Rz. 2

Die Vorschrift knüpft an die in den §§ 22a bis 22c SGB II zum 1.4.2011 geschaffene Möglichkeit an, die Kommunen zu ermächtigen, durch Satzung zu bestimmen, in welcher Höhe Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in ihrem Gebiet angemessen sind. Durch § 35b gilt eine nach den §§ 22a bis 22c SGB II erlassene Satzung zur Bestimmung der Höhe der Kosten von Unterkunft und Heizung im SGB II auch für das SGB XII. Die im SGB II enthaltenen Regelungen zu den Voraussetzungen für den Erlass einer Satzung sind deshalb im SGB XII entbehrlich. Den Trägern der Sozialhilfe wird keine eigene Satzungsermächtigung erteilt. Da die Kommunen sowohl Träger der Kosten der Unterkunft nach dem SGB II als auch nach dem SGB XII sind, ist dies nicht erforderlich (krit. dazu allerdings Stölting, in: jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, § 35a Rz. 16; Scheider, in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 20. Aufl. 2020, § 35a Rz. 9; offen gelassen BSG, Urteil v. 17.10.2013, B 14 AS 70/12 R Rz. 13). Außerdem soll durch die Erstreckung einer Satzung nach §§ 22a bis 22c SGB II auf den Rechtskreis des SGB XII gewährleistet werden, dass es keine Unterschiede hinsichtlich der Höhe der als angemessen anzusehenden Kosten für Unterkunft und Heizung gibt. Dies ist insbesondere für die sog. gemischten Bedarfsgemeinschaften, also solche Haushalte von Bedeutung, in denen Personen Leistungen nach dem SGB II und andere Personen Leistungen nach dem SGB XII erhalten (vgl. zum Ganzen BT-Drs. 17/3404 S. 126).

 

Rz. 3

Die Einführung der genannten Regelungen im SGB II ist vor dem Hintergrund der Bemühungen zu sehen, den Begriff der Angemessenheit in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II handhabbar zu machen, was bisher – auch durch die Rechtsprechung des BSG zum "schlüssigen Konzept" (vgl. dazu die Komm. zu § 35; Knickrehm, Sozialrecht aktuell 2011, 125) – nicht befriedigend gelungen ist (vgl. dazu Groth, in: Groth/Luik/Siebel-Huffmann, Das neue Grundsicherungsrecht, Rz. 365). Mit der "Satzungslösung" wurde hierfür ein neues Instrument zur Verfügung gestellt, welches selbständig neben den gesetzlichen Regelungen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II und § 35 Abs. 1 Satz 1 steht (vgl. Mutschler, NZS 2011, 481, 485) und den Ländern bzw. den Kommunen die Möglichkeit eröffnen soll, den Bedarf für Unterkunft und Heizung transparent und rechtssicher auszugestalten (so jedenfalls die Gesetzesbegründung zu § 22a SGB II in BT-Drs. 17/3404 S. 99; Groth, a. a. O., Rz. 367; Mutschler, a. a. O.; Berlit, in: LPK-SGB II, 8. Aufl. 2024, § 22a Rz. 1).

 

Rz. 4

§ 22a Abs. 1 SGB II enthält die grundsätzliche Ermächtigung für die Länder, ihrerseits die Kreise und kreisfreien Städte zu ermächtigen, durch Satzung (oder eine andere Form der Rechtssetzung) die Angemessenheit der Höhe der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in ihrem Gebiet zu bestimmen (sog. Kaskadenermächtigung). Unter bestimmten Voraussetzungen können die Länder ihre Kommunen auch ermächtigen, die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in ihrem Gebiet durch Satzung im Rahmen einer Pauschale zu berücksichtigen (§ 22a Abs. 2 Satz 1 SGB II), was bis dahin nicht möglich war. Bislang haben von der Ermächtigung in § 22a Abs. 1 bzw. Abs. 2 SGB II allerdings nur die Länder Berlin, Hessen, Schleswig-Holstein und Sachsen Gebrauch gemacht (vgl. Nachweise bei Scheider, in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 20. Aufl. 2020, § 35a Rz. 4; Berlit, SGb 2011, 678, 683 Fn. 229, 230).

 

Rz. 5

Nach Einfügung der "Satzungslösung" wurde zunächst diskutiert, ob bzw. ggf. welche Gestaltungsmöglichkeiten sich hieraus für die zur Satzungsgebung ermächtigten Kommunen im Einzelnen ergeben (vgl. hierzu insbesondere die Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Ausführung einer Satzungsermächtigung bei den Kosten der Unterkunft und Heizung im SGB II und XII v. 21.6.2011, veröffentlicht auf der Homepage des Deutschen Vereins im Internet unter http://www.deutscher-verein.de). In der Literatur ist ferner grundsätzlich die Frage aufgeworfen worden, ob bzw. wie die Satzungsermächtigung in § 22 a SGB II mit der Wesentlichkeitstheorie zu vereinbaren ist (Putz, SozSich 2011, 232). Ebenso wurde problematisiert, ob die Satzung für den in Rede stehenden Bereich überhaupt die geeignete Regelungsform ist (Klerks, info also 2011, 195 m. w. N.; vgl. zu sonstigen verfassungsrechtlichen Erwägungen auch Stölting, in: jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, § 35a Rz. 11 ff.). In diesem Zusammenhang war insbesondere streitig, ob dem Satzungsgeber eine eigene Gestaltungsmöglichkeit im Hinblick auf den Begriff der Angemessenheit der Unterkunft zukommt bzw. wie hoch die Kontrolldichte im Rahmen der Satzungsprüfung sein soll (Berlit, SGb 2011, 678, 683 m. w. N.; Klerks, info also 2011, 195, 196; Mutschler, NZS 2011, 481, 483; Groth, in: Groth/Luik/Siebel-Huffmann, Das neue Grundsicherungsrecht, Rz. 367 – alle m. w. N.). Dabei wurde unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG im Urteil v. 9.2.2010 (1 BvL 1/09) wohl überwiegend richtigerweise davon ausgegangen, dass der materielle Prüfungsmaßstab für die Ange...

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