Mit dem Bundesteilhabegesetz wurden die bisherigen Bestimmungen zur Koordinierung der Leistungen zur Teilhabe erheblich verändert. Mit dem Antrag (Eingang eines Antrags oder Antragsaufnahme beim Leistungsträger) auf Leistungen zur Teilhabe (in der gesetzlichen Unfallversicherung, der sozialen Entschädigung, der öffentlichen Jugendhilfe und der Sozialhilfe mit Kenntnis des Trägers von einem voraussichtlichen Teilhabebedarf[1]) wird das Verfahren eingeleitet. Die Antragsbearbeitung hat das Prinzip der Leistungserbringung "wie aus einer Hand" zu verfolgen. Aus diesem Grund sind die Rehabilitationsträger gehalten, einheitliche Lebenssachverhalte im Regelfall im Rahmen eines vom leistenden Rehabilitationsträger zu koordinierenden Antrags zu bearbeiten. Nur wenn sich im Ausnahmefall völlig neue Lebenssachverhalte und damit einhergehende Bedarfslagen (z. B. Neu- oder Folgeerkrankung, Veränderung des beruflichen oder sozialen Umfelds, Familiengründung) ergeben sollten, gelten die Regelungen zur Koordinierung mehrerer Antragsverfahren in einem Teilhabeplan (ergänzende Antragstellung).[2] Grundsätzlich ist der erstangegangene Rehabilitationsträger verantwortlich. Allerdings kann er innerhalb von 2 Wochen nach Eingang des Antrags/Kenntnis vom voraussichtlichen Teilhabebedarf feststellen, ob er nach seinem Leistungsgesetz für alle beantragten Leistungen unzuständig ist. Ist dies offensichtlich nicht der Fall, leitet er den Antrag unverzüglich an den nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger weiter und unterrichtet darüber den Antragsteller. Eine Weiterleitung liegt nicht vor, wenn ein Rehabilitationsträger oder Jobcenter einen Antrag erkennbar für einen anderen Rehabilitationsträger aufnimmt (z. B. auf dessen Antragsvordrucken). Muss für die Feststellung der Zuständigkeit die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung innerhalb der 2 Wochenfrist nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Träger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt.[3]

Stellt der erstangegangene Rehabilitationsträger dagegen fest, dass er (zumindest für einen Teil) der beantragten Teilhabeleistungen zuständig ist, stellt er den Rehabilitationsbedarf fest und erbringt die Leistung (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger – vorbehaltlich der Beteiligung anderer Rehabilitationsträger oder Durchführung eines Teilhabeplanverfahrens – innerhalb von 3 Wochen nach Antragseingang. Ist ein Gutachten erforderlich, erfolgt die Entscheidung innerhalb von 2 Wochen nach Vorliegen des Gutachtens.[4]

Wurde der Antrag weitergeleitet und stellt der zweitangegangene und dann verantwortliche Rehabilitationsträger fest, dass er nach seinem Leistungsgesetz insgesamt für die Leistung nicht zuständig ist, kann er den Antrag an einen dritten Rehabilitationsträger mit dessen Zustimmung weiterleiten (Turboklärung[5]). Hierbei sind die bereits laufenden Fristen weiterhin zu beachten.

Der letztlich verantwortliche Rehabilitationsträger hat die Bedarfe umfassend also nicht nur nach seinem eigenen Leistungsgesetz, sondern auch anderen Leistungsgesetzen festzustellen und zu erbringen. Besteht allerdings die Leistungsverantwortung bei mehreren Rehabilitationsträgern, identifiziert der leistende Rehabilitationsträger ausdrücklich die nach anderen Leistungsgesetzen von weiteren Rehabilitationsträgern zu erbringenden Leistungen. Er leitet in diesem Fall den Antrag insoweit zur Stellungnahme an die anderen Rehabilitationsträger weiter.[6] Stellt der leistende Rehabilitationsträger dagegen fest, dass er für diese Leistung nicht Rehabilitationsträger sein kann (z. B. die gesetzliche Krankenkasse kann keine Leistung der sozialen Teilhabe erbringen), splittet er den Antrag insofern, als der angegangene Leistungsträger in eigener Zuständigkeit über die weiteren Leistungen zu entscheiden hat (Antragssplitting).[7]

Die Feststellungen der beteiligten Leistungsträger sind für den verantwortlichen Rehabilitationsträger bindend, wenn sie innerhalb von 2 Wochen nach der Anforderung (im Falle der Begutachtung innerhalb von 2 Wochen nach Vorliegen des Gutachtens) beim leistenden Rehabilitationsträger eingegangen sind.[8] Andernfalls stellt er nach allen in Betracht kommenden Leistungsgesetzen (nicht nur der für ihn geltenden Leistungsgesetze) den Rehabilitationsbedarf umfassend fest. Wenn alle Verfahrensbeteiligten einwilligen und der Leistungsberechtigte nicht aus wichtigem Grund widerspricht, kann allerdings vereinbart werden, dass abweichend der jeweilige Rehabilitationsträger die (Teil-)Leistungen in eigenem Namen bewilligt und erbringt.[9]

Wichtig ist, dass sich die Fristen bei Beteiligung von mehreren Rehabilitationsträgern ändern. In diesem Fall ist innerhalb von 6 Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Die Frist verlängert sich zudem auf max. 2 Monate nach Antragseingang, wenn eine Teilhabeplankonferenz nach § 20 SGB IX ...

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