0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift wurde durch Art. 2 Nr. 5 des Dritten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Drittes Pflegestärkungsgesetz – PSG III) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191) mit Wirkung zum 1.1.2017 neu eingefügt.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Inhaltlich korrespondiert die Vorschrift mit § 40 Abs. 4 SGB XI (vgl. die dortige Kommentierung), der den Anspruch auf wohnumfeldverbessernde Maßnahmen im Bereich der sozialen Pflegeversicherung regelt. Es handelt sich um eine Ermessensleistung, die neben den in § 64d geregelten Pflegehilfsmitteln erbracht werden kann und von diesen abzugrenzen ist. Durch die wohnumfeldverbessernden Maßnahmen soll die selbstständige Lebensführung der pflegebedürftigen Person so weit wie möglich wieder hergestellt bzw. erhalten werden (so BSG, Urteil v. 3.11.1999, B 3 P 3/99 R, unter Hinweis auf BT-Drs. 12/5262 S. 114). Damit sind diese Maßnahmen letztlich Ausdruck des Grundsatzes "ambulant vor stationär".

 

Rz. 3

Auch nach dem bis zum 31.12.2016 geltenden Recht konnte ein Anspruch auf wohnumfeldverbessernde Maßnahmen als Ermessensleistung bestehen. Dies folgte aus einem Verweis in § 61 Abs. 2 Satz 2 a. F. über § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB XI a. F. auf § 40 Abs. 4 SGB XI.

2 Rechtspraxis

 

Rz. 4

Satz 1 Nr. 1 der Vorschrift setzt voraus, dass es sich bei den ganz oder teilweise vom Sozialhilfeträger zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes erbrachten Leistungen um angemessene Maßnahmen handelt. Die Angemessenheit der Kosten muss folglich beachtet werden. Ausgenommen von einer Finanzierung durch die Träger der Sozialhilfe sind damit den Wohnwert verbessernde aber in keinem direkten Zusammenhang mit der Pflegebedürftigkeit stehende Modernisierungsmaßnahmen. Ebenfalls nicht als Maßnahmen der die Pflege erleichternden Wohnumfeldverbesserung anzusehen sind Instandsetzungs- und Renovierungsarbeiten zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Bauzustands oder Investitionen zur allgemeinen Hebung des Wohnkomforts.

 

Rz. 5

Nach Satz 1 Nr. 2 ist zudem erforderlich, dass die jeweilige Maßnahme entweder die häusliche Pflege überhaupt erst ermöglicht oder jedenfalls erheblich erleichtert (Buchst. a), oder dass durch sie eine möglichst selbstständige Lebensführung der pflegebedürftigen Person wiederhergestellt werden kann (Buchst. b). "Ermöglicht" wird die häusliche Pflege durch eine wohnumfeldverbessernde Maßnahme, wenn diese objektiv erforderlich ist, um die Pflege im häuslichen Bereich durchführen zu können (vgl. Behrend, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, § 40, Rz. 60). Von einer "erheblichen Erleichterung" der häuslichen Pflege kann grundsätzlich dann ausgegangen werden, wenn die in Rede stehende Maßnahme für die weitere häusliche Pflege notwendig und die durch sie eintretende Erleichterung der Pflege deutlich erkennbar ist (vgl. BSG, Urteil v. 26.4.2001, B 3 P 15/00 R). Dies kann der Fall sein, wenn ohne Durchführung der zu bezuschussenden Maßnahme eine Überforderung der Pflegeperson droht und deshalb eine stationäre Unterbringung des Pflegebedürftigen in Betracht zu ziehen ist. In entsprechender Weise sind Maßnahmen zur "Wiederherstellung einer möglichst selbstständigen Lebensführung" nur bezuschussungsfähig, soweit elementare Belange der Lebensführung betroffen sind (vgl. BSG, Urteil v. 17.7.2008, B 3 P 12/07 R m. w. N.). Das ist ausgeschlossen, wenn das verfolgte Bedürfnis über die üblichen und durchschnittlichen Anforderungen des Wohnstandards und Wohnkomforts hinausgeht.

 

Rz. 6

Mit Wohnumfeld ist nicht nur die konkrete Wohnung der pflegebedürftigen Person im eigentlichen Sinne gemeint. So kann auch die zur Wohnung führende Haustür zum individuellen Wohnumfeld gehören (vgl. BSG, Urteil v. 28.6.2001, B 3 P 3/00 R).

 

Rz. 7

Das Ermessen bezieht sich allerdings nur auf das "Ob" und die Höhe des Zuschusses. Die Frage, was eine bezuschussbare wohnumfeldverbessernde Maßnahme ist, unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen gerichtlichen Überprüfung (vgl. BSG, Urteil v. 13.5.2004, B 3 P 5/03 R m. w. N.). Nach der Rechtsprechung des BSG ist grundsätzlich von 3 Gruppen von wohnumfeldverbessernden Maßnahmen auszugehen (vgl. BSG, Urteil v. 12.6.2008, B 3 P 6/07 R). Hiervon umfasst sein können technische Hilfen im Haushalt, wie z. B. Haltegriffe, die Anschaffung und Montage eines elektrischen Türöffnungs- und Türschließsystems für die Wohnungstür (vgl. BSG, Urteil v. 20.1.2017, B 3 P 4/17 R) oder mit dem Rollstuhl unterfahrbare Einrichtungsgegenstände (vgl. BT-Drs. 12/5262 S. 114). Gleiches gilt nach der Gesetzesbegründung für Umbaumaßnahmen wie z. B. die Verbreiterung von Türen, den Einbau einer ebenerdigen Dusche oder eines Treppenliftes sowie die Beseitigung von Türschwellen. Treppensteigehilfen sind anders als Treppenlifte grundsätzlich nicht als wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, sondern als Pflegehilfsmittel anzusehen (vgl. zur Abgrenzung BSG, Urteil v. 25.1.2017, B 3 P 2/15 R m. w. N.). Hilfreich dürfte bei der Prüfung der Frage, ob eine Maßnahme das Wohnumfeld verbessert, die Heranziehung d...

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