Zusammenfassung

 
Begriff

Wenn die Krankenkasse erkennt, dass die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten erheblich gefährdet oder gemindert ist, kann sie zum Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben auffordern. Die Krankenkasse kann nur ausnahmsweise auffordern, einen Rentenantrag zu stellen, wenn ein Anspruch auf eine Regelaltersrente besteht.

Die Aufforderung durch die Krankenkasse schränkt das Dispositionsrecht des Versicherten über seine Ansprüche gegen den Rentenversicherungsträger ein. Der Antrag ist innerhalb einer Frist von 10 Wochen zu stellen. Das Krankengeld wird mit dem Ende der Frist eingestellt, wenn der Antrag unterlassen oder verspätet gestellt wird.

Die Träger der Rehabilitation sind nach dem Grundsatz "Vorrang von Leistungen zur Teilhabe vor Rente" verpflichtet, vor der Bewilligung von Renten wegen Erwerbsminderung zu prüfen, ob Leistungen zur Teilhabe notwendig sind. Davon ist nur abzusehen, wenn insbesondere wegen der Art oder der Schwere der Behinderung ein Erfolg solcher Maßnahmen nicht zu erwarten ist.

Bezieher einer Teilrente wegen Alters mit Anspruch auf Krankengeld konnten bis zum 31.12.2022 aufgefordert werden, eine neue Prognoseentscheidung des Rentenversicherungsträgers über den Hinzuverdienst zu beantragen.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: Den Grundsatz "Vorrang von Leistungen zur Teilhabe vor Rente" regeln § 9 Abs. 2 SGB IX und § 9 Abs. 1 Satz 3 SGB VI. Die Rechtsgrundlage für die Aufforderung zum Antrag auf Leistungen zur Teilhabe oder zum Rentenantrag bildet § 51 SGB V. Ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe wird nach § 116 Abs. 2 SGB VI in einen Rentenantrag umgewandelt. Aussagen zum Dispositionsrecht des Versicherten ergeben sich aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil v. 26.6.2008, B 13 R 37/07 R). Das Stammrecht auf Krankengeld bleibt auch dann erhalten, wenn das Krankengeld wegfällt (BSG, Urteil v. 16.12.2014, B 1 KR 31/13 R). Der GKV-Spitzenverband und die Spitzenorganisationen der Kranken- und Unfallversicherung haben dazu das Gemeinsame Rundschreiben vom 7.9.2022 verfasst (GR v. 7.9.2022).

1 Aufforderung zum Antrag auf Leistungen zur Teilhabe

Eine rechtmäßige Aufforderung zum Antrag auf Leistungen zur Teilhabe durch die Krankenkasse ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Da die Aufforderung ein Verwaltungsakt ist, treten die Rechtsfolgen – u. a. des unterlassenen Antrags – auch bei einer rechtswidrigen Aufforderung ein. Davon ausgenommen ist nur die nichtige Aufforderung,[1] die von Anfang an unwirksam und damit unbeachtlich ist.[2]

Versicherte mit einem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland können zum Antrag auf Leistungen zur Teilhabe oder zum Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung aufgefordert werden.[3]

 
Praxis-Beispiel

Rechtswidrige Aufforderung

Eine Krankenkasse fordert schriftlich zum Antrag auf Leistungen zur Teilhabe auf. Der Begründung ist nicht zu entnehmen, ob und wie die Krankenkasse ihr Ermessen hinsichtlich der Aufforderung ausgeübt hat. Der Versicherte ist vor der Aufforderung nicht angehört worden. Ein Widerspruch gegen die Aufforderung wird nicht eingelegt.

Der Verwaltungsakt der Krankenkasse leidet sowohl an einem materiellen Fehler (fehlendes Ermessen) als auch an einem Verfahrensfehler (unterlassene Anhörung).

Damit ist die Aufforderung rechtswidrig, aber nicht nichtig. Es handelt sich hier nicht um besonders schwerwiegende und offensichtliche Fehler, die nachträglich berichtigt werden können.

Da ein Widerspruch nicht eingelegt wurde, wird der Verwaltungsakt wirksam und unanfechtbar. Er ist trotz seiner Rechtswidrigkeit sowohl vom Versicherten als auch vom Rentenversicherungsträger zu beachten.

1.1 Voraussetzungen

Die Krankenkasse kann Versicherte zum Antrag auf Leistungen zur Teilhabe auffordern, wenn deren Erwerbsfähigkeit nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist.[1] Befindet sich der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt im Ausland, kann die Krankenkasse entweder zum Antrag auf Leistungen zur Teilhabe oder zum Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auffordern.

 
Hinweis

"Nachgeschobene" Aufforderung

Hat ein Versicherter bereits von sich aus einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe oder einen Rentenantrag gestellt, ist auch eine nachgeschobene Aufforderung zur Einschränkung der Dispositionsbefugnis des Versicherten zulässig.[2] Die Dispositionsfreiheit wird durch die nachgeschobene Aufforderung für die Zukunft eingeschränkt. Die Krankenkasse verlangt damit nicht, einen neuen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe zu stellen, sondern fordert den Versicherten auf, den einmal gestellten Antrag weder zurückzunehmen noch inhaltlich zu beschränken. Nicht betroffen sind bereits vor der Aufforderung getätigte Verfügungen des Versicherten.

1.1.1 Anspruch auf Krankengeld

Eine rechtmäßige Aufforderung zum Antrag auf Leistungen zur Teilhabe ist nur im Zusammenhang mit einem Anspruch...

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