0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Durch Art. 13 Nr. 10 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) ist zum 1.1.2020 § 27c als Sonderregelung für den Lebensunterhalt in das Dritte Kapitel eingefügt worden. Die Norm hat bereits vor ihrem Inkrafttreten Änderungen durch das Gesetz zur Änderung des Neunten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Rechtsvorschriften v. 30.11.2019 (BGBl. I S. 1948) und das Gesetz zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigen-Entlastungsgesetz) v. 10.12.2019 (BGBl. I S. 2135) erfahren. Grund dafür waren redaktionelle Fehler in Gestalt nicht vollständiger Verweisungen bzw. durch die intensive Gesetzgebungstätigkeit erforderlich gewordene Anpassungen (vgl. zum Werdegang etwa die Gesetzesentwürfe der Bundesregierung: BR-Drs. 196/19 S. 4, 24; BT-Drs. 19/11006 S. 9, 26 f., 44, 53 f., insbesondere die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, BT-Drs. 19/14120 S. 7, 24 f., 31 bzw. für das Angehörigen-Entlastungsgesetz BT-Drs. 19/14868 S. 9 f., 21 f.; BR-Drs. 395/19, S. 27 f., BT-Drs. 13/13399 S. 33 f.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Norm regelt die im Wesentlichen entsprechende Anwendung des § 27b für Leistungsberechtigte nach dem Dritten Kapitel, die nicht in einer Wohnung nach § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 leben. Zweck des § 27c ist es, dem Leistungsberechtigten neben der Abgeltung der Leistungen beim stationären Leistungserbringer durch die Grundpauschale einen Teil des notwendigen Lebensunterhaltes als selbst verwaltete Leistung nach Möglichkeit zu eigenen Händen zu überlassen (BT-Drs. 18/9522 S. 333). Anlass für die Schaffung der Norm war, dass die personenzentrierte Ausrichtung der Eingliederungshilfe für den in § 134 SGB IX und § 27c SGB XII bezeichneten Personenkreis nicht übernommen wurde. Gleichwohl sollten Leistungsberechtigte Beträge zur individuellen Verfügung erhalten. In der Literatur ist bereits die Anregung aufgetaucht, dem (nicht durchgehend minderjährigen) Personenkreis Möglichkeiten größerer Autonomie zu erschließen (Busse, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, Stand: 1.2.2020, § 27c Rz. 21).

2 Rechtspraxis

 

Rz. 3

Abs. 1 regelt, dass sich für Leistungsberechtigte, die nicht in einer Wohnung i. S. v. § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 leben, der notwendige Lebensunterhalt nach Abs. 2 und der weitere notwendige Lebensunterhalt nach Abs. 3 bestimmen, wenn sie

  1. minderjährig sind und ihnen Leistungen nach Teil 2 des SGB IX über Tag und Nacht erbracht werden oder
  2. volljährig sind und ihnen Leistungen über Tag und Nacht erbracht werden, denen Vereinbarungen nach § 134 Abs. 4 SGB IX zugrunde liegen.

Betroffen sind Personen, die weder mit ihren Eltern, Großeltern oder Pflegeeltern noch in einer betreuten Wohngemeinschaft leben.

 

Rz. 4

Abs. 2 bestimmt, dass der notwendige Lebensunterhalt nach Abs. 1 die Bedarfe nach § 27b Abs. 1 Satz 1 sowie zusätzlich die Bedarfe für Bildung und Teilhabe nach dem Dritten Abschnitt (§§ 34 bis 34b) umfasst, soweit nicht entsprechende Leistungen nach § 75 SGB IX erbracht werden (vgl. zu den insoweit umfassenderen und spezielleren Eingliederungshilfeleistungen die Komm. zu §§ 34 bis 34b SGB XII und § 75 SGB IX). Diese diffizile Abgrenzung sollte anhand des Einsatzes besonders für die Belange behinderter Menschen geschulten Personals einerseits sowie des Ziels der jeweiligen Leistung andererseits getroffen werden (Busse, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, Stand: 1.2.2020, § 27c Rz. 35). Eingliederungshilfeleistungen sind danach anzunehmen, wenn die Bewältigung einer behinderungsbedingten Folge oder Ermöglichung einer sozialüblichen Teilhabe durch den Einsatz spezieller Fachkräfte oder spezifischer Mittel erreicht werden soll.

 

Rz. 5

Für den weiteren notwendigen Lebensunterhalt verweist Abs. 3 auf § 27b Abs. 2 bis 4. Dazu gehören u. a. der Barbetrag zur persönlichen Verfügung und eine Bekleidungspauschale (vgl. die Komm. zu § 27b).

 

Rz. 6

Schließlich regelt Abs. 4 die Erstattung der Lebensunterhaltspauschale nach Abs. 2 durch den Sozialhilfeträger an den Träger der Eingliederungshilfe. Die Regelung unterscheidet zwei verschiedene Erstattungsbeträge für Leistungsberechtigte nach Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2.

3 Literatur

 

Rz. 7

v. Boetticher, Das neue Teilhaberecht, 2. Aufl. 2020.

Siefert, Bundesteilhabegesetz – Neuerungen im Recht der Eingliederungshilfe – Rehabilitation/Schwerbehindertenrecht –, ZAP 2020 S. 359.

Vgl. auch die Literaturhinweise zu § 27b.

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