Rz. 3

Abs. 1 Satz 1 greift den bereits in § 1 Abs. 1 formulierten Programmsatz auf, wonach es Aufgabe der Unfallversicherung ist, mit allen geeigneten Mitteln Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sowie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten. Dieser Grundsatz wird weiter konkretisiert. Die Regelung bleibt auf der Ebene eines Programmsatzes, der den Trägern und deren Selbstverwaltung bei der Wahl der Instrumente und der zu treffenden Maßnahmen einen weiten Spielraum zur Ausgestaltung lässt. Es muss sich allerdings um geeignete Mittel handeln. Bei den in den §§ 15 bis 24 normierten Instrumenten und Befugnisse ist dies ohne weiteres zu bejahen. Ein subjektiv-rechtlicher Anspruch lässt sich aus dem Programmsatz nicht herleiten.

 

Rz. 4

Als Aufgabe der Unfallversicherungsträger wird nicht nur die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, sondern auch die Verhütung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren genannt. Dabei sind auch solche Gesundheitsgefahren gemeint, die nicht zu einer anerkennungsfähigen Berufskrankheit führen. Der Programmsatz, wonach die Unfallversicherungsträger für eine wirksame erste Hilfe zu sorgen haben, übernimmt die Regelung in der Vorläufervorschrift des § 721 RVO a. F. Danach ist in den Unternehmen eine wirksame erste Hilfe bei Arbeitsunfällen sicherzustellen. Gemeint ist also eine Form der tertiären Prävention, die bei bereits eingetretenem Versicherungsfall erfolgen soll. Institutionell zielt dies auf das betriebliche Rettungswesen ab.

 

Rz. 5

Die Organisation des betrieblichen Rettungswesens ist Aufgabe der Unternehmer. Verantwortlich für die Unfallverhütung im Betrieb ist ebenso nicht der Unfallversicherungsträger, sondern der Unternehmer (vgl. § 21 Abs. 1). Somit entbindet die Aufgabenzuweisung an die Unfallversicherungsträger zur Wahrnehmung konkreter Präventionsmaßnahmen den Unternehmer nicht von seiner Pflicht, konkrete unfallverhütende Maßnahmen vorzunehmen. Tätig wird der Unternehmer dabei aus seinen Verpflichtungen nach den einschlägigen Arbeitssicherheitsvorschriften. Daneben besteht auch eine arbeitsrechtliche Pflicht zur Vornahme von Präventionsmaßnahmen. So sind häufig in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen Arbeitssicherheitsaspekte geregelt. Schließlich ergibt sich im Einzelfall aus der allgemeinen arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ein Präventionsauftrag.

 

Rz. 6

Abs. 1 Satz 2 weist den Unfallversicherungsträgern die Ursachenforschung hinsichtlich der Gefahren für Leben und Gesundheit zu. Die Erfüllung dieser Aufgabe ist Voraussetzung für Unfallverhütung und Prävention mit geeigneten Mitteln. Der Gesetzeswortlauf will diese Selbstverständlichkeit gesondert hervorheben. Damit wird der Auftrag vergeben, über die Beseitigung einzelner Ursachen hinaus, z. B. konkreter Berufskrankheiten, in ganzheitlicher fachübergreifender Weise multikausale Ursachenforschung weiterzutreiben. Der Unfallversicherungsträger hat daher nicht nur den Schädigungsursachen im Einzelfall nachzugehen, vielmehr ist er auch aufgefordert, grundsätzliche wissenschaftliche Kausalitätsforschung, ggf. durch Vergabe von Forschungsaufträgen, zu betreiben. Gesetzgeberischer Wille ist dabei, der Bedeutung der Dokumentation und Forschung auf dem Gebiet der Berufskrankheiten und der arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren Rechnung zu tragen.

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