik erst seit November 2009 betrieben. Die ersatzlose Herausgabe von Röntgenbildern sei in der Klinik aus gewichtigen Gründen verboten. In der Unfallchirurgie/Orthopädie seien die meisten Krankheitsbilder bzw. Verletzungsfolgezustände ohne Röntgenbilder nicht ausreichend beurteilbar. Bei Eintreffen eines im Hause vorbehandelten Patienten müsse daher unverzüglich auf die Bildgebung zu Vergleichszwecken zurückgegriffen werden. Da namentlich in Sozialgerichtsverfahren die Bilder häufig sehr lange, gelegentlich dauerhaft abgängig seien, sei der Einbehalt entweder der Originale oder einer Sicherungskopie dringend geboten. Vor Einführung der digitalen Technik seien die Röntgenbilder mit einer speziellen Kopiermaschine dupliziert worden, wofür formatabhängig ein Kostenersatz zwischen 5,00 und 7,00 € gefordert und bezahlt worden sei. Seit Einführung der digitalen Technik würden die “klassischen„ Bilder bei Bedarf, also bei Anforderung über ein Lesegerät eingescannt und als digitaler Datensatz auf CD-ROM gebrannt. Dieser Vorgang könne nicht durch Hilfskräfte erledigt werden, denn er erfordere Fachkenntnisse einer MRTA hinsichtlich des zu wählenden Bildausschnitts, Kontrastes, der Helligkeit und weiterer Parameter. Der Vorgang sei außerdem zeit- und arbeitsaufwendig. Unter Zugrundelegung der erforderlichen Arbeitszeit sei seitens des Klinikträgers ein Kostenersatz von 18,00 € pro CD festgelegt worden. § 7 Abs. 3 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) sei nicht einschlägig, da dort die Überlassung bereits elektronisch gespeicherter Daten anstelle von Ablichtungen geregelt sei. Vorliegend müsse jedoch der aufwendige Vorgang der Speicherung in elektronischer Form zuerst durchgeführt werden. Erst dann könne die Speicherung des Datensatzes auf Datenträger erfolgen. Es sei daher § 23 JVEG einschlägig. Im Übrigen hat der Antragsteller klargestellt, dass eine nachträgliche Digitalisierung sämtlicher archivierter “klassischer„ Röntgenbilder angesichts des immensen Arbeitsaufwands nicht geplant sei, nur angeforderte Bilder würden digitalisiert.

Mit Beschluss vom 9. August 2010 hat das SG die Entschädigung des Antragstellers für die vorgelegten Röntgenunterlagen auf 18,00 € festgesetzt. Dritte, die aufgrund einer gerichtlichen Anordnung nach § 142 Abs. 1 oder 144 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) Urkunden, sonstige Unterlagen oder Gegenstände vorlegen, könnten gemäß § 23 JVEG wie Zeugen entschädigt werden. Zeugen würden gemäß § 19 Abs. 1 Ziff. 3 JVEG für sonstige Aufwendungen gemäß § 7 JVEG entschädigt. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 JVEG würden auch die in §§ 5, 6 und 12 nicht besonders genannten Aufwendungen ersetzt, soweit sie notwendig seien. In Anwendung dieser Vorschriften könnten die geltend gemachten 18,00 € erstattet werden. Bei § 7 Abs. 1 Satz 1 JVEG handele es sich um eine Vorschrift, die für sonst im Rahmen des JVEG nicht geregelte Kosten gelte. Es handele sich um eine Ausnahmevorschrift für Einzelfälle, zusätzlich sei das Notwendigkeitskriterium zu beachten. Anzuerkennen sei, dass dem Antragsteller nicht zugemutet werden könne, die originalen Röntgenbilder ohne Zurückbehaltung einer Sicherung bzw. stattdessen duplizierte Röntgenbilder vorzulegen. Dem Kostenrichter sei aufgrund seiner Erfahrungen mit unfallversicherungsrechtlichen Streitigkeit bekannt, dass in vielen Fällen die Begutachtung die Einsichtnahme in die originalen Röntgenunterlagen erfordere. Nachvollziehbar sei damit auch, dass für die Krankenbehandlung in der Klinik des Antragstellers identische Grundsätze gälten. Gemäß § 142 Abs. 2 ZPO seien Dritte zur Vorlegung nicht verpflichtet, soweit ihnen dies nicht zumut...

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