2.2.1 Einkunftsbegriff

 

Rz. 24

Nach der Systematik des § 82 ist das Einkommen nach Abs. 1 zunächst als Bruttogröße zu bestimmen, bevor nach Abs. 2 bestimmte Absetzbeträge zu subtrahieren sind. Die Differenz ist die Nettogröße, die als (Netto-)Einkommen einzusetzen ist. Unter Einkünften ist daher die Summe sämtlicher (Brutto-)Einnahmen zu verstehen, die dem Hilfebedürftigen im Bedarfszeitraum zufließen (Bruttoprinzip, vgl. auch § 3 Abs. 1 Satz 1 DVO). Mit der Formulierung "alle" erfasst der Gesetzeswortlaut ausnahmslos sämtliche Mittel ohne Bagatellgrenze, also auch minimale Zuwendungen im gesellschaftlich-zwischenmenschlichen Bereich, wie Trinkgelder oder Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke (weiter sozialhilferechtlicher Einkommensbegriff, vgl. dazu auch BSG, Urteil v. 8.2.2007, B 9b SO 5/06 R). Nach § 1 DVO sind Einkommen alle Einnahmen ohne Rücksicht auf ihre Herkunft (Prostitution) und Rechtsnatur (Einnahmen aus Bettelei) sowie ohne Rücksicht darauf, ob sie zu den (sieben) Einkunftsarten i. S. des EStG gehören und ob sie der Steuerpflicht unterliegen oder nicht.

 

Rz. 25

  • Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 3 DVO)

Welche Einkünfte zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören, bestimmt sich gemäß § 3 Abs. 1 DVO nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Zu den Einkünften aus solchen Tätigkeiten gehören typischerweise Löhne, Gehälter, Gratifikationen, Tantiemen sowie andere Bezüge (z. B. Beihilfen und Sonderzuwendungen für Beamte, BVerwG, Urteil v. 8.11.1973, V C 118.72) und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst (z. B. Essenszuschläge, BVerwG, Urteil v. 14.12.1972, V C 65.72). Hierzu zählt auch die Nachzahlung von Arbeitsentgelt (BSG, Urteile v. 18.2.2010, B 14 AS 86/08 R, und v. 28.10.2009, B 14 AS 55/08 R). Bei der Berechnung der Einkünfte ist von den monatlichen Bruttoeinnahmen auszugehen (§ 3 Abs. 3 Satz 1 DVO). Als nichtselbständige Arbeit gilt auch die Arbeit, die in einer Familiengemeinschaft von einem Familienangehörigen des Betriebsinhabers gegen eine Vergütung geleistet wird. Wird die Arbeit nicht nur vorübergehend geleistet, so ist in Zweifelsfällen anzunehmen, dass der Familienangehörige eine Vergütung erhält, wie sie einem Gleichaltrigen für eine gleichartige Arbeit gleichen Umfangs in einem fremden Betrieb ortsüblich gewährt wird (§ 3 Abs. 2 DVO). Wird allerdings nachweislich unentgeltlich gearbeitet, so können keine (fiktiven) Einkünfte angerechnet werden (vgl. Komm. zu fiktivem Einkommen). Sonderzuwendungen, Gratifikationen und gleichartige Bezüge und Vorteile, die in größeren als monatlichen Zeitabständen gewährt werden, sind wie einmalige Einnahmen zu behandeln (§ 3 Abs. 3 Satz 2 DVO, vgl. zu einmaligen Einnahmen Rz. 77 ff.). Jährliche Sonderzuwendungen sind i. d. R. auf 12 Monate zu verteilen (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 DVO; zum BSHG: BVerwG, Urteil v. 8.11.1973, V C 118.72).

 

Rz. 26

  • Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 4 DVO)

Welche Einkünfte zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehören, bestimmt sich gemäß § 4 Abs. 1 DVO nach § 18 Abs. 1 EStG. Zu den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit zählen danach vor allem Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit, aber auch Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten, für die Vermögensverwaltung und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied.

 

Rz. 27

  • Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 4 DVO)

Hier werden insbesondere Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen sowie Gewinnanteile von Gesellschaftern erfasst (vgl. § 4 Abs. 1 DVO i. V. m. § 15 Abs. 1 EStG). Nach § 15 Abs. 2 EStG ist Gewerbebetrieb eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht unternommen wird, Gewinn zu erzielen, und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Glücksspieleinnahmen stellen keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern andere Einkünfte i. S. d. § 8 DVO dar (vgl. BSG, Urteil v. 15.6.2016, B 4 AS 41/15 R).

 

Rz. 28

  • Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§§ 4 und 5 DVO)

Welche Einkünfte zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören, bestimmt sich gemäß § 4 Abs. 1 DVO nach § 13 Abs. 1 und 2 EStG.

 

Rz. 29

  • Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 6 DVO)

Als Einkünfte aus Kapitalvermögen sind insbesondere Zinsen und Gewinnanteile (Dividenden) und andere Bezüge aus Aktien zu berücksichtigen (vgl. § 6 DVO i. V. m. § 20 Abs. 1 bis 3 EStG).

 

Rz. 30

  • Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 7 DVO)

Derartige Einkünfte werden mit unbeweglichem Vermögen erzielt, d. h. mit Grundstücken, Gebäuden, Gebäudeteilen, Schiffen usw. (vgl. § 7 DVO i. V. m. § 21 Abs. 1 und 3 EStG). Die Einkünfte aus der Vermietung beweglichen Vermögens (Beispiel: Pkw) gehören zu den anderen Einkünften (§ 8 DVO).

 

Rz. 31

  • Andere Einkünfte (§ 8 DVO)

Die Vorschrift ist ein Auffangtatbestand für alle Einkünfte, die nicht in §§ 3, 4, 6 und 7 DVO erfasst sind. Hierzu zählen beispielsweise:

Abfindungen/Entla...

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