0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Rechts der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSVMG) v. 18.12.2007 (BGBl. I S. 2984) mit Wirkung zum 1.1.2008 geändert.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Ursprünglich regelte der § 55 den Anspruch auf Verletztengeld anstelle der Gestellung einer Ersatzkraft und bestimmte in diesem Zusammenhang die Höhe des Verletztengeldes bei einem landwirtschaftlichen Unternehmer, seinem Ehegatten oder Lebenspartner sowie den im Unternehmen mitarbeitenden Familienangehörigen. Diese Regelungen finden sich jetzt mittels des LSVMG neu geschaffenen § 55a.

2 Rechtspraxis

 

Rz. 3

Die Neuregelung des § 55 dient dem Zweck, hinsichtlich Art und Form der Betriebs- und Haushaltshilfe mehr Flexibilität zu schaffen, damit diese besser auf die Bedürfnisse des landwirtschaftlichen Betriebes oder Haushalts zugeschnitten werden können. Dabei sind sowohl die betrieblichen Verhältnisse (Erforderlichkeit) als auch die Kosten zu berücksichtigen (Wirtschaftlichkeitsgebot). Neu ist zudem, dass beide Formen der Leistung – Gestellung einer Ersatzkraft und Erstattung der Kosten für eine durch den landwirtschaftlichen Unternehmer selbst beschafften Ersatzkraft – gleichrangig nebeneinander stehen (vgl. BT-Drs. 16/6520).

 

Rz. 4

Die Sachleistungen Betriebs- und Haushaltshilfe bestehen in der Gestellung einer Ersatzkraft, die nach ihrer Eignung und Ausbildung in der Lage ist, die ausgefallene Person zu vertreten, insbesondere während der Vertretung alle im landwirtschaftlichen Unternehmen und landwirtschaftlichen Haushalt notwendigen Arbeiten selbständig zu verrichten. Die gestellte Ersatzkraft führt das landwirtschaftliche Unternehmen oder den landwirtschaftlichen Haushalt des Unternehmens eigenverantwortlich. Entscheidungen von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung sind von den Ersatzkräften allerdings stets im Einvernehmen mit der landwirtschaftlichen Unternehmerin oder dem landwirtschaftlichen Unternehmer zu treffen (§ 34 der Satzung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau – SVLFG – Stand: 15.9.2019).

 

Rz. 5

Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft als Unfallversicherungsträger kann hauptberuflich oder nebenberuflich bei ihr angestellte oder seitens des Landwirts selbst beschaffte Ersatzkräfte zum Einsatz kommen zu lassen. Die Entscheidung, in welcher Form die Leistung erbracht wird, trifft die Berufsgenossenschaft. Die Versicherten können jedoch ihre Vorstellungen bzw. Wünsche darlegen (BT-Drs. 16/6520 S. 27). Die für den Einsatz erforderlichen Tatsachenangaben und Gründe sind der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft vor Beginn des Einsatzes mitzuteilen (vgl. § 35 der Satzung). Welche Ersatzkräfte im Einzelfall zu stellen und in dem landwirtschaftlichen Betrieb einzusetzen sind, richtet sich nach der Art, Größe und Struktur des landwirtschaftlichen Unternehmens.

 

Rz. 6

Bei Gestellung einer Ersatzkraft durch den landwirtschaftlichen Unternehmer hat der Unfallversicherungsträger die damit verbundenen Kosten zu erstatten. Der Satzungsgeber kann die Erstattungsfähigkeit der Kosten begrenzen. Im Rahmen dessen soll er sich an den Marktverhältnissen orientieren (BT-Drs. 16/6520 S. 28).

 

Rz. 7

Die selbst beschaffte Ersatzkraft muss betriebsfremd sein. Nicht entscheidend ist, ob es sich um Verwandte oder Verschwägerte des Unternehmers oder seines Ehegatten handelt. Allerdings werden die Kosten für betriebsfremde Verwandte und Verschwägerte bis zum zweiten Grad (vgl. insoweit §§ 1589, 1590 BGB) nicht erstattet. Anderes gilt hinsichtlich der Fahrtkosten und/oder des Verdienstausfalles. Die Entscheidung über die Erstattung liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Berufsgenossenschaft und hat zugunsten der genannten Personen zu erfolgen, wenn die Fahrtkosten und der Verdienstausfall in einem angemessenen Verhältnis zu den sonst für die Ersatzkraft anfallenden Aufwendungen stehen.

 

Rz. 8

Zu den erstattungsfähigen Aufwendungen für den Einsatz einer selbst beschafften betriebsfremden Ersatzkraft gehören grundsätzlich alle Kosten, die durch die Selbstbeschaffung derselben entstehen. Insbesondere die Vergütung für ihre Tätigkeit und die damit verbundenen Fahrkosten fallen darunter.

Als angemessen werden seitens der Berufsgenossenschaft die nachgewiesenen Aufwendungen bis zu einem täglichen Höchstbetrag von 2,95 % der sich aus § 18 SGB IV ergebenden jeweils geltenden monatlichen Bezugsgröße, auf- oder abgerundet auf den nächsten geraden Euro-Betrag, angesehen (§ 35 Abs. 4 Satz 1 der Satzung).

Die Bezugsgröße liegt 2023 für die alten Bundesländer bei 40.740,00 EUR jährlich (3.395,00 EUR monatlich). Für das Beitrittsgebiet liegt sie bei 39.480,00 EUR jährlich (3.290,00 EUR monatlich).

Bei einem weniger als 8 Stunden täglich umfassenden Einsatz der Ersatzkraft ist als Höchstbetrag je Stunde ein Betrag von 1/8 des täglichen Höchstbetrages zugrunde zu legen. Sind im Ausnahmefall an einzelnen Tagen mehr als 8 Einsatzstunden erforderlich, kann die Höchsteinsatzdauer unter Anrechnung auf die Höchsteinsatzdauer anderer Einsatztage...

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