0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift trat als Art. 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch v. 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022) am 1.1.2005 (Art. 70 Abs. 1 des genannten Gesetzes) in Kraft. Durch Art. 1 Nr. 3 Buchst. a und b des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 2.12.2006 (BGBl. I S. 2670) wurde Abs. 1 Satz 1 konkretisiert und Abs. 1 Satz 2 neu gefasst mit Wirkung zum 7.12.2006. Durch Art. 5 Nr. 1 bis 3 des 22. Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (22. BAFöGÄndG) v. 23.12.2007 (BGBl. I S. 3254) wurde Abs. 2 redaktionell geändert und Nr. 3 eingefügt mit Wirkung zum 1.1.2008. Durch Art. 12 Nr. 1 und Nr. 2a und 2b des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt v. 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854) wurden die in Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 und 2 in Bezug genommenen Vorschriften mit Wirkung zum 1.4.2012 an die Änderungen im SGB III redaktionell angepasst.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

§ 22 übernimmt im Wesentlichen wortgleich die Regelung des bisherigen § 26 BSHG.

 

Rz. 3

Die praktische Bedeutung der Vorschrift ist eher gering. Auszubildende sind regelmäßig erwerbsfähig i. S. des SGB II, weshalb schon der Leistungsausschluss nach § 21 greift (vgl. Voelzke, in: jurisPK SGB XII, § 22 Rz. 17; Grube, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII Kommentar, 5. Aufl. 2014, § 22 Rz. 1). Die Vorschrift stellt zum einen klar, dass Ausbildungsförderung keine Aufgabe der Sozialhilfe ist (so schon BVerwG, Urteil v. 29.4.1982, 5 C 54/81, Buchholz 436.0, § 26 BSHG Nr. 1; bestätigt u. a. von BVerwG, Urteil v. 4.3.1993, 5 C 13/89, BVerwGE 92 S. 163). Derartige Leistungen ordnet der Gesetzgeber – insoweit systematisch korrekt – dem SGB III oder dem BAföG, ggf. auch dem SGB II zu. Darüber hinaus schließt § 22 aber alle Personen, die Anspruch auf Ausbildungsförderung haben, zumindest in der Regel auch von der Hilfe zum Lebensunterhalt aus. Dabei lässt die Vorschrift es nicht zu, die nach dem BAföG nur pauschalen Förderungsleistungen für den Lebensunterhalt im Einzelfall mit individuell bemessenen, ergänzenden Sozialhilfeleistungen aufzufüllen (BVerwG, Urteil v. 3.12.1992, 5 C 15/90, BVerwGE 91 S. 254). Derartige Fälle können nur über die Härtefallklausel des Abs. 1 Satz 2 erfasst werden (krit. hinsichtlich der Frage, ob der Umfang der gegenwärtigen Härtefallklausel ausreicht: Fleischmann, NDV 1996 S. 398).

 

Rz. 4

Vor diesem Hintergrund stellt § 22 durch das Ausgrenzen einer ganzen Gruppe eine Ausnahme von § 9 Abs. 1 dar, wonach sich die Leistungen nach den Besonderheiten des Einzelfalles richten. Das ist systematisch nicht unbedenklich, da die Funktion der Sozialhilfe auch darin besteht, nach anderen Gesetzen geschuldete Sozialleistungen je nach dem individuellen Bedarf zu ergänzen oder aufzustocken (zur Kritik vgl. auch Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl. 2006, § 22 Rz. 9; Wenzel, in: Wenzel/Fichtner, Sozialhilfe mit Asylbewerberleistungsgesetz, 4. Aufl. 2009, § 22 Rz. 1; a. A.: Adolph, in: Linhard/Adolph, SGB II/SGB XII/AsybLG, Stand: April 2012, SGB XII, § 22 Rz. 4). Gleichwohl ist § 22 nach der Rechtsprechung des BVerwG mit Verfassungsrecht, insbesondere mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), vereinbar (BVerwG, Urteil v. 17.1.1980, 5 C 48/78, BVerwGE 59 S. 294; Beschluss v. 18.7.1994, 5 B 25/94, FEVS 45 S. 49). Das BSG (Urteil v. 6.9.2007, B 14/7b AS 36/06 R, BSGE 99 S. 67 = FEVS 59 S. 289; Urteil v. 30.9.2008, B 4 AS28/07 R, SozR 4-4200 § 7 Nr. 9) hat die gleichlautenden Regelungen des § 7 Abs. 5 und 6 SGB II ebenfalls als verfassungsgemäß eingestuft.

 

Rz. 5

Seinem eindeutigen Wortlaut nach schließt § 22 für den betroffenen Personenkreis nur die Hilfe zum Lebensunterhalt aus, nicht dagegen sonstige Hilfen, insbesondere z. B. Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten oder in anderen Lebenslagen (§§ 67 bis 74). Eingliederungshilfe z. B. für behinderungsbedingten Wohnraum oder behinderungsbedingten besonderen Studienbedarf kann daher grundsätzlich als Leistung in Betracht kommen (BVerwG, Urteil v. 19.10.1995, 5 C 28/95).

 

Rz. 6

Die Vorschrift ist im AsylbLG entsprechend anzuwenden (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 15.11.2005, L 23 B 1008/05 AY ER; Schlette, in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 22 Rz. 1 m. w. N.; Voelzke, in: juris-PK SGB XII, § 22 Rz. 12; a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 15.6.2001, 12 B 797/00, InfAuslR 2001 S. 455; Beschluss v. 15.6.2001, 12 B 795/00, FEVS 53 S. 95).

2 Rechtspraxis

2.1 Grundsätzlicher Ausschluss der Hilfe zum Lebensunterhalt

 

Rz. 7

Absatz 1 Satz 1 schließt die Hilfe zum Lebensunterhalt für alle Auszubildenden aus, deren Ausbildung dem Grunde nach im Rahmen entweder des BAföG oder der §§ 51, 57 und 58 SGB III förderungswürdig ist. Die Vorschrift ist insoweit konkretisiert worden, als sich in der ab dem 7.12.2006 geltenden Fassung der Ausschluss nur noch auf die Leistungen nach dem Dritten Kapitel (Hilfe zum Lebensunterhalt) und Vierten Kapitel (Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung – Grundsicherung...

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