Rz. 3

Gemäß Abs. 1 sind Witwen oder Witwer von Versicherten anspruchsberechtigt. Da § 63 Abs. 1a auf alle Hinterbliebenenrenten Anwendung findet, gehören dazu auch Lebenspartner (zu dem Begriff vgl. § 63). Witwe bzw. Witwer ist derjenige, der mit dem Verstorbenen bis zu dessen Tod in gültiger Ehe gelebt hat.

2.1.1 Kein Anspruch auf Hinterbliebenenrente

 

Rz. 4

Nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 darf ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente (nur) deshalb nicht bestehen, weil der Tod nicht Folge eines Versicherungsfalles war und die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung einer Hinterbliebenenrente erfüllt wären (SG Gelsenkirchen, Urteil v. 4.4.2001, S 6 KN 130/00 U). Mithin darf die ursächliche Verknüpfung zwischen dem Versicherungsfall (bzw. einem von mehreren Versicherungsfällen) und dem Tod des Versicherten nicht gegeben sein (vgl. dazu § 63). Was stattdessen die Todesursache war, ist unerheblich. Stellt sich heraus, dass der Ursachenzusammenhang doch bestand, so ist eine bereits bewilligte Beihilfe zu entziehen, stattdessen Hinterbliebenenrente zu bewilligen und die bereits ausgezahlte Beihilfe darauf anzurechnen.

2.1.2 Rente nach einer MdE von 50 % oder mehr

 

Rz. 5

Der Versicherte muss gemäß Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 zur Zeit des Todes Anspruch auf Rente nach einer MdE von 50 % oder mehr gehabt haben. Nur dann greift der Normzweck (vgl. oben). Bezog der Versicherte Renten aufgrund mehrerer Versicherungsfälle, so muss die Summe der MdE mindestens die Zahl 50 erreichen. Problematisch ist, ob der Beihilfenanspruch auch dann bestehen kann, wenn die Rente des Versicherten seinerzeit mit einer MdE von weniger als 50 % festgestellt wurde, richtigerweise aber die MdE hätte mit 50 % oder mehr hätte festgesetzt werden müssen. Ein Teil der Kommentarliteratur verneint dies (Bereiter-Hahn/Mehrtens, § 71 Anm. 4; Ricke, in: Kasseler Kommentar, § 71 Rz. 4). Doch das als Beleg zitierte BSG-Urteil v. 30. 4.1991, 2 RU 56/90, HV-INFO 1991 S. 1526, ist zu der Vorläufervorschrift von Abs. 4 ergangen und nimmt zur Begründung darauf Bezug, dass dort auf den Rentenbezug abgestellt wird. Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 stellt indes nicht auf den Rentenbezug in bestimmter Höhe, sondern auf den Anspruch auf Rente Bezug. Keller, in: Hauck/Noftz, § 71 Rz. 12, weist auf den seinerzeitigen Anspruch des Versicherten auf höhere Rente hin, falls die Rente fälschlich mit einer zu niedrigen MdE festgestellt wurde.

 

Rz. 6

Abgefundene Renten (vgl. dazu §§ 75 bis 80) werden mitgezählt. Dabei wird von dem Vomhundertsatz der abgefundenen Rente ausgegangen. Das BSG (Urteil v. 22.6.1976, 8 RU 6/76, BSGE 42 S. 107, SozR 2200 § 600 Nr. 1) stellt auch dabei auf den Rentenbezug und die durch Bescheid festgestellte Rente ab.

2.1.3 Höhe der einmaligen Beihilfe

 

Rz. 7

Die einmalige Beihilfe wird in Höhe von 40 % des zuletzt vor dem Tode des Versicherten zugrunde gelegten Jahresarbeitsverdienstes (JAV, vgl. §§ 81 bis 93 zu dessen Berechnung) gewährt. Da auch der Anspruch auf die Beihilfe ein eigenständiger Anspruch ist, muss grundsätzlich auch der JAV neu festgesetzt werden. Aus Praktikabilitätserwägungen wird grundsätzlich der für die Rentengewährung an den Versicherten maßgebliche JAV zugrunde gelegt werden, soweit nicht Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen.

 

Rz. 8

Die Regelung zum Leistungsausschluss bei Bestehen einer sog. Versorgungsehe in § 65 Abs. 6 gilt gemäß Abs. 1 Satz 2 entsprechend (vgl. die Komm. dort).

2.1.4 Zusammentreffen mehrer Renten oder Abfindungen

 

Rz. 9

Hat der verstorbene Versicherte aufgrund mehrerer Versicherungsfälle Renten bezogen, so wird die Beihilfe nach dem höchsten JAV berechnet, der einer der Renten zugrunde lag. Für den JAV ist der Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte (§ 14 SGB IV) und Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV) des Versicherten in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist, zugrunde zu legen (§ 82 Abs. 1 Satz 1, vgl. die Komm. dort). Haben sich die Versicherungsfälle in größeren Zeitabständen ereignet, so wird der jeweilige JAV unterschiedlich hoch sein. Ist der JAV gleich hoch, so ist der frühere Versicherungsfall maßgeblich.

2.1.5 Einmalige Beihilfe für Vollwaisen

 

Rz. 10

Nur Vollwaisen, d. h. leibliche Kinder und adoptierte Kinder, können anspruchsberechtigt sein. Anders als § 67 Abs. 2 sieht § 71 Abs. 3 die Gleichstellung von Stief- und Pflegekindern, Enkeln und Geschwistern ausdrücklich nicht vor. Der Begriff der Vollwaisen lässt eine ausweitende Auslegung kaum zu (anders: Keller, in: Hauck/Noftz, § 71 Rz. 16). Anders als nach § 67 Abs. 1 müssen die Vollwaisen mit dem Versicherten zum Zeitpunkt des Todes in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben und überwiegend unterhalten worden sind. Auch daran zeigt sich, dass die Kriterien aus § 67 Abs. 1 und 2 nicht übertragbar sind.

 

Rz. 11

Häusliche Gemeinschaft (vgl. § 56 Abs. 1 SGB I) erfordert das räumliche Zusammenleben mit gemeinsamer Lebens- und Wirtschaftsführung, sie muss auf Dauer angelegt sein. Maßgeblich für den überwiegenden Unterhalt ist die tatsächliche Unterhaltgewährung. Dabei kann es sich um Barunterhalt oder auch um Betreuungsunterhalt handeln. Die Unterhaltsgewährung ist überwiegend, wenn mehr als die Hälfte des Unterhaltsbedarfs des Kindes abgedeckt wird (BSG, Urteil v. 29.4.1...

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